| Lukas Brockfeld |
| 01.03.2024 10:00 Uhr |
Außerdem geht das Gutachten davon aus, dass sich die Effizienz des Gesundheitssystems durch mehr Wettbewerb zwischen den Krankenkassen verbessern ließe. Dafür müssten viele Vorschriften liberalisiert und der Spielraum bei Selektivverträgen erhöht werden. Bisher würde ein »Verbändekartell« selektivvertraglich zustande kommende, alternative Versorgungsmodelle verhindert. Durch einen größeren Wettbewerb könne nach Ansicht der Professoren erstmals der Markt die besten Versorgungsmodelle finden.
Keine großen Einsparmöglichkeiten sehen die Gutachter dagegen im Arzneimittelbereich. Hier sei von konstant steigenden Kosten auszugehen. Ursache sei das überproportionale Wachstum der Ausgaben für sehr teure Medikamente. In den kommenden Jahren seien therapeutische Durchbrüche, beispielsweise bei genbasierten Arzneimitteln, zu erwarten, die ebenfalls erhebliche Kosten mit sich bringen dürften. Daher könne den wachsenden Arzneimittelausgaben kaum etwas entgegengesetzt werden, auch wenn die existierenden Sparmöglichkeiten genutzt würden.
Das Gutachten legt außerdem eine Reihe an Reformvorschlägen für die Gesetzlichen Rentenversicherungen und die Soziale Pflegeversicherungen vor. Professor Fetzer und Professor Hagist schlagen beispielsweise eine Erhöhung des Renteneintrittsalters und eine Lockerung der Anlagerichtlinien des Pflegevorsorgefonds vor.
Die vorgeschlagenen Reformen dürften vielen Menschen nicht gefallen. Doch nach Einschätzung der Professoren sind sie notwendig: »Entweder der Generationenvertrag wird neu aufgesetzt und insbesondere die Baby-Boomer-Generationen beteiligen sich noch kurzfristig an den von ihnen maßgeblich verursachten Folgen des demografischen Wandels oder aber die jüngeren Generationen werden den Generationenvertrag einseitig aufkündigen«, heißt es im Fazit des Gutachtens. Ein Kollaps der jetzigen Sozialversicherungssysteme hätte dramatische Folgen für die Gesellschaft, vor allem für die bald in Rente gehenden Baby-Boomer.
Nach Ansicht von Stefan Fetzer und Christian Hagist dürfte eine noch stärkere Belastung der Beitragszahler kaum auf Akzeptanz stoßen. Daher seien Reformen, die entweder Leistungen kürzen oder aber mehr Effizienz in die Systeme bringen, unvermeidlich. Die nächste Legislaturperiode sei der Zeitpunkt der Wahrheit: »Dann muss nicht nur eine Zeitenwende in der Sozialpolitik verkündet, sondern direkt beschlossen und umgesetzt werden – sonst droht die Soziale Marktwirtschaft zu kippen«, heißt es am Ende des Gutachtens.