Klinische Daten zu zwei RSV-Impfstoffkandidaten |
Christina Hohmann-Jeddi |
22.02.2023 14:00 Uhr |
Mehrere Impfstoffe gegen das RS-Virus könnten in diesem Jahr eine Marktzulassung erhalten. / Foto: Adobe Stock/catalin
2023 könnte das Jahr der RSV-Impfstoffe werden: Nachdem für die bivalente Proteinvakzine von Pfizer und die mRNA-Vakzine von Moderna bereits gute Phase-III-Daten vorgestellt wurden, folgen jetzt auch solche für den adjuvantierten Proteinimpfstoff von Glaxo-Smith-Kline (GSK). Im »New England Journal of Medicine« (NEJM) erschien eine Publikation zu den Ergebnissen der zulassungsrelevanten Phase-III-Studie mit dem Impfstoffkandidaten RSVPreF3 OA des Unternehmens. Der Impfstoff enthält das Fusions-Protein (F) des RS-Virus in einer stabilisierten Präfusionskonformation und ist mit dem Wirkverstärker AS01E versetzt.
An der Untersuchung hatten fast 25.000 Probanden im Alter von über 60 Jahren teilgenommen, die entweder eine Dosis des Proteinimpfstoffs oder Placebo erhalten hatten. Über eine Beobachtungszeit von durchschnittlich etwa 6,7 Monaten zeigte der Impfstoffkandidat einen Schutz vor RSV-bedingten Erkrankungen der unteren Atemwege von 82,6 Prozent. Die Wirksamkeit gegen schwere Erkrankungen betrug 94,1 Prozent, der Schutz gegen akute RSV-Infektionen jeglicher Art 71,7 Prozent. Der Schutz gegen die beiden RSV-Subtypen A und B fiel in etwa gleich gut aus.
Der Impfstoffkandidat war reaktogener als Placebo, doch die Impfreaktionen waren in der Regel mild bis moderat und vorübergehend, heißt es in der Publikation. Am häufigsten wurden Schmerzen an der Injektionsstelle, Müdigkeit, Myalgie und Kopfschmerzen beobachtet. Die Häufigkeit von schweren unerwünschten Ereignissen und eventuellen immunvermittelten Erkrankungen war in der Placebogruppe so hoch wie in der Impfstoffgruppe.
Hersteller GSK führt einer Mitteilung vom 16. Februar zufolge drei weitere klinische Studien der Phase III mit dem Ziel durch, die Wirksamkeit von RSVPreF3 OA bei Erwachsene mit Grunderkrankungen im Alter zwischen 50 und 59 Jahren zu prüfen und zusätzliche Erkenntnisse über die gemeinsame Verabreichung mit anderen Impfstoffen für ältere Erwachsene zu gewinnen. Das Unternehmen sieht sich »auf dem besten Weg, dass der Impfstoffkandidat noch vor der RSV-Saison 2023/24 in der nördlichen Hemisphäre verfügbar ist«.
Hierfür werden aber noch die entsprechenden Zulassungen benötigt. Am 1. März 2023 findet der Mitteilung zufolge eine Sitzung des Beratungsausschusses für Impfstoffe und verwandte biologische Produkte der US-amerikanischen Zulassungsbehörde FDA statt, um den Zulassungsantrag zu prüfen. Damit könnte der GSK-Impfstoff der erste zugelassene RSV-Impfstoff für ältere Erwachsene werden.
Einen RSV-Vektorimpfstoff entwickelt das Unternehmen Janssen, das zu Johnson & Johnson gehört. Die Ergebnisse einer placebokontrollierten Phase-IIb-Studie zu diesem Impfstoffkandidaten mit der Bezeichnung Ad26.RSV.preF stellten Forschende um Professor Dr. Ann Falsey von der University of Rochester School of Medicine in Rochester, New York, in einer Publikation der gleichen Ausgabe des NEJM vor.
In die Studie waren fast 5800 Personen über 65 Jahre eingeschlossen, die entweder eine Dosis des Vektorimpfstoffs verabreicht bekamen oder Placebo. Der Impfstoff enthält analog der Covid-19-Vakzine Jcovden® von Janssen ein humanes Adenovirus vom Serotyp 26 (Ad26), das als Vektor den genetischen Bauplan für das F-Protein von RSV in einer stabilisierten Präfusionskonformation in Zellen von Geimpften einschleust.
Der Publikation zufolge betrug die Impfstoffwirksamkeit je nach Krankheitsdefinition zwischen 80,0 und 69,8 Prozent. Nach der Impfung stiegen die RSV-A2-neutralsisierenden Antikörpertiter um den Faktor 12,1 (von Tag 1 bis Tag 15). Die Anteile von Probanden mit lokalen und systemischen Impfreaktionen waren in der Impfstoffgruppe höher als in der Placebogruppe und lagen bei 37,9 gegenüber 8,4 Prozent für lokale beziehungsweise 41,4 gegenüber 16,4 Prozent für systemische Reaktionen. Die meisten unerwünschten Ereignisse waren mild bis moderat. Die Häufigkeit schwerer unerwünschter Ereignisse unterschied sich zwischen den beiden Gruppen nicht.
Das US-Unternehmen Pfizer arbeitet ebenfalls an einem Proteinimpfstoff gegen RSV, der neben Senioren auch für Schwangere vorgesehen ist. Durch die maternale Impfung können die gebildeten Antikörper gegen RSV noch vor der Geburt auf das Kind übergehen und somit das Kind nach der Geburt schützen. Neugeborene haben neben Senioren das höchste Risiko für schwere RSV-bedingte Erkrankungen.
Wie Pfizer am 21. Februar mitteilte, habe sowohl die Europäische Arzneimittelbehörde EMA als auch die FDA einen entsprechenden Antrag auf Marktzulassung für den Impfstoff für beide Risikogruppen angenommen. Die FDA will eine Entscheidung im August treffen. In der aktuellen Liste der EMA zu den in Prüfung befindlichen Arzneimitteln und Impfstoffen sind zwei Proteinimpfstoffe aufgeführt.
Auch das US-Unternehmen Moderna ist mit seiner mRNA-Vakzine gegen RSV auf der Zielgeraden: Es hatte im Januar angekündigt, noch in der ersten Jahreshälfte 2023 einen Zulassungsantrag für den Impfstoff mRNA-1345 für Senioren zu stellen.
Somit könnten bis zu Beginn der RSV-Saison im Herbst zwei oder drei RSV-Impfstoffe für die beiden Hauptrisikogruppen zugelassen sein.