Kinderärzte fordern Beschaffung fehlender Arzneimittel |
dpa |
15.12.2022 11:30 Uhr |
Viele Kinder leiden zurzeit unter Atemwegserkrankungen. Aufgrund der Lieferengpässe mangelt es aber an fiebersenkenden Medikamenten. / Foto: IMAGO/photothek
Wegen Lieferproblemen bei Kleinkind-Medikamenten wie Fiebersäften fordert der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte ein kurzfristiges Einschreiten der Bundesregierung. «Wir brauchen jetzt eine von der Politik angeschobene Beschaffungsaktion, um wie zu Beginn der Corona-Pandemie in einer Notlage schnell an Fiebersaft, bestimmte Antibiotika und andere selten gewordene Präparate für kleine Kinder zu kommen», sagte Verbandspräsident Thomas Fischbach heute der «Rheinischen Post». Die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vorgestellten Pläne für Gesetzesänderungen kämen zu spät.
«Wir erleben eine sehr hohe Nachfrage nach fiebersenkenden Medikamenten wie Ibuprofen oder Paracetamol, weil derzeit extrem viele Kinder erkrankt sind», schilderte Fischbach. «Es ist ein Armutszeugnis, dass so simple Medikamente wie ein Fiebersaft häufig nicht mehr verfügbar sind.» Verzweifelte Eltern kämen in die Praxen, die Apotheker müssten unverschuldet den Ärger aushalten. «Es gibt zu wenige Anbieter solcher Mittel, weil die Festpreisregelung bei uns zu einem Abwandern der Produktion in Billiglohnländer wie Indien und China geführt hat», kritisierte der Kinderarzt. «Dort gibt es nun Lieferkettenprobleme, was wiederum zu Lieferengpässen führt.»
Die Union spricht sich angesichts der Lieferprobleme bei Medikamenten für Kleinkinder ebenfalls für umgehende Maßnahmen aus. »Noch vor Jahresende muss es einen Beschaffungsgipfel von Bund und Ländern geben, in dem Sofortmaßnahmen für diesen Winter koordiniert werden», sagte der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Tino Sorge (CDU), heute dem Nachrichtenportal t-online. Gesundheitsminister Karl Lauterbach müsse sich «schnellstens» mit Ländern, Herstellern und Großhändlern abstimmen, sich bei Nachbarländern um übergangsweise Lieferungen bemühen und so rasch wie möglich einen Planungs- und Beschaffungsstab einrichten, forderte Sorge. Mittlerweile müssten Eltern im Ausland nach Medikamenten suchen. Wichtige Kinderarzneimittel, vor allem Fiebersenker, Antibiotika oder Hustenmittel, müssten jetzt zentral vom Bundesgesundheitsministerium gekauft, gelagert und verteilt werden, forderte Sorge.
Auch bei manchen Medikamenten für Erwachsene hatte es zuletzt Lieferengpässe gegeben. Die Bundesregierung will als Reaktion das Vergaberecht ändern. Ziel sei, Lieferketten breiter anzulegen, damit die Abhängigkeit von einzelnen Herstellern abnimmt, sagte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums Ende November. Die Situation sei trotz vorhandener Instrumente zu Ausweichpräparaten bei Engpässen unbefriedigend. Lauterbach hatte dem ARD-Hauptstadtstudio gesagt, die Krankenkassen sollten nicht länger gezwungen sein, Medikamente und Wirkstoffe dort einzukaufen, wo sie am billigsten sind.