Kinder häufiger wegen psychischer Erkrankungen in der Klinik |
Pandemie, Kriege, Veränderungen im Leben: Immer mehr Kinder und Jugendliche sind in Deutschland psychisch extrem belastet. / Foto: Getty Images/FatCamera
Von etwa 435.900 jungen Patientinnen und Patienten in Kliniken wurden 19 Prozent wegen psychischer Erkrankungen und Verhaltensstörungen behandelt. Die Daten beziehen sich auf Kinder und Jugendliche zwischen 10 und 17 Jahren. Mädchen seien dabei eher betroffen als Jungen.
»Insgesamt werden seit einigen Jahren anteilig immer mehr Kinder und Jugendliche wegen psychischer Erkrankungen und Verhaltensstörungen stationär behandelt«, heißt es von den Bundesstatistikern. So habe der Wert im Jahr 2012 noch bei 13 Prozent der insgesamt rund 589.900 jungen Klinikpatientinnen und -patienten gelegen.
Am häufigsten werden psychisch erkrankte Kinder und Jugendliche laut Bundesamt wegen Depressionen im Krankenhaus behandelt – im Jahr 2022 waren das gut 22.600 Fälle. Das entspricht einem Anteil von mehr als einem Viertel (28 Prozent) an allen Fällen, bei denen junge Menschen wegen psychischen Erkrankungen stationär behandelt wurden.
»Es gibt objektiv mehr Depressionserkrankungen bei Jugendlichen nach Corona, als wir vor Corona hatten«, sagt Professor Dr. Renate Schepker von der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (DGKJP) der Deutschen Presse-Agentur. Die »naive jugendliche Weltsicht« von Kindern und Jugendlichen sei zuweilen »quasi zerstört worden« durch die Pandemie und sonstige Katastrophen, »auch durch Kriege in der Welt und alle möglichen Ereignisse, die einem das Leben schwer machen«, sagt Schepker.
Zu den psychischen Erkrankungen und Verhaltensstörungen zählen auch solche, die durch Alkohol bedingt sind: etwa Folgen von Alkoholmissbrauch und akute Alkoholvergiftungen oder Abhängigkeits- oder Entzugssyndrome. Die alkoholbedingten Fälle machten 2022 mit etwa 8.800 die zweithäufigste Diagnose für Kinder und Jugendliche (11 Prozent) aus.
»Jugendliche trinken leider fast so viel wie vor der Pandemie«, betont Schepker. Bei schweren Fällen sieht sie sogar eine Steigerung. »Die, die dann wirklich abhängig sind und eine Entgiftung, Entwöhnung brauchen: Da haben wir mehr schwere Fälle als noch vor ein paar Jahren.«
Während der Corona-Zeit seien einige Jugendliche abgehängt und vom Bildungssystem verloren worden, sie hätten die Schule oder Ausbildung abgebrochen und dann vermehrt zu verschiedenen Suchtmitteln gegriffen. »Dazu kommt, dass der Suchmarkt überschwemmt wird mit gefährlichen Substanzen, immer mehr synthetischen Drogen«, erklärt Schepker, die selbst Leiterin von zwei Suchtstationen für Kinder ist.