Kinase-Gen lässt vorzeitig altern |
Laura Rudolph |
14.07.2023 13:30 Uhr |
Die verstärkten Alterungsprozesse bei Down-Syndrom könnten einer britischen Studie zufolge auf einem überaktiven Kinase-Gen auf Chromosom 21 beruhen und sind bereits im Kindesalter nachweisbar. / Foto: Adobe Stock/sushytska
Bei Menschen mit Trisomie 21 (Down-Syndrom) ist das Chromosom 21 dreifach statt doppelt vorhanden. Dies führt zu geistigen und körperlichen Beeinträchtigungen der weltweit etwa sieben Millionen Betroffenen. Sie erkranken etwa häufig bereits in jungen Jahren an einer Alzheimer-Demenz. Auch zeigen Erwachsene mit Down-Syndrom klinische Anzeichen vorzeitiger Alterung, darunter eine verminderte Regenerationsfähigkeit des Gewebes, Osteoporose sowie Alterung des Gehirns und der Immunzellen.
Auf welchen Mechanismen die vorzeitige Alterung basiert, ist nicht hinreichend geklärt. Hypothesen umfassen etwa eine Instabilität der Chromosomen oder die Wirkungen einzelner überzähliger Gene. Als ein solches überzähliges Gen und Hauptverursacher vorzeitiger Zellalterung bei Menschen mit Down-Syndrom hat eine Forschungsgruppe der Queen Mary Universität in London das auf Chromosom 21 lokalisierte Kinase-Gen »DYRK1A« identifiziert. Die Forschungsergebnisse sind aktuell im Fachjournal »eBioMedicine« erschienen (DOI: 10.1016/j.ebiom.2023.104692).
»Wir haben aufgedeckt, dass eine trisomische Überdosis dieses Gens DYRK1A einer der Hauptfaktoren für die vorzeitige biologische Alterung bei Down-Syndrom ist. Weitere Forschungen sind erforderlich, um zu verstehen, inwieweit dies zur Entwicklung und Funktion des Gehirns beiträgt, und um Wege zu finden, die Überdosis dieses Gens wieder auf ein physiologisches Maß zu reduzieren«, fasst Dr. Dean Nižetić, Professor für Zell- und Molekularbiologie und Mitautor der Studie, die Ergebnisse in einer Pressemitteilung zusammen.
Um die Zellalterung zu untersuchen, verglichen die Forschenden die Glykosylierungsmuster von Immunglobulin G (IgG) bei 246 Menschen mit und bei 256 Menschen ohne Trisomie 21 vergleichbaren chronologischen Alters. An IgG gebundene N-Glykane (bestimmte Zuckermoleküle) verändern sich natürlicherweise mit dem Alter. Die Forschungsgruppe ermittelte für Menschen mit Trisomie 21 ein im Durchschnitt etwa 19 Jahre höheres biologisches Alter als bei chronologisch gleichaltrigen Personen aus der Kontrollgruppe. Diese Entwicklung war unabhängig von Komorbiditäten und bereits früh in der Kindheit der Patienten nachweisbar, zeigte die Studie.
Die Rolle des Kinase-Gens DYRK1A bei diesem Alterungsprozess untersuchten die Forschenden mithilfe eines Modells mit isogenen humanen induzierten pluripotenten Stammzellen (hiPSCs) mit vollständiger und partieller Trisomie 21 und einer speziellen Form des Genom-Editings. Eine Überdosis dieses Gens führe zu gestörten DNA-Reparaturmechanismen und in der Folge zu mehr DNA-Brüchen und Zellalterung, so die Forschenden. Diese Erkenntnis könne zukünftig zur Entwicklung von Medikamenten gegen den vorzeitigen Alterungsprozess bei Trisomie 21 beitragen, müsse jedoch in weiteren Studien untersucht werden.