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BGH-Urteil zur Rx-Preisbindung

Keine Werbegeschenke in der Apotheke

Keine Brötchen- oder Ein-Euro-Gutscheine: Apotheken dürfen bei der Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel keinerlei Werbegeschenke an Kunden abgeben, auch wenn sie noch so geringfügig sind. Das hat heute der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe entschieden – und damit die Rx-Preisbindung streng interpretiert.
AutorKontaktEv Tebroke
Datum 06.06.2019  11:32 Uhr

Das Urteil zu geringfügigen Werbegaben war mit Spannung erwartet worden. Denn es hat für die Apotheken weitreichende Wirkung. Die Karlsruher Richter haben mit ihrem Urteil hierzulande die Rx-Preisbindung noch strikter ausgelegt als bisher. Schien es bislang noch möglich, Kunden beim Erwerb von verschreibungspflichtigen Medikamenten geringfügige Werbegaben mitzugeben, wie etwa eine Packung Taschentücher oder Traubenzucker, so ist das in Zukunft verboten. Laut Entscheidung des Zivilsenats des BGH ist dies wettbewerbsrechtlich unzulässig, da es gegen die geltenden Preisbindungsvorschriften für verschreibungspflichtige Medikamente verstößt.

Konkret hat der BGH nun in zwei Fällen entschieden: So hatte ein Apotheke in Darmstadt ihren Kunden als Zugabe zu einem Rx-Medikament einen Brötchen-Gutschein für eine Bäckerei in der Nachbarschaft mitgegeben. Die Vorinstanzen hatten dieses Gebahren bereits für unzulässig erklärt. In dem anderen Fall hatten Kunden einer Berliner Apotheke einen Ein-Euro-Gutschein für den nächsten Apothekeneinkauf erhalten. Gegen diese Praxis hatte das Berliner Kammergericht keine wettbewerbsrechtlichen Einwände erhoben. Doch der Fall ging in die nächste Instanz. Der BGH hat mit seinem Urteil heute nun beide Fälle für Unrecht erklärt.

Laut Heilmittelwerbegesetz (HWG) ist es unzulässig, Zuwendungen und sonstige Werbegaben (Waren oder Leistungen) anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren oder als Angehöriger der Fachkreise anzunehmen, es sei denn, die Zuwendungen haben nur einen geringfügigen Wert. In früheren Urteilen hatte der BGH diese Grenze bei maximal 1 Euro gesetzt. Mit der aktuellen Entscheidung revidieren die Richter diese Bagatellgrenze und erklären solche Zugaben generell für wettbewerbswidrig, wenn ein Rezept beliefert wird.

Die besagten Werbegaben verstoßen aus Sicht des BGH gegen geltende Preisvorschriften: Laut Heilmittelwerbegesetz ist jede Gewährung einer Zuwendung oder sonstigen Werbegabe unzulässig, die gegen die Preisvorschriften des Arzneimittelgesetzes verstößt. Diese eindeutige gesetzliche Regelung dürfe nicht dadurch unterlaufen werden, dass ein solcher Verstoß als nicht spürbar eingestuft und damit als nicht wettbewerbswidrig angesehen werde. »Ein Abstellen auf die finanzielle Geringwertigkeit der Werbegabe ist ausgeschlossen, nachdem die Preisbindung nach dem Willen des Gesetzgebers strikt einzuhalten ist«, so das Gericht.

EuGH-Urteil hier ohne Auswirkung

Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) aus dem Jahr 2016, dass für EU-Versandapotheken, die nach Deutschland liefern, die Rx-Preisbindung gekippt hat, steht aus Sicht des BGH der Anwendung der zitierten Preisvorschrift nicht entgegen. Auf innerstaatliche Sachverhalte ohne grenzüberschreitenden Bezug wie in den Streitfällen seien die Regelungen über die Warenverkehrsfreiheit nicht anwendbar, teilte das Gericht mit.

Das EuGH-Urteil führt aus Sicht der Karlsruher Richter auch nicht zu einer nach nationalem Verfassungsrecht unzulässigen Inländerdiskriminierung. Solange eine Ungleichbehandlung auf sachlichen Gründen beruhe, müsse eine Regelung für Inländer nicht zwingend derjenigen für andere Unionsbürger entsprechen, heißt es seitens des BGH. Ein gewichtiger sachlicher Grund ergibt sich für den BGH demnach bereits aus folgender Tatsache: Der nationale Gesetzgeber sei zwar in seiner Gestaltungsfreiheit hinsichtlich des grenzüberschreitenden Verkaufs von Arzneimitteln durch die im Primärrecht der Europäischen Union geregelte Warenverkehrsfreiheit und die dazu ergangene EuGH-Rechtsprechung eingeschränkt. Für den Vertrieb von Arzneimitteln innerhalb Deutschlands bestehe aber keine entsprechende Einschränkung.

Eine unterschiedliche Behandlung von in Deutschland ansässigen Apotheken einerseits und in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ansässigen Apotheken andererseits sei zudem gerechtfertigt, weil sich die Arzneimittelpreisbindung im Hinblick auf die Besonderheiten des deutschen Marktes auf in Deutschland ansässige Apotheken weniger stark auswirke als auf in anderen Mitgliedstaaten ansässige Apotheken, die für einen unmittelbaren Zugang zum deutschen Markt in besonderem Maße auf den Versandhandel angewiesen seien, begründet das BGH.

Die Verhältnismäßigkeit der Preisvorschriften sieht der BGH nach eigenen Angaben erst dann in Frage gestellt, »wenn der Gesetzeszweck infolge des Umfangs des Verkaufs preisgebundener Arzneimittel durch ausländische Versandapotheken nicht mehr allgemein erreicht werden kann oder die gesetzliche Regelung für inländische Apotheken angesichts des Konkurrenzdrucks aus dem europäischen Ausland nicht mehr zumutbar ist«. Dass dies derzeit der Fall ist, hätten die Berufungsgerichte nicht festgestellt.

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