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EuGH-Generalanwalt

Keine Proben für Apotheker

Dürfen pharmazeutische Unternehmen Gratismuster ihrer Arzneimitteln nur an Ärzte oder auch an Apotheker abgeben? Diese Frage muss jetzt der Europäische Gerichtshof (EuGH) beantworten. Der Generalanwalt hat dazu am vergangenen Donnerstag sein Schlussplädoyer gehalten – und kommt zu einem klaren Ergebnis.
Ulrich Laut
05.02.2020  14:52 Uhr

Die Frage, ob Arzneimittelmuster kostenlos an Apotheker abgegeben werden dürfen, beschäftigt derzeit den Europäischen Gerichtshof (EuGH). Hintergrund ist ein Vorlagebeschluss des Bundesgerichtshofs zur Auslegung von § 47 des Arzneimittelgesetzes (AMG) unter Berücksichtigung der Richtlinie 2001/83/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel. Im vorliegenden Fall gab ein Arzneimittelhersteller Packungen eines Schmerzgels, die mit der Aufschrift »Zu Demonstrationszwecken« versehen waren, kostenlos an deutsche Apotheker ab. Hiergegen ging ein anderer Hersteller mit der Begründung vor, § 47 Absatz 3 AMG gestatte keine kostenlose Abgabe von Arzneimittelmustern an Apotheker.

Damit stellte sich die Frage, ob die Richtlinie 2001/83/EG Gratismuster nur an Ärzte oder auch an Apotheker erlaubt. Und ob die Bundesrepublik Deutschland berechtigt war, diese Richtlinie in § 47 AMG weiter einzuschränken. In seinem nunmehr vorliegenden Schlussantrag kommt der EuGH-Generalanwalt zu dem Ergebnis, die Richtlinie 2001/83/EG sei dahingehend auszulegen, dass pharmazeutische Unternehmer kostenlose Arzneimittelmuster nur an Ärzte und folglich nicht an Apotheker abgeben dürfen.

Dies begründet der Generalanwalt damit, dass es sich bei Arzneimitteln um eine besondere Warengruppe handele, bei der es wichtig sei, Ärzte und Apotheker vor einem zu starken wirtschaftlichen Einfluss zu schützen, der ihre Objektivität gefährden könne. Daher sei die Richtlinie restriktiv auszulegen.

Aus dem Zusammenhang der Einzelvorschriften der Richtlinien folgert er, dass Werbemöglichkeiten für Medikamente ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Verwirklichung des freien Verkehrs mit Arzneimitteln in der Europäischen Union seien. Mit dem Erlass der Richtlinie 2001/83/EG habe der Unionsgesetzgeber jedoch selbst eine Abwägung zwischen der Entwicklung des Binnenmarkts und dem Schutz der öffentlichen Gesundheit vorgenommen, sodass Ausnahmen vom Werbeverbot und damit auch zur Abgabe von Mustern restriktiv auszulegen seien.

Zwar hätten Ärzte und Apotheker den gleichen Informationsbedarf, jedoch könne die Information an sie über verschiedene Kanäle erfolgen. Dies bedeute, dass für Ärzte, die mit Arzneimitteln in der Regel nicht in Kontakt kämen, Gratismuster ein zweckmäßiges Mittel darstellten, sich mit Neuheiten auf dem Markt vertraut zu machen. Apotheker hingegen hätten diesen Umgang mit Arzneimitteln und benötigten daher keine kostenlosen Warenproben.

Sodann führt der Generalanwalt kurz zur zweiten Vorlagefrage aus, die Richtlinie 2001/83/EG sei abschließend, sodass der nationale Gesetzgeber keine weiteren Regelungen treffen könne. Dies sei jedoch vorliegend irrelevant, da die Abgabe von Arzneimittelmustern an Apotheker ohnehin unzulässig sei.

Der EuGH wird über den Fall entscheiden, wenn alle Mitgliedsstaaten und die EU-Kommission Gelegenheit hatten, Stellung zu nehmen und der Generalanwalt seine Schlussanträge vorgelegt hat. In der weit überwiegenden Anzahl der Verfahren folgt der EuGH der Rechtsauffassung des Generalanwalts, sofern er keine Notwendigkeit zur grundsätzlichen Anmerkungen im Rahmen der Auslegungen des Unionsrechts sieht.

Interessant ist jedoch, dass die Kommission in Ihrer Stellungnahme vorbrachte, der Wortlaut der Richtlinie 2001/83/EG sei offen, sodass auch Apotheker als potenzielle Empfänger kostenloser Arzneimittelmuster zu betrachten seien. Dies zeigt wieder einmal, dass der Generalanwalt und möglicherweise auch der Europäische Gerichtshof die Auffassung der Europäischen Kommission zur Zulässigkeit von nationalen Vorschriften und Regeln nicht immer teilen. Das sollte auch bei den aktuellen Gesetzgebungsverfahren nicht vergessen werden.

 

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