»Keine Honorarreform ohne Strukturreform« |
Ev Tebroke |
09.10.2024 15:00 Uhr |
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) stellte sich im Nachgang seines Grußwortes den Fragen von PZ-Redakteur Alexander Müller und der Delegierten. / © PZ/Annette Rößler
Die Stimmung der Apothekerschaft beim Auftritt von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) beim diesjährigen DAT in München war erwartungsgemäß geladen. Bereits während Lauterbach per Live-Video in seinem Grußwort seine Vorstellungen von einer Apothekenreform vortrug, gab es lautstarke Proteste und missbilligende Kommentare von den mehr als 400 Delegierten. Aus zeitlichen Gründen war der Minister auch in diesem Jahr beim DAT wieder nur digital zugeschaltet. Nach seinen Grußwort gab es aber zumindest Zeit für Fragen.
Die wichtigste Frage war, ob Lauterbach an der im Apotheken-Reformgesetz (ApoRG) geplanten Apotheke ohne Apotheker festhalten wird. Bekanntlich kommt das Gesetz bislang nicht in die Kabinettsabstimmung, weil vor allem die FDP dagegen ist, es aber auch aus den eigenen Reihen der SPD große Kritik an diesem Vorhaben gibt.
»Ich bin zuversichtlich, dass wir in der Koalition noch eine gemeinsame Linie finden werden, möchte aber nicht ins Detail gehen.« Die Strukturreform werde aber auf alle Fälle kommen, zeigt sich der Minister unbeirrt.
Nur mehr Geld ins System zu gießen, sprich das Apothekenhonorar zu erhöhen, ohne auch die Strukturen an die gegenwärtige Situation anzupassen, sei nicht zielführend. Und die gegenwärtige Situation ist für den Minister klar: Ohne die Reform, also die Möglichkeit, in Zweigapotheken auf die Präsenz einer PTA zu setzen und die apothekerliche Beratung lediglich telepharmazeutisch zu garantieren, würde in der Fläche bald keine ausreichende Versorgung mit Apotheken mehr möglich sein. Schon jetzt fehle es an Nachwuchs, der bereit sei, in Dauerpräsenz eine Landapotheke zu führen.
Auch machte Lauterbach erneut klar, dass es ohne diese Strukturreform keine Honorarreform geben könne. Die Sorge der Apothekerschaft, dass die Wertschätzung und Qualität des Berufs durch diese Reform leide, teilt Lauterbach nicht. »Die Qualität der apothekerlichen Beratung ist die gleiche, ob telepharmazeutisch von Apotheker zum Patient, der in der Offizin Rat sucht, oder zum Patient am Computer zuhause.«
Es wurde offensichtlich, dass der Minister den Begriff Telepharmazie anders definiert als die Apothekerschaft. Für die Arbeit eines Apothekers ist aus Sicht der Apothekerschaft seine Präsenz vor Ort unerlässlich. Alles andere sei keine Apotheke mehr, sondern eine Scheinapotheke. Lauterbach unterstrich jedoch unbeirrt: »Ich gehe davon aus, dass die Telepharmazie dazu beitragen wird, in dünn besiedelten Gebieten überhaupt noch eine Apotheke erhalten zu können. Besser so als gar keine Apotheke.«
Auch die Entgegnung, dass es besser wäre, die Rahmenbedingungen zu stärken, damit Nachwuchs auch in die Vor-Ort-Apotheken strebt und Inhaber diesen entsprechend attraktive Honorare und Arbeitskonditionen bieten könnten, verpuffte. Lauterbach ist überzeugt: »Käme die Reform nicht, wird die Zahl der Apotheken weiter zurückgehen. Nur mehr Geld wird das nicht ändern.«