Kein Ersatz für persönlichen Kontakt in der Offizin |
Anke Rüdinger, stellvertretende DAV-Vorsitzende und Leiterin des »Digital Hub« der ABDA, kann sich vorstellen, dass Apotheken künftig verschiedene neue digitale Dienstleistungen anbieten. / Foto: ABDA
Bereits jetzt unterstützen digitale Anwendungen die Arbeit der Apothekerinnen und Apotheker in vielen Bereichen, führt Rüdinger in ihrem Kommentar aus. Als Beispiele nennt sie die Warenwirtschaftssysteme, das Ausstellen digitaler Impfzertifikate während der Pandemie oder das E-Rezept.
Das Potenzial sei jedoch bei Weitem nicht ausgeschöpft. Die digitalen Anwendungen sollten die Arbeit in den öffentlichen Apotheken immer dort ergänzen, wo sie die Versorgung der Bevölkerung verbessern oder den Apothekenteams die Verwaltung erleichtern können, etwa bei der Dokumentation oder bei Nachweispflichten.
Auf keinen Fall könnten diese allerdings »dauerhaft das vertrauensvolle persönliche Beratungsgespräch in der Apotheke vor Ort zwischen Apothekerinnen und Apothekern und ihren Patientinnen und Patienten ersetzen«, definiert die stellvertretende DAV-Vorsitzende auch die Grenze des Einsatzes digitaler Anwendungen.
In ihrem Kommentar informiert Rüdinger über den »Digital Hub«, einen 2021 gegründeten Think Tank, den die ABDA derzeit einrichtet. Die Mitglieder hätten sich intensiv mit den digitalen Anwendungen aus öffentlichen Apotheken zur Verbesserung der Versorgung der Patientinnen und Patienten beschäftigt, erläutert Rüdinger, die den »Digital Hub« leitet.
Im Folgenden geht sie auf das Thema »Telepharmazie« ein. Dazu habe die Bundesapothekerkammer am 11. Juni 2024 ein Symposium veranstaltet. Obwohl der Referentenentwurf zum Apotheken-Reformgesetz (ApoRG) mehrfach den Begriff verwende, gebe es bislang keine allgemein verbindliche Definition. »Wir als Digital Hub verstehen unter Telepharmazie die Kommunikation des pharmazeutischen Personals von öffentlichen Apotheken und Krankenhausapotheken im Rahmen einer pharmazeutischen Tätigkeit, bei der sich das Apothekenpersonal sowie die Patientinnen und Patienten oder sonstigen Leistungsempfängerinnen und -empfänger nicht am gleichen Ort aufhalten«, erläutert Rüdinger.
In ihrem Kommentar stellt die stellvertrete DAV-Vorsitzende heraus, dass es keine Zwei-Klassen-Pharmazie geben dürfe. Für die Telepharmazie müssten deshalb grundsätzlich die gleichen Regeln gelten wie für eine pharmazeutische Beratung im direkten Patientenkontakt. Die Information und Beratung zu Arzneimitteln müssten auch hierbei grundsätzlich Apothekerinnen und Apotheker ausüben. Selbst wenn pharmazeutisches Personal bestimmte Aufgaben übernähme, müsse die Verantwortung immer eine Apothekerin oder ein Apotheker tragen.
Aus Sicht von Rüdinger kann die Nutzung der Telepharmazie die Beratung und Betreuung der Patientinnen und Patienten deutlich intensivieren und verbessern, zum Beispiel durch regelmäßigen telepharmazeutischen Kontakt nach der Neuverordnung eines Arzneimittels. Arzneimittel, Medizinprodukte und apothekenübliche Waren dürften aber weiterhin nur im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs abgegeben werden.
Telepharmazie könne Apothekenmitarbeiterinnen und -mitarbeitern auch die Möglichkeit eröffnen, von zu Hause aus zu arbeiten. Voraussetzung dafür sei aber, dass die Datensicherheit gewährleistet sei, die Patienten eingewilligt hätten und zuvor ein direkter Kontakt bestanden habe.
Rüdinger kann sich laut ihrem Kommentar auch vorstellen, dass Apotheken künftig verschiedene neue digitale Dienstleistungen anbieten. Möglich wären aus ihrer Sicht etwa persönliche Postfächer für Patienten mit individuell zugeschnittenen Gesundheitsinformationen wie Beipackzetteln oder Erklärvideos. Sie hält zudem für denkbar, dass Apotheker in Regionen mit geringer Apothekendichte Patienten künftig digital »begleiten«.
Digitale Anwendungen könnten außerdem die Zusammenarbeit zwischen Heilberuflern verbessern, zum Beispiel bei einer Entlassmedikation aus dem Krankenhaus. »Die Möglichkeiten sind nahezu unbegrenzt«, schreibt Rüdinger, schränkt jedoch gleich ein, dass all das nur mit der Apotheke vor Ort gehe. Ein gleichwertiger Ersatz für den persönlichen Kontakt könne die Telepharmazie nie sein, stellt sie noch einmal klar.
Das Papier-Rezept ist ein Auslaufmodell. Mit dem E-Rezept sollen alle Arzneimittel-Verordnungen über die Telematikinfrastruktur abgewickelt werden. Wir berichten über alle Entwicklungen bei der Einführung des E-Rezeptes. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite E-Rezept.