»Kein Arzneimittel verlässt ohne Beratung die Apotheke« |
Cornelia Dölger |
24.03.2022 15:30 Uhr |
Live von Gut Havichhorst bei Münster gesendet, diskutierten Hannes Müller, Frank Dieckerhoff und Sandra Potthast vom AKWL-Vorstand sowie ABDA-Hauptgeschäftsführer Sebastian Schmitz (digital zugeschaltet) über Wege, das Perspektivpapier 2030 berufspolitisch umzusetzen. / Foto: AKWL
Das 2014 in erster Fassung verabschiedete Papier hat das Ziel, konkrete berufspolitische Handlungsfelder zu erstellen – und genau darum ging es bei der neunten Ausgabe von »AKWL-TV«, die am gestrigen Donnerstagabend live von Gut Havichhorst, einem Tagungszentrum vor den Toren Münsters, gesendet wurde. Frage bei der Diskussionsrunde war: Was bedeutet »Apotheke 2030« für die konkrete berufspolitische Arbeit? Talkgäste waren Frank Dieckerhoff, Vizepräsident der Apothekerkammer Westfalen-Lippe (AKWL), sowie Sandra Potthast und Hannes Müller aus dem AKWL-Vorstand. Aus Berlin zugeschaltet war ABDA-Hauptgeschäftsführer Sebastian Schmitz.
Erst im vergangenen Januar hatte das Papier ein inhaltliches Update bekommen. So ist inzwischen die Digitalisierung im Gesundheitswesen stärker im Fokus, wobei ein Hauptaugenmerk auch auf der Vernetzung der Heilberufler untereinander liegt. Zudem stehen Nachhaltigkeit und Klimaschutz deutlicher im Vordergrund sowie auch, das betonte ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening bei der Präsentation des Updates im Januar, der »Kampf gegen die Trivialisierung von Arzneimitteln«. Die PZ hatte über die Aktualisierung des Papiers berichtet.
Das Thema Trivialisierung von Arzneimitteln griff in der Talkrunde auch Hannes Müller auf. Mehr Lebensqualität für die Patientinnen und Patienten gelinge eben nicht unbedingt durch ein Mehr an Arzneimitteln, sondern durch einen bewussten Umgang damit. Mithin sei der Kampf gegen die Trivialisierung von Arzneimitteln ein Eckpfeiler von »Apotheke 2030«. »Unsere Beratungsqualität ist wichtiger als der Preis«, so Müller, der auch im Vorstand der Bundesapothekerkammer sitzt. »Wir dürfen das Arzneimittel nicht mit einem simplen Verkaufsgut gleichsetzen.« AKWL-Vorstandsmitglied Sandra Potthast betonte, die Apothekerschaft könne bereits im Vorfeld viel zu einer gesunden Gesellschaft beitragen, etwa durch Prävention, Gesundheitsberatung oder Medikationsanalysen. »Mein Ziel ist es, den Patienten mehr Lebensqualität zu geben.«
Beratung in der Apotheke – auch in digitalen Zeiten ist das ein wichtiges Gut. Deshalb, so sagte AKWL-Vizepräsident Frank Dieckerhoff, müsse es selbstverständlich sein, »dass keine Arzneimittelpackung ohne Beratung oder zumindest ohne Beratungsangebot die Apotheke verlässt«. Auch in einer digitalen Welt sei dieses Angebot unerlässlich. ABDA-Hauptgeschäftsführer Sebastian Schmitz ergänzte, als im Jahr 2014 das Perspektivpapier verabschiedet wurde, sei noch nicht vorstellbar gewesen, »wie verlässlich wir auch digital mit den Patientinnen und Patienten in Kontakt treten können«. Daher werde auch die Telepharmazie für die Versorgung immer wichtiger – allerdings sollte sie als Ergänzung verstanden werden und nicht als Ersatz für die Beratung vor Ort. Dieckerhoff fügte hinzu, täglich mehr als vier Millionen persönliche Kunden- und Patientenkontakte in den 18.500 Apotheken in Deutschland sprächen für sich. »Wir müssten ja verrückt sein, wenn wir versuchen würden, die rein auf ökonomischen Plattformen beruhenden Geschäftsmodelle von Großkonzernen zu kopieren.«
Nun gibt es das Perspektivpapier bereits seit acht Jahren und obendrein eine in Kammern und Verbänden breit diskutierte Novelle – und dennoch haben, so teilte die AKWL im Nachgang mit, viele Menschen noch nichts davon gehört. Fast zwei Drittel der gestern bei der Liverunde zugeschalteten rund 300 Zuschauerinnen und Zuschauer gaben demnach an, erst durch die Einladung zu der Sendung von dem Papier erfahren zu haben. »Hier sind also weitere Information und Aufklärung erforderlich«, ließ die AKWL wissen.
Den Kampf gegen die Trivialisierung von Arzneimitteln geben 90 Prozent der Zuschauer demnach nicht verloren. Hier seien die Berufsorganisationen, die Politik, aber auch die einzelnen Apothekenteams gefragt. ABDA-Hauptgeschäftsführer Schmitz betonte, das Perspektivpapier sei kein Papiertiger, sondern es beinhalte neben einem Ziel auch die Strategie und die Taktik, also das Vorgehen, »mit welchen einzelnen Aktionen wir unsere Ziele erreichen«. Gleichwohl, so das Fazit, ziehe die Umsetzung noch viel Arbeit auf allen Ebenen nach sich. Für die Arbeit in der Apotheke solle das Papier aber nicht zuletzt auch Zuversicht vermitteln, so Schmitz. »Das Arbeiten in der Apotheke soll Freude machen und Erfüllung bereiten.«
Im Laufe des Tages soll die 90-minütige Sendung on demand unter www.akwl-live.de zur Verfügung stehen. Das komplette Perspektivpapier »Apotheke 2030« steht unter www.abda.de zum Download bereit.