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Translarna®

Kein Anspruch auf Off-Label-Use bei tödlicher Krankheit

Versicherte haben bei einer regelmäßig tödlich verlaufenden Krankheit keinen Anspruch auf die Versorgung mit einem Arzneimittel, das die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) zur Behandlung der Unterform ihrer Erkrankung nicht zugelassen hat. Das hat das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel entschieden.
dpa
30.06.2023  11:00 Uhr

Der 2004 geborene Kläger leidet an Duchenne-Muskeldystrophie. Die erblich bedingte Muskelerkrankung mit zunehmendem Muskelschwund führt typischerweise im jungen Erwachsenenalter zum Tod. Der Kläger ist seit 2015 gehunfähig. Er verlangte von seiner Krankenkasse die Kostenübernahme des Arzneimittels Translarna®. Das ist in der Europäischen Union für die Behandlung der Duchenne-Muskeldystrophie zwar zugelassen, jedoch nur für gehfähige Patienten. Anträge des Herstellers im Juni und Oktober 2019 führten nicht zur Erweiterung der Arzneimittelzulassung auf nicht mehr gehfähige Patienten.

Das Sozialgericht Mainz hatte die Klage auf Versorgung mit Translarna® abgewiesen. Das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz verurteilte die AOK Rheinland-Pfalz/Saarland hingegen, den Kläger mit dem Medikament zu versorgen. Es bestehe eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Verlauf der Erkrankung. Dies reiche bei regelmäßig tödlich verlaufenden Krankheiten aus, den Anspruch zu begründen, so die Richter. Die Ablehnung der Erweiterung der Zulassung auf nicht mehr gehfähige Patienten durch die EMA entfalte keine Sperrwirkung, da sie nicht auf einer aussagekräftigen Datenlage beruhe und seither neue Hinweise auf eine positive Wirkung des Arzneimittels erlangt worden seien.

Sperrwirkung des Arzneimittel-Zulassungsgesetzes

Der 1. Senat des BSG hob dieses Urteil nun auf und gab der Arzneimittelsicherheit auch bei regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankungen Vorrang. Der Antrag des Klägers scheitere an der Sperrwirkung des Arzneimittel-Zulassungsgesetzes, begründete der Vorsitzende Richter die Entscheidung. Habe ein Antrag auf Erweiterung der Zulassung keinen Erfolg, sei damit auch eine nicht ganz fernliegende Aussicht auf eine positive Einwirkung auf den Verlauf der Krankheit zu verneinen. Denn nähme man von der Sperrwirkung der fehlenden Arzneimittelzulassung zugunsten einer rein einzelfallbezogenen Prüfung Abstand, würde die Erfordernis einer Zulassung für Arzneimittel zur Behandlung bestimmter besonderer und schwerer Erkrankungen faktisch ausgehebelt, so der Richter. Die Sperrwirkung könne überwunden werden, wenn neue wissenschaftliche Erkenntnisse gewonnen werden, die nach der EMA-Entscheidung veröffentlicht werden. Das sei im vorliegenden Verfahren nicht der Fall.

In der EU ist Translarna® mit dem Wirkstoff Ataluren bereits seit 2014 für die Behandlung der Duchenne-Muskeldystrophie infolge einer Nonsense-Mutation im Dystrophin-Gen bei gehfähigen Patienten im Alter ab zwei Jahren zugelassen. Diese Mutation führt zu einem frühzeitigen Stopcodon in der mRNA. Dadurch wird der Translationsprozess beendet, bevor Dystrophin in voller Länge generiert ist. Das Bruchstück ist funktionslos. Ataluren, ein niedermolekularer Wirkstoff, verdeckt gewissermaßen das Stopcodon, damit die mRNA für das Dystrophin-Gen komplett am Ribosom abgelesen und translatiert werden kann. Zur Verfügung steht das Präparat als Granulat zur Herstellung einer Suspension zum Einnehmen.

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