KBV mit eigenem Konzept zur Patientensteuerung |
Die KBV wünscht sich eine Vorhaltefinanzierung für die über die 116117 vermittelten Termine. Andernfalls drohe den Praxen bei Nichtvergabe oder Nichterscheinen des Patienten finanzielle Nachteile. Zudem müssten die Leistungen der steuernden Ärzte angemessen finanziert werden. »Es wird mit der Politik zu besprechen sein, was Steuerung kann und was angesichts der Zahlen und Fakten in der Versorgung und der demografischen Entwicklung wirklich dringend erforderlich ist«, sagte der stellvertretende KBV Vorstandsvorsitzende Stephan Hofmeister bei der Vertreterversammlung.
Wenige Tage nach der Vertreterversammlung erklärte Gassen das Konzept noch einmal im Interview mit der »Bild«. Ein Primärarztsystem sei demnach eher für ältere Patienten sinnvoll. Eine pauschale Altersgrenze gebe es nicht. Doch »ungefähr ab 50 macht es Sinn. Da sind relativ viele schon mit irgendwelchen Zipperlein in ärztlicher Behandlung«, so der KBV-Chef.
Gassen zufolge könne das System funktionieren, »wenn es sich um ältere multimorbide Patienten handelt, also Menschen, die verschiedene Erkrankungen haben, aus unterschiedlichen Bereichen, wo zum einen eine ordnende Hand im Sinne der hausärztlichen Praxis notwendig ist, um alle Befunde zusammenzuführen und wo auch gezielt zu fachärztlichen Kollegen überwiesen werden kann«.
Kritik an den Plänen der schwarz-roten Koalition kommt dagegen von der Opposition. Der grüne Gesundheitsexperte Janosch Dahmen unterstützt das Steuerungskonzept grundsätzlich, mahnt aber zugleich eine Entlastung der Hausärzte an. »Ein verpflichtendes Primärarztsystem kann helfen – aber nur, wenn es richtig gemacht wird«, sagte Dahmen der dpa.
Das Gesundheitssystem leide unter zu vielen unnötigen Arztbesuchen, langen Wartezeiten und unkoordinierten Abläufen. Konkret forderte Dahmen für die Hausärzte »mehr Zeit durch Vorhaltepauschalen statt Quartalsabrechnung, mehr Unterstützung durch eigenständig arbeitendes nichtärztliches Praxispersonal und ein vernetztes, digitales Terminmanagement – ein System, das Ärztinnen und Ärzte nicht zu Facharzttürstehern und Überweisungsautomaten macht.«
Dahmen verwies darauf, dass im ländlichen Raum viele Hausärzte fehlten. Er warnte: »Wer dort eine Pflicht einführt, ohne tragfähige Lösungen zu schaffen, riskiert reale Unterversorgung.«