KBV kanzelt Vorschläge von BÄK-Präsident ab |
KBV-Chef Andreas Gassen (li.) hat die Vorschläge von Bundesärztekammer-Präsident Klaus Reinhardt (re.) zu den Arzneimittel-Lieferengpässen heftig kritisiert. / Foto: imago images/Lopata/axentis.de
Die Kritik an den Äußerungen von Klaus Reinhardt in der Lieferengpass-Debatte, Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), wird immer größer. Reinhardt hatte gefordert, dass sich die Menschen in dieser Ausnahmesituation solidarisch verhalten und auf Arzneimittel-»Flohmärkten« Medikamente tauschen – auch abgelaufene Arzneimittel sollten dafür in Betracht kommen, so Reinhardt. Inzwischen ist die BÄK zwar ein Stück weit zurückgerudert: Ein Sprecher teilte mit, dass keineswegs echte Flohmärkte gemeint seien und es ohnehin nur um originalverpackte OTC-Präparate gehe.
Doch die Kritiker mehren sich. Sowohl ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening als auch Bundesapothekerkammer-Präsident Thomas Benkert hatten Reinhardt für eine Äußerungen angegriffen. »Medikamente gehören in die Apotheke«, sagte Benkert. Und Overwiening wies auf die mögliche Gesundheitsgefährdung hin, die sich aus einem solchen Arzneimitteltausch ergeben könnte. Auch zahleiche Verbandsvorsitzende und Kammerpräsidentinnen und -präsidenten aus dem Apothekerlager meldeten sich zu Wort und warnten die Patienten dem Rat des BÄK-Präsidenten zu folgen.
Etwas überraschend schließt sich nun auch die KBV dieser Kritik an. In einer aktuellen Pressemitteilung warnte KBV-Chef Andreas Gassen vor möglichen Negativ-Effekten – ohne allerdings Reinhardts Namen zu nennen. »Das Risiko ist einfach zu groß, dass durch solch eigentlich gut gemeinten Solidaritätsaktionen mehr Schaden als Nutzen bis hin zu Gefahren für Leib und Leben angerichtet werden«, so Gassen.
KBV-Vize Stephan Hofmeister fügte hinzu, dass die unkontrollierte Abgabe von Arzneimitteln gefährlich sei. »Unverträglichkeiten von Medikamenten, die Gefahren abgelaufener Arzneien, die Unkenntnis, aus welchen Quellen die angebotenen Mittel und Tabletten überhaupt stammen – alleine diese Aspekte zeigen, dass die fachkundige Beratung und Abgabe unabdingbar ist. Alles andere wäre lebensgefährlich und unverantwortbar.«
Um die Lieferengpässe in den Griff zu bekommen, schlägt die KBV Krisen-Maßnahmen vor – ähnlich wie sie in der Coronavirus-Pandemie eingeführt wurden. »Jetzt ist das Bundesgesundheitsministerium gefragt, so schnell wie möglich die fehlenden Arzneimittel zu beschaffen. Wir brauchen Sonderregelungen und Sofortmaßnahmen wie zu Beginn der Corona-Pandemie, als auf dem internationalen Markt knappe Materialien wie Masken und Schutzkleidung nach Deutschland geholt werden mussten. Das ist eine echte Krisensituation, die wir meistern müssen«, erklärte Gassen. Hofmeister fügte hinzu, dass man zu abhängig geworden sei von der Produktion im Ausland.
Und weiter: »Auch die Rabattverträge der Krankenkassen müssen in ihrer jetzigen Bedeutung und Form überdacht werden. Diese haben dafür gesorgt, dass sich Hersteller teilweise zurückgezogen haben aus der Herstellung nun dringend gebrauchter Medikamente«, sagte KBV-Chef Gassen.