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GKV-Finanzstabilisierungsgesetz

Kassen wollen Spargesetz nachbessern

Um die anhaltenden Ausgabenzuwächse in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) abzufedern, hat das Bundesgesundheitsministerium (BMG) im November 2022 ein entsprechendes Spargesetz auf den Weg gebracht. Mit dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG) müssen Pharmaindustrie und Apotheken verschiedene Instrumente zur Kostendämpfung hinnehmen. Den Kassen gehen die Einsparungen nicht weit genug.
Ev Tebroke
11.09.2023  16:30 Uhr

Die Kritik an den Maßnahmen ist groß, denn neben wirtschaftlichen Einbußen sieht die Branche auch den Innovationsstandort Deutschland gefährdet. So wurde etwa die Zeitspanne, in der ein Hersteller nach Zulassung den Marktpreis eines neuen Medikaments frei festlegen kann, von einem Jahr auf sieben Monate verkürzt. Die Umsatzschwelle, bis zu der ein Zusatznutzen eines Orphan Drugs automatisch als belegt gilt, wurde von 50 Millionen Euro auf 30 Millionen Euro gesenkt. Auch wurde im Verfahren zur frühen Nutzenbewertung (AMNOG) für neue Arzneimittel in Kombinationstherapien mit bewährten Wirkstoffen ein automatischer Preisabschlag von 20 Prozent festgesetzt. Zudem muss die Pharmaindustrie einen um fünf Prozentpunkte erhöhten Herstellerabschlag insbesondere für patentgeschützte Arzneimittel hinnehmen.

Auch die Vor-Ort-Apotheken müssen Geld einsparen. Ein auf zwei Jahre befristeter erhöhter Kassenabschlag sollen die GKV laut BMG um rund 170 Millionen Euro entlasten. Wie effektiv sind diese Maßnahmen? Helfen sie, um wie geplant die Finanzierungslücke der GKV von mittlerweile rund 17 Milliarden Euro abzubauen? Und vor allem: Wie sind die Auswirkungen auf die Sicherheit der Versorgung mit innovativen und wirtschaftlichen Arzneimitteln sowie auf Produktionsstandorte in Deutschland und der Europäischen Union? Diese Fragen muss das BMG evaluieren und dem Bundestag bis zum Jahresende einen Bericht vorlegen (§130b Absatz 11 SGB V). Vorab hatte das Ministerium Industrie und Kassen um ihre Einschätzung gebeten. Während die Industrie das Spargesetz als »ineffektives Bürokratiemonster« tituliert, sieht die Kassenseite das Gesetz wenig überraschend in den Ansätzen positiv.

Kein verschlechterter Zugang zu neuen Arzneimitteln

Die gesetzlichen Maßnahmen des GKV-FinStG wertet der GKV-Spitzenverband  als »wichtige Instrumente, um einen nachhaltigen Beitrag zur zusatznutzenadäquaten Bewertung von Arzneimitteln und zu ihrer fairen Bepreisung zu leisten«. Aber es geht ihm nicht weit genug: »Mit geeigneten Nachbesserungen könnte dieses Einsparpotenzial vollständig gehoben werden, ohne die Versorgung mit innovativen Arzneimitteln in Deutschland zu beeinträchtigen«, so der Verband in seiner Evaluation, die der PZ vorliegt.

Das Argument der Industrie, die Maßnahmen führten dazu, dass Hersteller sich verstärkt aus dem deutschen Markt zurückziehen, lässt der GKV-Spitzenverband aufgrund der von ihm in dem Papier detailliert ausgewerteten Daten (Bewertungszeitraum: 1. Januar 2022 bis 31. August 2023) nicht gelten. »Auf Basis der erfassten quantitativen ausgewerteten und qualitativ bewerteten Daten zu Marktrückzügen im Evaluationszeitraum (Opt outs, Außervertriebnahmen und Zulassungsrückzügen, Markteintrittsverzichte) kann keine Verschlechterung des Zugangs deutscher Patientinnen und Patienten zu neuen Arzneimitteln durch das GKV-FinStG festgestellt werden.«

Für die nicht verfügbaren Arzneimittel stünden in Deutschland allen Betroffenen jeweils bewährte Alternativen zur Verfügung. Die wenigen Entscheidungen von pharmazeutischen Unternehmen, den deutschen Markt nicht zu betreten beziehungsweise zu verlassen, »können auf geringe Chancen im Wettbewerb wegen etablierter Alternativen mit teilweise nachgewiesenem Zusatznutzen oder aufgrund schwacher Evidenz und damit zu gerechtfertigt niedrigeren Preisen zurückgeführt werden«, so das Fazit.

Insgesamt gehen die Sparmaßnahmen aus Kassensicht in die richtige Richtung, seien aber nicht ausreichend. Das vom Spargesetz anvisierte jährliche Einsparvolumen von 1,88 bis 1,98 Milliarden Euro pro Jahr werde nicht erreicht, so die Kritik. Insbesondere, wenn der erhöhte Herstellerabschlag ab 2024 wieder entfalle. Der GKV-Spitzenverband regt daher an, dies zu überdenken. Auch hält er es angesichts der prekären Finanzlage der Kassen für geboten, die Arzneimittelausgaben durch eine Absenkung der Umsatzsteuer zu entlasten.

Langfristig wirksame strukturelle Einsparungen

Aus Sicht des GKV-Spitzenverbands bedarf es weiterhin langfristig wirksamer Lösungen für Einsparungen. Solche für 2023 in Aussicht gestellten strukturellen Reformvorschläge zur nachhaltigen Stabilisierung der GKV-Finanzen seien bisher nicht präsentiert worden. Dem für 2023 anvisierten Einspargesamtziel von 1,5 bis 1,88 Milliarden Euro steht den Berechnungen der Kassen zufolge ein tatsächlicher Finanzentlastungseffekt von höchstens rund 1,38 Milliarden Euro gegenüber. Das wären den Verbandberechnungen zufolge etwa 117 Millionen Euro bis 502 Millionen Euro zu wenig. Für das Jahr 2024 stehe dem gewünschten Sparvolumen von 500 bis 880 Millionen Euro ein Entlastungseffekt von maximal bis 298,4 Millionen Euro gegenüber.

Vor dem Hintergrund, dass die Ausgaben im AMNOG-Markt jährlich um 2 Milliarden Euro anstiegen, würden allein für 2024 zusammengenommen Einsparungen in Höhe von rund 2,2 bis 2,6 Milliarden Euro notwendig. Und dies lediglich, um die Ausgabenbelastung im AMNOG-Bereich in der GKV stabil zu halten, so die Auswertung des Verbands.

 

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