Kann das Mercosur-Abkommen Engpässe beheben? |
Cornelia Dölger |
07.05.2024 10:30 Uhr |
Das EU-Mercosur-Abkommen soll eine der größten Freihandelszonen der Welt schaffen. / Foto: IMAGO/SNA
In der Diskussion um Arzneimittellieferengpässe ist die Abhängigkeit Deutschlands und der EU von der asiatischen und indischen Arzneimittelproduktion immer wieder Thema. Wie angesichts des anhaltenden Mangels von wichtigen Medikamenten die Produktion in die hiesigen Regionen »zurückgeholt« und globale Lieferketten diversifiziert werden können, spielt dabei eine große Rolle. Deutschland wieder zur »Apotheke der Welt« zu machen, erscheint erstrebenswert – es ist allerdings ein langfristiges, komplexes Vorhaben und benötigt zudem deutlich mehr auch finanzielle Anreize für Unternehmen, als derzeit vorgesehen sind.
Ohne mehr staatliches Investment seien die Chancen gering, dass sich ausreichend Unternehmen ansiedelten beziehungsweise ihren Standort in der EU hielten, darauf hatten sowohl Pro-Generika-Geschäftsführer Bork Bretthauer als auch David Francas, Professor für Daten- und Lieferkettenanalyse, vor Kurzem gegenüber der PZ hingewiesen.
Auf der Suche nach Lösungen ist jetzt eine andere Weltregion in den Fokus gerückt – Südamerika, genauer: Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay, also die Länder, die zum seit 20 Jahren verhandelten so genannten EU-Mercosur-Abkommen gehören. Das Abkommen zwischen der EU und den vier südamerikanischen Ländern soll eine der größten Freihandelszonen der Welt schaffen. Im Januar standen die Verhandlungen kurz vor dem Abschluss, scheiterten aber an der Blockade Frankreichs und liegen seitdem auf Eis. Nach der Europawahl am 9. Juni soll neuer Schwung in die Gespräche kommen, so die Hoffnung.
Gesundheitspolitiker Peter Liese, Mitglied der Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP), hat die Mercosur-Länder jedenfalls auf der Agenda, wenn es um die anhaltende Knappheit an Arzneimitteln geht. Dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) sagte der CDU-Politiker: »Eine Kooperation mit den Mercosur-Ländern kann uns helfen, die Abhängigkeit von China und Indien zu verringern und damit auch Versorgungsengpässe bei Arzneimitteln zu lindern.«
Insbesondere Brasilien und Argentinien verfügen demnach »über signifikante Kapazitäten zur Arzneimittelproduktion und ein wachsendes Know-how in diesem Bereich«. Die EU könne den Ländern bei der Weiterentwicklung helfen. So ließen sich zudem Alternativen für den Fall aufbauen, dass China und Indien als Lieferanten ausfielen.
Vor allem Exporterleichterungen für südamerikanisches Rindfleisch und Futtersoja soll das Abkommen demnach schaffen, aber auch Arzneimittel und weitere in der EU knappe Produkte könnten vermehrt aus der Region kommen, so das Ziel. Eine aktuelle Studie der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) untermauert Lieses Einschätzung. Laut RND kommt diese Studie zu dem Ergebnis, dass die Mercosur-Länder gegen Medikamentenmangel Abhilfe schaffen könnten, weil sie »beträchtliche Herstellungskapazitäten« hätten sowie obendrein Wachstumspotenzial, wie der RND zitiert.