| Theo Dingermann |
| 04.02.2020 14:00 Uhr |
Chronische Entzündungen spielen bei einer Reihe von häufigen Erkrankungen eine wichtige Rolle. Zwei Substanzen, die in den Entzündungsprozess eingreifen, sind in der Klinik angekommen. / Foto: Adobe Stock/peterschreiber.media
Das NLRP3-Inflammasom ist ein intrazellulärer Proteinkomplex, der neben NLRP3 (Cryopyrin), das Adapterprotein ASC, die Pro-Caspase-1 und die Serin-Threoninkinase NEK7 enthält. Es gehört zum angeborenen Immunsystem und ist verantwortlich für die Initiation von Entzündungsreaktionen. Die Aktivierung des NLRP3-Inflammasoms spielt entsprechend eine wichtige Rolle bei Krankheiten, deren Pathologie ganz maßgeblich durch Entzündungsreaktionen getrieben wird. Zu diesen Erkrankungen zählen beispielsweise Arteriosklerose und Gicht. Daher gilt das Inflammasom als geeignetes Target für eine Reihe von Erkrankungen.
Die Aktivierung des Proteinkomplexes erfolgt in zwei Schritten. Zunächst wird die NF-κB-Signaltransduktion durch eine PAMP (pathogen-associated molecular patterns)- oder DAMP (danger-associated molecular patterns)-vermittelte Aktivierung des Toll-like-Rezeptors 4 (TLR4) oder des Tumornekrosefaktor-Rezeptors (TNFR) ausgelöst, was zu einer Erhöhung der Expression von NLRP3, Pro-IL-1β und Pro-IL-18 führt. In einem zweiten Schritt kommt es dann durch eine Vielzahl von Signalen zu einer indirekten Aktivierung von NLRP3, die zu einer Komplexbildung und Aktivierung von Caspase-1 führt.
Forscher des Start-ups Inflazome der University of Queensland (UQ) und des Trinity College Dublin gelang es, zwei Wirkstoffe zu entwickeln, die in diesen Prozess eingreifen. Die Leitsubstanz MCC950 (auch bekannt als CP-456.773 und CRID-3) war schon 2015 als ein Inhibitor der Interleukin-1-Freisetzung identifiziert worden. Erst kürzlich stellte sich jedoch heraus, dass die Verbindung ein wirksamer Inhibitor des NLRP3-Inflammasoms ist.
Zwei Varianten der Substanz entwickelt das junge Unternehmen: Inzomelid und Somalix. Inzomelid wurde während der International Conference on Parkinson’s & Movement Disorders im November 2019 in London der Fachöffentlichkeit vorgestellt. Hierbei handelt es sich um einen zentralgängigen NLRP3-Inhibitor, dessen Potenzial zur Blockierung einer Synuclein-Pathologie und der dopaminergen Degeneration bei der Parkinson-Krankheit getestet wird.
Somalix hingegen wird als oral verfügbarer, nicht zentralgängiger NLRP3-Inhibitor entwickelt, der zur Behandlung von entzündlichen Erkrankungen wie Arthritis und Herz-Kreislauf-Erkrankungen eingesetzt werden könnte.
Beide Substanzen werden aktuell doppelblind und randomisiert in Phase-I-Studien getestet. Diese sollen voraussichtlich im Frühjahr 2020 abgeschlossen sein.
Thomas Jung, der CMO der Firma Inflazome, kommentiert die aktuelle Entwicklung der beiden Substanzen gegenüber dem Nachrichtenportal Business Wire: »Wir freuen uns, dass unsere beiden Kandidaten, Inzomelid und Somalix, nun die Klinik erreicht haben. Damit konkretisiert sich die Hoffnung von Patienten, die an einer Reihe von Krankheiten leiden, die durch chronische Entzündungen verursacht werden«. Das Unternehmen bereite bereits Phase-II-Studien vor.
Tatsächlich besteht ein großer Bedarf an Wirkstoffen, die innovative Zielstrukturen adressieren, um den Circulus vitiosus rund um Entzündungsprozesse zu durchbrechen. Auch andere Pharmaunternehmen arbeiten an NLRP3-Inflammasom-Antagonisten. So befindet sich der Kandidat IFM-2427 von Novartis seit März 2019 in einer klinischen Phase-I-Studie.