Jod für Kopf und Kropf | 
				
		
	
		Frauen mit Kinderwunsch sollten neben Folsäure rechtzeitig auch an die Ergänzung der Nahrung mit Jod denken – das kommt der Schilddrüse zugute. / Foto: Getty Images/Albina Gavrilovic
Viele werdende Mütter zeigen Wissenslücken hinsichtlich ihres Jodbedarfs. Zu diesem Ergebnis kommt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) in einer Studie 2020, die sie im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung zur Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln in Schwangerschaft und Stillzeit durchführte. Lediglich die Hälfte der dabei befragten 966 Frauen supplementierte rechtzeitig Jod. Der Bedarf an den meisten Vitaminen und Mineralstoffen nimmt erst ab dem vierten Schwangerschaftsmonat zu und lässt sich durch eine ausgewogene Lebensmittelauswahl gewährleisten – anders aber bei Folsäure und eben Jod.
Auch die Ergebnisse der aktuellen Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland, kurz DEGS, des Robert-Koch-Instituts dokumentiert die Nachlässigkeit der Deutschen in Sachen Jodversorgung. Danach liegt die geschätzte durchschnittliche Jodzufuhr bei Frauen unter 30 Jahren mit 98 Mikrogramm am Tag deutlich unterhalb der Empfehlung. Auch die Frauen im Alter von 30 bis 39 Jahren kommen in der Studie lediglich auf 114 µg Jod und die im Alter von 40 bis 49 Jahren auf 129 µg Jod am Tag. Damit eine ausreichende Jodversorgung während der Schwangerschaft gewährleistet ist, empfehlen die DGE und der Arbeitskreis Jodmangel eine tägliche Jodzufuhr von 230 µg, davon bis 150 µg in Tablettenform. Dies gilt umso mehr, je größer der Anteil an pflanzlichen Lebensmitteln in der Ernährung ist. Vor allem jüngere Frauen sollten daher auf eine jodreiche Ernährung mit Seefisch, Meeresfrüchten, Milch und Milchprodukten, Eiern sowie Jodsalz und damit hergestellten Produkten achten.
Diese Empfehlung gilt für alle werdenden Mütter, um eine fetale Hypothyreose beziehungsweise einen Kropf zu vermeiden. Auch bei schwangeren Patientinnen mit Hashimoto-Thyreoiditis oder Morbus Basedow in Remission ist eine Jodgabe unbedenklich. Nur bei einer akuten ausgeprägten Hyperthyreose sollte kein Jod substituiert werden. Die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie fordert, bei Kinderwunsch und zu Beginn einer jeden Schwangerschaft (6./7. Woche) die Schilddrüsenfunktion kontrollieren zu lassen.
Ist die Jodversorgung nicht adäquat, kann die Schwangere ein Struma und eine Schilddrüsenunterfunktion entwickeln. Ein Jodmangel sowie Schilddrüsenfunktionsstörungen erhöhen die Gefahr von Fehlgeburten, Fehlbildungen und beeinträchtigen die kognitive Entwicklung des Ungeborenen. Bereits ein leichter Jodmangel kann zu einer verzögerten Entwicklung des Gehirns führen und den Intelligenzquotienten beeinträchtigen. Darüber hinaus sind Wachstumsverzögerungen, Hördefekte oder psycho- und feinmotorische Störungen mögliche Folgen, teilt der Arbeitskreis Jodmangel mit.
In der Schwangerschaft nimmt der Jodbedarf aufgrund einer erhöhten Jod-Clearance über die Nieren und einer gesteigerten Synthese der Schilddrüsenhormone Tetrajodthyronin (T4) und Trijodthyronin (T3) zu. Als Folge der östrogenbedingten Vermehrung des Thyroxin-bindenden-Globulins (TBG) im Serum nimmt die Bindungskapazität für Schilddrüsenhormone zu, sodass sich die Sekretion des Thyreoidea-stimulierenden Hormons (TSH) über den Regelmechanismus steigert und dadurch die Synthese von Schilddrüsenhormonen bei der Frau um 30 bis 100 Prozent zunehmen kann.
In den ersten zwölf Wochen wird vorwiegend T4 über die Plazenta aktiv zum werdenden Kind transportiert, und das HCG (Human Chorion Gonadotropin) der Plazenta stimuliert die Schilddrüse der Mutter. Ab der 12. Woche ist der Fetus vorwiegend auf das mütterliche Jod angewiesen, da nun die fetale Schilddrüse beginnt, selbst Hormone zu produzieren. Das dafür benötigte Jod wird ebenfalls aus dem Jodreservoir der Mutter bezogen.