Jens Spahn im Visier |
Alexandra Amanatidou |
09.07.2025 16:00 Uhr |
CDU-Fraktionsvorsitzender Jens Spahn gerät bei der Generaldebatte im Bundestag wegen der Maskenaffäre ins Visier. / © IMAGO/dts Nachrichtenagentur
Besondere Unruhe kam im Saal auf, als Jens Spahn (CDU) von mangelndem Vertrauen in die Politik sprach. »Es ist vor allem und zuallererst unser Auftrag für diese Regierung und für diese Koalition, Vertrauen wiederzugewinnen. Vertrauen darin, dass wir die Probleme sehen, dass wir die Probleme lösen können und lösen wollen«, so Spahn.
Da er jedoch nichts zu den Maskendeals sagte, die in den letzten Wochen durch den Bericht der Sonderermittlerin Margaretha Sudhof für hitzige Diskussionen gesorgt hatten, fragte der Linken-Abgeordnete Marcel Bauer: »Können die Menschen in diesem Land darauf vertrauen, dass die von Ihnen zu verantwortenden Schäden in Milliardenhöhe durch die Maskendeals, die Sie zu verantworten haben, dass diese finanziellen Schäden nicht dadurch ausgeglichen werden, dass gespart wird?«
Spahn hat sich bereits in Talkshows und Fernsehsendungen zur Maskenaffäre geäußert, und das tat er auch in der Generaldebatte im Bundestag. Dabei hat sich an seiner Argumentation nicht viel geändert: »Es fehlte an allem. Die Not war groß. Ärzte und Pflegekräfte brauchten Schutz«, sagte der CDU-Politiker.
»Mich begleitet die Corona-Pandemie seit fünf Jahren, jeden Tag«, sagte Spahn und fügte hinzu: »Mich beschäftigt das alles sehr. Und ja, dazu gehört auch die Debatte über Kosten und die Beschaffung.«
»Wir waren völlig unvorbereitet«, sagte Spahn mit Blick auf die Corona-Pandemie, die er als die »größte Gefahr für Leben und Gesundheit der Bevölkerung in der Geschichte der Bundesrepublik« bezeichnete.
Spahn richtete sich auch an den Grünen-Abgeordneten Janosch Dahmen, mit dem er während der Pandemie häufig telefoniert hatte. »An eines kann ich mich nicht erinnern, dass Sie jemals gesagt hätten, hören Sie auf, Masken zu kaufen, weil wir zu viele haben«, sagte der CDU-Politiker. In seiner Rede erwähnte er auch, wie viele Masken das Land während der Pandemie benötigt hatte. »Im Gegenteil. Sie, die Grünen, haben von Kriegswirtschaft gesprochen«, fügte Spahn hinzu.
Der CDU-Fraktionsvorsitzende rechtfertigte seine damaligen Entscheidungen: »Wir haben mehr bestellt, weil wir nicht wussten, trotz aller Verträge, ob und was kommen wird, weil ständig Lieferungen zugesagt waren, die nie ankamen.« Er gab jedoch auch zu, dass die damalige Regierung aus heutiger Sicht zu viel beschafft hatte.
Auch die umstrittene Enquete-Kommission erwähnte Spahn in seiner Rede. »Ich stelle mich der Verantwortung und der Debatte jeden Tag seit fünf Jahren. Die Frage ist, trotz allem Bemühen, was wir hätten besser machen können, wo Versäumnis und Schuld liegt.« Spahn fügte hinzu: »Stand heute ist dieses Land nicht viel besser auf eine Pandemie vorbereitet, als es das vor fünf Jahren war.«
Janosch Dahmen (Bündnis 90/Die Grünen) antwortete auf Spahn, der ihn in seiner Rede erwähnt hatte. Wenn Spahns Gewissen rein sei, solle er als Vorsitzender der größten Fraktion den Weg für einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss freimachen. »Um alles aufzuklären, was aufzuklären ist.« Auch Andreas Audretsch (Bündnis 90/Die Grünen) äußerte sich zu den Maskendeals. Wenn Spahn einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss zustimmen würde, »wäre das ein ehrenvolles Verhalten. Das wäre ein angemessener Umgang mit den Emotionen und den Fakten, die in dieser Corona-Pandemie tatsächlich von großer Relevanz sind.«
»Das Bürgergeld kostet uns ein paar Milliarden, aber ein Jens Spahn kostet uns auch ein paar Milliarden. Das Geld fehlt nicht, es muss nur umverteilt werden«, beklagte die Spitzenkandidatin der Linken, Heidi Reichinnek. Auch Parteichefin der Linken, Ines Schwerdtner, bezeichnete die Rede von Vertrauen als eine Farce. »Es geht darum, dass viele CDU- und CSU-Abgeordnete von dieser Pandemie profitiert haben. Und wenn Sie nichts zu verbergen haben, dann stimmen Sie dem Untersuchungsausschuss zu«, so Schwerdtner.
Der Vorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion, Tino Chrupalla, lud die Grünen ein, gemeinsam mit seiner Partei einen Antrag für einen Untersuchungsausschuss einzufordern. »Herr Spahn, da können Sie alles offenlegen (…), auch die Finanzierung Ihrer Villa mit Ihrem Ehepartner hier in Berlin« so Chrupalla. Er forderte Spahn auf, als Fraktionsvorsitzender zurückzutreten und Verantwortung zu übernehmen.
Auch bei der Befragung der Bundesregierung, bei der Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) befragt wurde, waren die Masken-Deals von Jens Spahn Thema. So fragte die Linke-Abgeordnete Tamara Mazzi, ob der Bundeskanzler den Bericht der Sonderermittlerin Margaretha Sudhof überhaupt gelesen habe. In dem Bericht ginge es laut Mazzi darum, den Schaden für die Steuerzahler gering zu halten.
»Wenn Sie wirklich darum bemüht gewesen wären, einen Bericht zu verfassen, der alle Seiten betrachtet, dann hätte sie wenigstens einmal die Gelegenheit genommen, mit Jens Spahn über diese Themen zu sprechen«, so der Bundeskanzler. Er fügte hinzu: »Allein die Tatsache, dass eine als Sonderermittlerin eingesetzte Person es nicht für richtig hält, mit dem Betroffenen zu sprechen, verletzt nach meinem Rechtsempfinden fundamentale Rechte in einem rechtsstaatlichen Verfahren, wo auch der Betroffene einmal das Recht haben sollte, gehört zu werden. Und deswegen bleibe ich bei meiner Einschätzung.«
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