Pharmazeutische Zeitung online
US-Studie

Jeder vierte Intensivpatient hat undiagnostizierte genetische Erkrankung

Genomsequenzierungen bei kritisch kranken Erwachsenen fördern in überraschend vielen Fällen klinisch relevante genetische Diagnosen zutage. Das zeigt eine Untersuchung mit Intensivpatienten aus den USA. Die Ergebnisse sprechen für eine breitere Anwendung der Testverfahren über die Pädiatrie hinaus.
Theo Dingermann
14.07.2025  14:30 Uhr

Bemerkenswerte Resultate, die zum Handeln auffordern

Die Ergebnisse waren bemerkenswert, denn bei fast einem Viertel der untersuchten Patienten (89 von 365) wurden genetische Mutationen identifiziert, die potenziell verantwortlich für die jeweilige akute Erkrankung waren. Mehr als die Hälfte dieser Patienten (44 Personen) hatten bis zur Diagnose nichts von ihrer genetischen Prädisposition gewusst. Und für 75,5 Prozent der positiv getesteten Personen hätte ein frühzeitiger Kenntnisstand zu spezifischen Therapieempfehlungen führen können, da der diagnostische Befund Gene betraf, für die medizinische Empfehlungen laut der internationalen Point-of-Care-Ressource »GeneReviews« etablierten sind.

Es wurden fast alle bekannten Mutationstypen identifiziert, darunter Missense-, Nonsense-, Splice-Erkennungs- und Frameshift-Varianten sowie große Deletionen und Kopienzahl-Varianten. Von den 187 auffälligen Varianten betrafen 76,5 Prozent Gene mit autosomal-dominanter Vererbung. Besonders hohe diagnostische Raten wurden bei pulmonalen (81,8 Prozent), vaskulären (39,1 Prozent) und renalen (36,8 Prozent) Erkrankungen beobachtet.

Hauptsächlich betroffen waren Gene wie FBN1 (Fibrillin-1), das am Marfan-Syndrom und einer Reihe von anderen Krankheiten beteiligt ist, das Gen für den Cystic Fibrosis Transmembrane Conductance Regulator (CFTR), dessen Varianten ursächlich für eine zystischen Fibrose (Mukoviszidose) sind, das Titin-Gen (TTN), dessen Varianten gefährliche Kardiomyopathien verursachen können, das Bustkrebsgen BRCA2 und das VHL-Gen, dessen Varianten das Von-Hippel-Lindau-Czermak-Syndrom verursachen.

Diese Ergebnisse unterstreichen die strukturellen Defizite in der genetischen Diagnostik erwachsener Patienten, insbesondere im akutmedizinischen Kontext.

Schwarze Patienten waren häufiger undiagnostiziert

Ein Aspekt der Studie bezog sich auch auf gesundheitliche Ungleichheiten zwischen Ethnien. Obwohl die Häufigkeit genetischer Diagnosen bei schwarzen und weißen Patienten gleich war, bestanden erhebliche Unterschiede im Vorwissen. Während bei 63 Prozent der weißen Patienten die genetische Diagnose bereits in den Krankenakten dokumentiert war, traf dies nur auf 23 Prozent der schwarzen Patienten zu.

Diese Studie stellt paradigmatisch dar, dass kritisch kranke Erwachsene – analog zur pädiatrischen Bevölkerung – ein hohes Risiko für bislang unerkannte genetische Erkrankungen tragen. Exom-basierte Diagnostik kann nicht nur Diagnosen stellen, sondern auch konkrete therapeutische Maßnahmen ermöglichen. Besonders bemerkenswert ist die hohe diagnostische Rate in einem unselektierten Patientenkollektiv ohne vorherige genetische Beratung.

Die Autoren fordern, genetische Diagnostik als standardisierte Komponente auch in der Erwachsenenmedizin zu etablieren. Neben dem Mangel an klinischen Genetikern gilt mangelndes Bewusstsein in der Allgemein- und Notfallmedizin als zentrales Hindernis für einen breiteren Einsatz. Zudem mahnen die Forschenden mehr gesundheitliche Chancengleichheit an, von der das Gesundheitssystem derzeit weit entfernt ist.

Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
SENDEN
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.

Mehr von Avoxa