Irische Apotheker sollen selbst verschreiben |
Jennifer Evans |
19.10.2023 16:00 Uhr |
Grundsätzlich gehen die Iren lieber zur Apotheke als zum Arzt. Das hat einst eine Untersuchung der Irish Pharmacy Union (IPU) ergeben. / Foto: Shutterstock/Claudine van Massenhove
Der irische Gesundheitsminister Stephen Donnelly (Liberal-Konservative Partei) hat dem Kabinett vor Kurzem einen neuen Gesetzesentwurf präsentiert. Er will den Apothekerinnen und Apothekern im Land erlauben, bestimmte Medikamente selbst zu verschreiben. Auch will er ihnen ermöglichen, die Antibabypille ohne ärztliche Verordnung abzugeben. Wie die Tageszeitung »The Irish Independent« berichtete, sollen die neuen Regelungen die Hausarztpraxen entlasten.
Derzeit dürfen die Vor-Ort-Apotheken in Irland bereits die Pille danach rezeptfrei abgeben. Die neuen Vorschläge von Donnelly sehen aber vor, dass die Pharmazeutinnen und Pharmazeuten künftig zusätzlich alle oralen Verhütungsmittel abgeben können – sofern diese Teil des sogenannten Programms für freie Verhütungsmittel sind.
Mit diesem Gesetzentwurf will der Minister seinen Kurs stärken und wie angekündigt die Apothekerschaft stärken. Darüber hinaus ist geplant, Patienten den Zugang zu weiteren Dienstleistungen zu erleichtern. Mit den Grippe-Impfungen in Offizinen hatte es seit 2011 gute Erfahrungen gegeben seit. Die Impfraten in der Bevölkerung sind seitdem deutlich gestiegen. Jetzt geht es unter anderem darum, den Apotheken noch weitere Impfungen zu ermöglichen. Dazu muss allerdings zunächst der sogenannte Irish Medicines Board Act von 1995 angepasst werden. Er fällt unter die Verantwortung der irischen Aufsichtsbehörde Health Products Regulatory Authority (HPRA), die Gesundheitsprodukte und Arzneimittel für die Human- und Veterinärmedizin reguliert.
An der rechtlichen Umsetzung arbeitet laut der Zeitung im Gesundheitsministerium bereits ein eigens dafür ins Leben gerufenes Experten-Team. Dieses befasst sich außerdem mit dem Thema »Minor Ailment Schemes«, also der Verschreibung von Präparaten, die bei kleineren Beschwerden zum Einsatz kommen. In Wales zum Beispiel ist das bereits möglich.
Mit Blick auf das zunehmende Problem der Lieferengpässe plant Donnelly darüber hinaus, die Substitutionsmöglichkeit für Arzneimittel zu erweitern. Für welche Präparate das im Ernstfall konkret gelten soll, will das Gesundheitsministerium aber selbst über eine Liste festlegen. Entsprechend muss das neue Gesetz erst den Gesundheitsminister dazu ermächtigen. Anfang Oktober hatte HPRA gemeldet, dass rund 350 Arzneimittel in Irland nicht vorrätig oder knapp sind. Zum Vergleich: Anfang des Jahres waren es noch 250 Präparate.
Die Standesvertretung, also die Irish Pharmacy Union (IPU), freut dieser Schritt der Regierung natürlich. Die Apothekerschaft habe lange für mehr Verantwortung in der Versorgung gekämpft, teilte der IPU anlässlich des Gesetzentwurfs mit. Sie erwarte nun »mit Spannung die Ergebnisse der Expertengruppe des Gesundheitsministers«.
Auch die Bevölkerung dürfte sich freuen. Die Iren sind mit ihren Offizinen nämlich sehr zufrieden und bleiben ihrer Hausapotheke auch treu. Eine IPU-Untersuchung hatte ergeben, dass 70 Prozent sogar immer zuerst mit ihrem Apotheker sprechen, bevor sie einen Termin beim Arzt vereinbaren.