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Versorgungsdaten für Nutzenbewertung

IQWiG hängt die Latte hoch

Welche Versorgungsdaten können Hersteller für die frühe Nutzenbewertung von Arzneimitteln heranziehen? Diese Frage beantwortet das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit (IQWiG) jetzt in einem Rapid Report.
Christina Müller
28.01.2020  12:36 Uhr

Mit dem Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) eine Möglichkeit für die pharmazeutischen Unternehmen geschaffen, Daten aus dem Versorgungsalltag in die frühe Nutzenbewertung einzubringen. Auf Grundlage der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), ob ein neues Medikament der Behandlung mit einer sogenannten zweckmäßigen Vergleichstherapie überlegen ist, verhandeln Hersteller und Krankenkassen den Erstattungspreis für das Mittel. Stellen müssen sich alle neu zugelassenen Wirkstoffe. Spätestens ein Jahr nach Markteinführung muss der Erstattungspreis stehen. Vorher dürfen die Hersteller den Preis selbst festlegen.

Im Auftrag des G-BA prüfte das IQWiG, wie versorgungsnahe Daten erhoben und ausgewertet werden können, um eine Quantifizierung des Zusatznutzens zu ermöglichen. Denn vor allem bei Medikamenten gegen seltene Erkrankungen und bei solchen, die ein beschleunigtes Zulassungsverfahren durchlaufen haben, ist bei Markteintritt die Datenlage oft dünn, teilt das Institut mit. In solchen Fällen sollen die pharmazeutischen Unternehmen künftig sogenannte Real-World-Evidence beim G-BA einreichen dürfen, um den Nutzen ihrer Arzneimittel zu untermauern.

In ihrem Rapid Report erteilen die Kölner Wissenschaftler dem Heranziehen von Daten aus elektronischen Patientenakten und Abrechnungsdaten der Krankenkassen eine Absage. Sie bemängeln einerseits die Qualität, andererseits die Unvollständigkeit der so zusammengetragenen Informationen. Registerdaten kommen bei den Autoren etwas besser weg. »In den vergangenen Jahren wurden Zielsetzung und Dokumentationsumfang von Registern erweitert«, sagt Thomas Kaiser, Leiter des Ressorts Arzneimittelbewertung beim IQWiG. »Insbesondere die zunehmende Dokumentation klinischer Informationen in Registern, die für die Beschreibung von Patientenpopulationen, Interventionen und Endpunkten für die Nutzenbewertung herangezogen werden können, ist in diesem Zusammenhang ein wichtiger Fortschritt.«

Hohe Qualitätsansprüche

Bei entsprechender Qualität sei die Nutzung von Registerdaten denkbar, bilanziert das IQWiG. Die Definition dieser Qualitätsansprüche dürfte die Hersteller jedoch vor Herausforderungen stellen: »Sollen versorgungsnahe Daten zum Zweck der Nutzenbewertung herangezogen werden, ist zu berücksichtigen, dass die Grundlage jeder Aussage über Effekte von Interventionen ein Vergleich ist«, schreibt das Institut. Nur so ließen sich kausale Aussagen generieren, die zwischen »nach Intervention A« und »wegen Intervention A« unterscheiden.

Darüber hinaus ist ein Vergleich laut IQWiG nur dann aussagekräftig, wenn die Startbedingungen fair sind. »Idealerweise wird die Strukturgleichheit durch Randomisierung erreicht, also die zufällige Zuordnung der Studienteilnehmer auf die beiden Studienarme.« Andernfalls gelte es, Störgrößen wie genetische Mutationen und die Schwere von Begleiterkrankungen in der Auswertung zu berücksichtigen. Da sich auch bei qualitativ hochwertigen Studien ohne Randomisierung nicht ausschließen lasse, dass unbekannte Faktoren die Ergebnisse beeinflussen, könne daher »aus vergleichenden Studien ohne Randomisierung generell auch nicht mehr als ein Anhaltspunkt für einen Effekt abgeleitet werden«.

Der Geschäftsführer Markt und Erstattung beim Verband der forschenden Pharmaunternehmen (vfa), Markus Frick, sieht mit Blick auf den Rapid Report schwarz für das Einbeziehen von Real-World-Evidence in die Bewertung von Medikamenten. »Das IQWiG kann mit seinem Vorschlag seine bekannten Vorbehalte gegen die Nutzung von Versorgungsdaten nicht überwinden«, kritisiert er in einer Mitteilung des Verbands. »Schließt sich der G-BA diesem Methodenvorschlag an, werden Versorgungsdaten künftig kaum in die Nutzenbewertung einfließen.« Das könnte Frick zufolge langfristig dafür sorgen, dass Deutschland den Anschluss an die medizinische Forschung verliert. »Denn dann wird hier buchstäblich nicht gesehen, was andernorts klar erkennbar werden kann.«

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