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Den meisten Frauen ist es unangenehm, über Beschwerden im Intimbereich zu sprechen. Eine fundierte Beratung mit geschlossenen Fragen hilft der Kundin, sich zu öffnen. / © Getty Images/ AlexanderFord
Mit dem Rückgang der Estrogenspiegel verändert sich die physiologische Umgebung im Intimbereich grundlegend – mit Auswirkungen auf die Hautbeschaffenheit, das vaginale Mikrobiom und die Anfälligkeit für Infektionen. Auch der Analbereich ist betroffen.
Der Estrogenmangel dünnt etwa die Epithelzellen der Vaginalschleimhaut aus; vor allem die Schicht der oben aufliegenden Superfizialzellen nimmt in ihrer Dicke und damit in ihrem Schutzeffekt ab. Dies bewirkt wiederum eine Drosselung der Glykogenproduktion – was den Laktobazillen jedoch eigentlich als Nährstoff dient, um Milchsäure herstellen zu können. Und klar: Mangelt es an Milchsäurebakterien, kann das saure Milieu in der Vagina nicht aufrechtgehalten werden. Erreger haben leichteres Spiel.
Postmenopausal zählt die vulvovaginale Trockenheit zu den häufigsten Beschwerden, schilderte Gynäkologin Dr. Sybille Görlitz-Novakovic bei einer Presseveranstaltung des Unternehmens Dr. Kade. »Jede zweite Frau fühlt sich in den Wechseljahren durch die vaginale Atrophie in ihrer Lebensqualität beeinträchtigt. Jucken, Brennen, ein unangenehmer Druck: Vor allem bei Reibung oder Intimitäten schilfert sich die Schleimhaut ab. Das Thema ist sehr schambesetzt. Geschlechtsverkehr ist deshalb oft nicht mehr möglich«, berichtete die Frauenärztin von ihren Erfahrungen aus der Praxis.
Eine hormonfreie Option zur lokalen Feuchtigkeitsversorgung bieten Befeuchtungscremes mit hydrophil vernetzten Polymeren wie Hyaluronsäure (wie Kadehydro® Befechtungsgel, -creme und -ovula). Sie heften sich an die Vaginalwand und hydratisieren diese. Zusätzlich enthaltene Lipide wie Jojoba- und Mandelöl beruhigen und ziehen einen pflegenden Film auf die gereizte Schleimhaut auf.
Sie eignen sich auch im Zusammenspiel mit hormonhaltigen Vaginalia. »Die Kombination von topischem, niedrig dosiertem Estriol und einem Hyaluronsäurepräparat ist eine sinnvolle Behandlungsoption, vor allem wenn die Schleimhaut in der Postmenopause sehr dünn geworden ist und wenn Geschlechtsverkehr ohne Schmerzen quasi nicht mehr möglich ist«, informierte Görlitz-Novakovic. Zumal die alleinige Estriol-Applikation zu Anfang brennt, weil die atrophierte Schleimhaut erst aufgesättigt werden muss. Befeuchtende Zubereitungen können diese Phase gut überbrücken. Ohnehin sei die Behandlung der Scheidentrockenheit eine lebenslange Therapie. »Denn während sich sämtliche Wechseljahresbeschwerden bessern und ganz aufhören, bleiben solche des Urogenitalbereichs bestehen.«
Das austarierte Milchsäurebakterien-Ökosystem der Vaginalschleimhaut stellt gewissermaßen eine Keimbarriere zum Schutz vor Infektionen dar. Das bedeutet im Umkehrschluss: Eine dysbiotische Vaginalflora aufgrund des Estrogenmangels ist mit einem erhöhten Risiko für bakterielle Vaginosen, Pilzinfektionen und Blasenentzündungen assoziiert.
»Weil sich die Schleimhaut nicht nur im Vaginalbereich verändert, sondern auch im unteren Harntrakt um den Eingang der Harnröhre, ist auch die Bezeichnung vom urogenitalen Menopausensyndrom gebräuchlich«, informierte die Expertin. Daraus erwachsen neue Beschwerden für die Frauen: Schmerzen beim Urinieren, gesteigerter Harndrang, häufigere Toilettengänge. Die trockene Schleimhaut verursache Reizblasen-ähnliche Symptome. Gleichwohl mache es die anatomische Nähe den Bakterien - allen voran Escherichia coli aus dem Analbereich - leicht, in die Scheide zu gelangen. Bei einem erhöhten pH-Wert könnten diese sich dann leichter vermehren und bis in die Harnwege aufsteigen, wo sie dann Beschwerden verursachen.
Auch Vaginalmykosen sind bei Frauen im Klimakterium häufige Bekannte. Kein Wunder: Zwar gehören Hefepilze vom Typ Candida in geringer Menge zur natürlichen Scheidenflora. Doch wenn durch die sinkenden Estrogenspiegel die Laktobazillen-Besiedlung abnimmt, schafft das gute Bedingungen für die Ausbreitung von Candida albicans. Typisches Symptom ist der zum Teil unerträgliche Juckreiz.
Bewährter Wirkstoff und weltweit zur Standardtherapie eingesetzt ist Clotrimazol, am besten in Form einer Kombinationstherapie bestehend aus Vaginaltabletten oder -ovula plus Vaginalcreme. Möglich ist eine Drei-Tage-Kombitherapie etwa mit 2-prozentiger Creme (wie KadeFungin® 3 Kombi mit 3x200 mg Clotrimazol Vaginaltabletten, Vagisan® Myko Kombi 3 Tage mit Vaginalzäpfchen). Bei einer Ein-Tages-Therapie (zum Beispiel Vagisan® Myko Kombi, Canesten® Gyn Once) ist die Vaginaltablette mit 500 mg Clotrimazol höher dosiert als bei der Drei-Tage-Therapie. Die Creme muss in jedem Fall länger für ein bis zwei Wochen appliziert werden, um gute Ergebnisse zu erzielen.
Bei wiederkehrenden Candidosen empfiehlt es sich, im Anschluss an die Akuttherapie die Scheidenflora wieder zu stabilisieren. Vaginaltherapeutika mit Milchsäure oder Lactobacillus-Kulturen (wie Kadeflora® Milchsäurekur, Vagisan® Probioflora Hartkapseln, Symbiovag® Lactat Vaginalzäpfchen) bauen das vaginale Ökosystem wieder auf. Auch oral einzunehmende Probiotika sind im Handel (wie Kadeflora® Milchsäurebakterien mit Biotin, Symbiolact® Plus).
Auch die Analregion leidet unter den sinkenden Estrogenspiegeln, schilderte Proktologin Dr. Gabriela Popovich aus Berlin bei der Pressekonferenz. »In Phasen hormoneller Veränderung kann die Widerstandsfähigkeit und Feuchtigkeit im Analkanal und perianal abnehmen. Denn auch in dieser Region sitzen an den Gefäßen und Schleimhäuten estrogenabhängige Hormonrezeptoren.«
Ein höheres Körpergewicht – im Schnitt nehmen Frauen zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr 10 Kilogramm zu – sorgt überdies für mehr Druck auf Darm und Beckenboden. »Obstipation ist in dieser Lebensphase keine Seltenheit, genauso wie vergrößerte Hämorrhoiden oder Analvenenthrombosen«, so die Expertin. Frauen, die in der Vergangenheit ein Ereignis mit Humanen Papillomaviren (HPV) am Muttermund oder Gebärmutterhals hatten, empfiehlt Popovich den Gang zum Proktologen. »HPV scheint sich im Enddarm sehr wohlzufühlen, die Karzinomrate ist erhöht. Dem gilt es vorzubeugen.«
Hämorrhoidalleiden gehen mit mehreren Beschwerden einher. »Juckreiz, Brennen, ein Gefühl der unvollständigen Entleerung, Nässen, Stuhlschmieren, Blutungen und ein Druck- sowie Fremdkörpergefühl – und zwar in dieser Reihenfolge – sind die häufigsten Symptome«, informierte die Expertin. 90 Prozent der Patienten würden unabhängig vom Stadium ihres Hämorrhoidalleidens mit einer konservativen Therapie symptomfrei, schätzte sie. Aber: »Wenn Beschwerden nach einer kurzen Zeit der Selbstmedikation nicht verschwinden oder immer wieder erneut auftreten, sollte das Apothekenpersonal an den Arzt verweisen. Blutungen und deutliche Schmerzen sind in jedem Fall ärztlich abzuklären.«
Zur gezielten Linderung akuter Beschwerden wie Juckreiz, Brennen und Schmerzen beim Toilettengang eignet sich eine Rektalsalbe mit einem Lokalanästhetikum wie Lidocain (wie Posterisan® akut) oder Quinisocain (wie Haenal® akut). Sie erzielen eine schnelle Schmerzlinderung innerhalb von 30 Minuten im Analbereich während der Akutphase und können bis zu drei Tage lang angewendet werden.
Bei Nässen und Brennen als Hauptbeschwerden sind Adstringenzien eine gute Wahl. Sie wirken austrocknend, schwach blutungsstillend und entzündungshemmend. Dabei die größte Bedeutung haben Zubereitungen mit Gerbstoff-haltigen Drogenauszügen wie aus den Blättern und der Rinde der virginianischen Zaubernuss Hamamelis (wie Faktu® lind, Hametum®) oder mit basischem Bismutgallat (wie Mastu®). Adstringenzien können in sowie nach der Akutphase zur Behandlung bis zu vier Wochen lang angewendet werden.
Zur Prophylaxe von erneut auftretenden Hämorrhoidalsymptomen und zur Pflege des Analbereichs hat sich eine Schutzsalbe mit Jojobawachs, Cetiol und Bienenwachs (wie Posterisan® protect) bewährt. Sie legt sich wie ein wasserabweisender Schutzmantel über die empfindliche Analregion. Tipp: Vor dem Stuhlaufgang aufgetragen, erleichtert sie die Darmentleerung bei hartem Stuhl oder Reizungen.
Eher pflanzliche Arzneimittel und Analgetika, bevor Antibiotika zum Einsatz kommen: Gemäß der kürzlich überarbeiteten S3-Leitlinie zu unkomplizierten Harnwegsinfekten gewinnen Antibiotika-Alternativen an Bedeutung – das stärkt die Beratungskompetenz des Apothekenteams.
Die Verschiebung in den Empfehlungen zugunsten der rein symptomatischen Therapieoptionen basiert auf den Ergebnissen einer Reihe von Studien. Unter den pflanzlichen Präparaten werden solche mit Bärentraube (Uva Ursi, etwa Cystinol® akut) und die Dreierkombination aus Liebstöckel, Rosmarin und Tausendgüldenkraut (BNO 1045; Anmerkung der Redaktion: entspricht den Präparaten Canephron® N und Canephron® uno) aufgrund ihrer guten Studienergebnisse gesondert aufgeführt. Die Leitlinienautoren betonen bei den Phytopharmaka die »Produktspezifität«, was die vorliegenden Studiendaten und den jeweiligen Empfehlungsgrad betrifft.
Über alle Studien hinweg ergab sich eine Antibiotika-Einsparung von 63 Prozent. Bei Bärentraubenblättern waren es 64 Prozent und bei BNO 1045 sogar 84 Prozent. Bei der Verwendung von Ibuprofen war dies bei 67, 65 beziehungsweise 53 Prozent der Studienteilnehmer der Fall und bei Diclofenac bei 37 Prozent.
Bei Frauen in der Postmenopause sprechen sich die Leitlinienautoren für eine Stärkung des Vaginalmilieus mittels Milchsäurebakterien und einer topischen Estrogen-Gabe aus.