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Pharmaforschung

Innovationsflaute bei Psychopharmaka

Warum hat es schon lange keine echte Innovation bei den Psychopharmaka mehr gegeben? Und kommt da noch was? Diesen Fragen ging Professor Dr. Tom Bschor, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie aus Berlin, beim Fortbildungswochenende der Apothekerkammer Sachsen-Anhalt in Wernigerode nach.
Wiebke Gaaz
17.04.2024  16:30 Uhr

Das psychopharmakologische Gründerjahrzehnt begann im Jahr 1949, als John Cade die Wirkung von Lithium bei akuter Manie entdeckte, berichtete Professor Dr. Tom Bschor, Leiter und Koordinator der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung am Bundesministerium für Gesundheit. Die folgenden Jahre seien von zahlreichen Entdeckungen geprägt gewesen, etwa Chlorpromazin, Methylphenidat, Haloperidol und das erste Benzodiazepin Chlordiazepoxid. Diese Wirkstoffklasse sei trotz des Abhängigkeitspotenzials ein unverzichtbarer Bestandteil in der Psychiatrie. »Die Euphorie war groß, und man hoffte, dass psychische Probleme nun verschwinden würden«, sagte Bschor.

Im Jahr 1972 kam Clozapin dazu, das in seiner Wirksamkeit bei Psychosen bis heute unübertroffen sei. »Clozapin rettet Leben«, so Bschor, das zeigten große Metaanalysen aus Finnland, die harte Endpunkte wie die Mortalität untersucht haben.

Dass danach nicht mehr viel nachkam, hätte aber nicht daran gelegen, dass alle Bedürfnisse der Behandler mit den verfügbaren Wirkstoffen befriedigt gewesen wären, sagte Bschor. Im Gegenteil, sie wünschten sich beispielsweise eine höhere Responserate bei den Antidepressiva oder eine Behandlungsoption für die Borderline-Persönlichkeitsstörung. Das Craving bei Alkoholabhängigkeit und die Alzheimer-Demenz seien weitere ungedeckte Bedarfe, für die sich Psychiater Therapiemöglichkeiten wünschen.

Was ermöglichte damals den Entwicklungsboom?

Zum einen waren es der Forscherdrang und die Experimentierfreude, und es gab wenig rechtliche und administrative Vorgaben. Bei den damals schwer kranken Menschen konnten wirksame Substanzen leichter erkannt werden, erklärte Bschor. Zudem gab es keine ethischen Standards und ein Problem- und Risikobewusstsein fehlte. Das förderte Zufallsentdeckungen und führte zu einer Art »Goldgräberstimmung«.

Warum erfolgt die Forschung heutzutage eher träge? Heutzutage sei die Forschung fast vollständig in ökonomische Zusammenhänge eingebunden, was die Entwicklung von Me-too-Präparaten in Form von Enantiomeren (zum Beispiel Escitalopram) oder erste Metaboliten (zum Beispiel Paliperidon) fördere. Das vor kurzem zugelassene Esketamin als Nasenspray bei Depression sei zwar ein neues Anwendungsgebiet, als echte Innovation sei es aber nicht zu bezeichnen.

Bschor hält bahnbrechende Entwicklungen in den nächsten Jahren deswegen für eher unwahrscheinlich. »Das Gehirn ist ein komplexes und schwer zu untersuchendes Organ, und geeignete Tiermodelle fehlen.« Die Hoffnungsträger Genetik und funktionelle Bildgebung und andere biologische Methoden enttäuschten. Sie hätten keinen nennenswerten Einfluss auf die klinische Praxis oder auf Leitlinien. Universitäten sollten sich beispielsweise auf Substanzen konzentrieren, die nicht von der Industrie beforscht werden.

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