Influenza und Pertussis mal anders |
Junior und Senior gehören zu den Risikogruppen für schwere Atemwegsinfektionen. Bei beiden können die Symptome atypisch verlaufen. / © Getty Images/Halfpoint Images
Bei Säuglingen und Kleinkindern präsentiert sich eine Influenza oft atypisch. Da gehören nicht immer hohes Fieber bis 41 °C neben Atemwegsbeschwerden und einem schweren Krankheitsgefühl zu den typischen Leitsymptomen. Kleine Patienten reagieren neben Husten und Atemnot oft mit Durchfall und Erbrechen. »Kinder reagieren auf Infektionskrankheiten oft anders als Erwachsene, haben häufig Allgemeinsymptome wie Bauchbeschwerden. Bei ihnen reagiert das ganze Immunsystem, das zu 80 Prozent im Bauchraum liegt«, erklärte Kinder- und Jugendarzt Dr. Ulrich Enzel aus Baden-Württemberg gegenüber der PZ.
Die Kinder erkranken mitunter ungleich heftiger an Influenza. Der geringe Durchmesser der Atemwege führt dazu, dass die Infektion den Luftaustausch stärker behindert als bei Erwachsenen. »Otitis media und die Beteiligung der Lunge gehören bei der Hälfte der Kinder zur Diagnose. Bei älteren Leuten steht eher eine Entzündung der Atemwege im Vordergrund«, informierte Enzel, der Apothekerschaft von zahlreichen Fortbildungen bekannt. »Das höchste Risiko für Influenza-assoziierte Komplikationen haben Kinder unter fünf Jahren.«
So sind Sekundärpneumonien keine Seltenheit. Eltern können eine Lungenentzündung bei Säuglingen und Kleinkindern manchmal auch daran erkennen, dass sich beim Atmen die Haut zwischen den Rippen sichtbar einzieht. Auch wenn sich die Nasenflügel deutlich auf- und abbewegen, spricht das für massive Schwierigkeiten bei der Atmung.
Eine Influenza bahnt sich für gewöhnlich nicht langsam den Weg, sondern ist fulminant da - mit hohem Fieber, Husten, starken Muskel- und/oder Kopfschmerzen. Nicht unbedingt so bei älteren Menschen. Bei ihnen ist der Krankheitsverlauf schleichend, zumindest der Beginn auch oft afebril. Oft äußert sich eine Grippe bei ihnen nur mit akuter Verwirrtheit und allgemeiner Schwäche.
Unter Delir wird eine Störung der Aufmerksamkeit und des Bewusstseins verstanden, wobei weitere kognitive Domänen wie Gedächtnis, Orientierung oder Sprache zusätzlich betroffen sein können. Der Zustand beginne spontan. »Im Krankenhaus ist es ein typisches Anzeichen, wenn der Patient ganz still in seinem Bett liegt. Delir ist immer die Konsequenz einer anderen Erkrankung«, informierte Professor Dr. Roland Hardt, Zentrum für Allgemeinmedizin und Geriatrie an der Universitätsklinik Mainz, bei einer Pressekonferenz des Unternehmens Schwabe.
»Verwirrtheitszustände können Anlass für Fehl- oder verspätete Diagnosen sein, was wiederum kompliziertere Verläufe zur Folge hat.« Grund sei die etwa ab 50 Jahren einsetzende Immunseneszenz, altersbedingte Gefäßveränderungen sowie abnehmende Kompensationsmechanismen. Paradoxerweise haben ältere Menschen eine deutlich schwerere Krankheitslast mit höherer Hospitalisierungsrate als Jüngere, obwohl die Symptome weniger werden.
Atypisch verläuft bei Erwachsenen auch ein Keuchhusten. »Das Typische einer Pertussis im Erwachsenenalter ist, dass die Betroffenen nicht keuchen. Das tun nur die Kinder im Alter bis etwa 8 Jahre«, weiß der niedergelassene Mediziner Enzel. Im Grunde sei bei jedem Husten, der länger als 14 Tage andauert und nur wenig Auswurf hat, an Pertussis zu denken. In der Tat haben nach der Pandemie die Zahlen sowohl an klassischen als auch an atypischen Keuchhusten-Fällen zugenommen. Gegen Bordetella parapertussis ist der Impfstoff nicht wirksam.