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Politik kostet Millionen

02.12.2002  00:00 Uhr
Bayer

Politik kostet Millionen

von Christian Hertel, Düsseldorf

Die Gesundheitspolitik der Bundesregierung wird auch bei der Bayer AG zu Umsatzeinbußen führen. Es sei zu befürchten, dass dies mit einem zweistelligen Millionen-Euro-Betrag zu Buche schlagen werde, sagte der Leiter der Bayer-Division Pharma, Wolfgang Plischke.

Zu den Hoffnungsträgern der Pharmasparte gehöre neben dem Potenzmittel Levitra eine neue Darreichung von Ciprobay Plischke äußerte die Zuversicht, dass Bayer das Antibiotikum nach Ablauf des US-Patents noch ein halbes Jahr lang exklusiv vermarkten könne. Die Produktion des Blutgerinners Kogenate werde möglicherweise noch 2002 wieder die volle Kapazität erreichen.

Volle Deckungsbeiträge fehlen

Der von der Bundesregierung festgelegte Rabatt von 6 Prozent auf Medikamente für gesetzliche Krankenkassen werde bei Bayer zusammen mit Parallelimporten und Festbetragsregelung einen zweistelligen Millionen-Euro-Betrag ausmachen, sagte Plischke. „Das ist schon ein dramatischer Effekt, denn mit den Umsätzen fehlen auch die vollen Deckungsbeiträge.“ Ein besonderes Problem sei die so genannte Positivliste. Diese komme bei Arzneien wie dem Diabetespräparat Glucobay einer therapeutischen Unterlassung gleich, weil Medikamente mit nachweisbar einzigartigen Vorzügen dann nicht mehr verschrieben werden können, so Plischke.

Große Fortschritte habe Bayer indes beim Blutgerinnungspräparat Kogenate gemacht. Das Ziel, die Produktion 2002 wieder auf 80 Prozent hochzufahren, werde auf jeden Fall überschritten. Möglicherweise noch in diesem Jahr, spätestens aber 2003 werde Bayer hier wieder ganz auf dem Niveau des Jahres 2000 sein. Bayer hatte die Produktion wegen Beanstandungen der US-Zulassungsbehörde FDA stark zurückfahren müssen, was 2001 zu einer Ergebnisbelastung von 500 Millionen Euro führte. In den ersten neun Monaten dieses Jahres ist der Kogenate-Umsatz wieder um 90 Prozent auf 272 Millionen Euro gestiegen.

Beim neuen Potenzmittel Levitra laufe die Produktion auf vollen Touren, sagte Plischke. Er bekräftigte, dass das Präparat noch im ersten Halbjahr 2003 auf den europäischen Markt kommen solle. Dies werde sofort nach Eingang der erforderlichen Zulassung geschehen. In den USA rechne Bayer weiter mit einer Zulassung im zweiten Halbjahr 2003. Bei der im Oktober vom Konkurrenten Pfizer eingereichten Patentklage habe er ein „gutes Gefühl“, so Plischke. Er gehe davon aus, dass der Viagra-Produzent mit diesem Vorstoß in den USA ebenso scheitern werde wie zuvor schon in Europa.

Das angepeilte Umsatzvolumen von mehr als 1 Milliarde Euro werde Levitra auch dann erreichen, falls das ebenfalls vor der Zulassung stehende Medikament Cialis von Eli Lilly noch etwas früher auf den Markt kommen sollte, sagte der Divisionsleiter. Der Zeitvorsprung bei der Zulassung werde ohnehin nicht groß sein – unabhängig davon, ob nun Levitra oder Cialis zuerst zum Zuge komme. Zum geplanten Preis für Levitra machte er noch keine Angaben, da dieser noch nicht endgültig festgelegt sei.

„Sehr zuversichtlich“ sei er hinsichtlich einer Verlängerung der exklusiven Vermarktungsrechte für das Breitbandantibiotikum Ciprobay in den USA, sagte Plischke. Mit einer Erteilung des „pädiatrischen Schutzes“ für die Anwendung bei Kindern sei aber erst Ende 2003 zu rechnen, also kurz vor Ablauf des Patents. Zudem sei die Zulassung einer täglichen Einmaldosierung bei Harnwegsinfektionen beantragt.

Ciprobay ist derzeit das umsatzstärkste HealthCare-Produkt von Bayer. In den ersten neun Monaten 2002 sind die Umsätze weltweit zwar um 9 Prozent auf 1,1 Milliarden Euro zurückgegangen. Allerdings waren die Erlöse im Vorjahr nach den Milzbrand-Anschlägen stark gestiegen. Entscheidend sei, dass Cipro in den USA immer noch auf einem ähnlichen Niveau liege wie im Jahr 2000.

Bayer weltweit auf Platz 16

Zur Suche nach einem strategischen Partner für die Pharmasparte machte Plischke keine neuen Angaben. Im Oktober war Vorstandsvorsitzender Werner Wenning von dem Anspruch abgerückt, dabei die Mehrheit zu behalten. Derzeit rangiert Bayer unter den Pharmakonzernen weltweit auf Platz 16. Die bisher höchste Position hatte das Unternehmen 1988 mit Platz sechs erreicht, und zwar dank der Einführung von Cipro. Die Schwierigkeiten, mit denen Bayer jetzt im Pharmageschäft zu kämpfen habe, seien fast ausschließlich auf den Rückzug des Cholesterinsenkers Lipobay im vergangenen Jahr zurückzuführen, sagte Plischke. Hausgemachte Probleme habe Bayer sich nicht vorzuwerfen.

Bei der Restrukturierung der Sparte liege der Konzern voll im Plan, führte Plischke aus. Zu den im Frühjahr angekündigten Einsparungen von 400 Millionen Euro bis Ende 2004 seien weitere 200 Millionen Euro hinzugekommen, überwiegend bei Forschung und Entwicklung (F&E).

Mit einem geplanten Anteil der F&E-Kosten von weniger als 20 Prozent vom Umsatz liege Bayer aber immer noch im Durchschnitt der forschenden Arzneimittelhersteller. Dass diese Einsparungen die Zukunft der Pharmasparte beeinträchtigen könnten, sei deshalb nicht anzunehmen. „Wir werden genügend Wachstumspotenzial für die kommenden zehn bis 15 Jahre schaffen“, versprach der Divisionsleiter. Top

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