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DocMorris sieht sich im Aufwind

27.09.2004  00:00 Uhr
Versandhandel

DocMorris sieht sich im Aufwind

PZ/dpa  Das Urteil zum grenzüberschreitenden Handel mit Medikamenten hat der niederländischen Versandapotheke DocMorris starken Rückenwind verschafft.

In den letzten Tagen sei der Umsatz um rund 50 Prozent gestiegen, sagte Geschäftsführer Ralf Däinghaus am Freitag. Nach dem Urteil des Oberlandesgerichts Hamm darf DocMorris verschreibungspflichtige Medikamente in Deutschland deutlich unter dem vorgeschriebenen Preis verkaufen.

„Die Kunden wissen jetzt, es ist erlaubt, was DocMorris da tut“, sagte Däinghaus in Heerlen bei Aachen. 80 Prozent der Kunden sind Deutsche. In den letzten Jahren hatte es Klagen gegen den Billiganbieter gegeben. Dadurch sei DocMorris beim Verbraucher in die Grauzone geraten. Viele dieser Bedenken seien offensichtlich ausgeräumt. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Urteils hatten die Hammer Richter Revision zugelassen.

Das Geschäftsjahr 2004 laufe besser als geplant, sagte Däinghaus. Für 2004 hatte das Unternehmen mit 300 Beschäftigten einen Umsatz von 140 Millionen Euro angekündigt. Zum Gewinn wurden keine Angaben gemacht. Bis zum Jahresende sollen Verhandlungen mit neuen Investoren abgeschlossen sein: „Wir kommen in großen Siebenmeilenschritten voran“, sagte Däinghaus. Die Kapitalgeber Technonord aus Hamburg und die Beteiligungsgesellschaft 3i hatten ihren Ausstieg angekündigt.

 

Kommentar: Die Reinkarnation von Möllemann Die Eigentümer von DocMorris sind nicht zu beneiden. Seit Monaten sind sie verzweifelt bemüht, die niederländische Versandapotheke los zu werden. Erfolglos.

Das Unternehmen steht auf tönernen Füßen oder ist einfach zu gesund und damit zu teuer. Zu diesem Schluss muss man jedenfalls kommen, wenn man die Verlautbarungen von Miteigentümer und Geschäftsführer Ralf Däinghaus verfolgt.

Nur zwei Tage nach dem Urteil des OLG Hamm lässt der smarte Kaufmann Deutschlands Arzneimittelbezugsberechtigte wissen: Mir geht es gut, ich krieg’s kaum geschafft. Mein Umsatz erhöht sich und wächst und wächst und wächst.

Dass DocMorris mit der immerselben Nachricht seinen Platz in den Medien findet, ist auf der einen Seite unerträglich, auf der anderen Seite aber ein sicheres Zeichen dafür, dass diese Nachricht als mediales Angebot auf eine Nachfrage trifft, die längst nicht gesättigt ist. Arzneiversand interessiert eine bestimmte Zielgruppe – ob sie das Angebot nutzt oder nicht.

Und so toben sich all die Versandhändler dieser Tage aus in der Schlacht um die Schlagzeile, wer denn nun am schnellsten wächst. Jedenfalls wachsen die Damen und Herren oft nicht innerhalb, sondern jenseits der deutschen Grenzen. Aber so ganz genau will das hier zu Lande längst niemand mehr wissen. In Zeiten von Hartz wer-weiß-wieviel und Reform Nummer so-und-soviel interessiert es längst keinen mehr, wer gerade was erzählt.

Ist DocMorris drin, wenn DocMorris draufsteht? Keine Ahnung. Denn alles jenseits irgendwelcher Umsatz- und Wachstumszahlen bleibt im Verborgenen. Ob die Niederländer Gewinn machen? Keine Auskunft. Feste betriebswirtschaftliche Kennzahlen? Geschäftsgeheimnis. Fakten? Wozu?

Rückt man den Tatsachen zu Leibe, dann bleibt wenig übrig von der Schärfe jugendlichen Kraftmeierei. Denn seit Monaten bieten die Großeigentümer den Versandhändler auf dem Markt an wie sauer Bier. All die großen Investoren, die angeblich Schlange stehen – und das laut Däinghaus seit weit mehr als einem Jahr – haben abgewiegelt.

Nachdem ein Sprecher der Investoren der PZ kurz nach Jahresbeginn über geäußert hatte, bis spätestens Sommer 2004 werde es neue Großeigentümer geben, vertröstet man sich und diejenigen, die DocMorris immer noch irgendwie interessiert, dass es Anfang nächsten Jahres zur Investoren-Rochade kommen wird. Vielleicht. Mal schaun.

Hoffentlich ist es bald soweit. Denn dann kann uns Deutschlands größte nicht-deutsche – aber irgendwie dann doch – Versandhandels-Internet-Apotheke endlich wieder mit Fakten behelligen.

Däinghaus blendet und lenkt ab: Von den Fakten, die er nicht preis geben will. Weil sie nicht so positiv sind, wie er glauben machen will?

Der Mann erinnert an den Liberalen Jürgen Möllemann. Das PR-Genie hatte es auch ohne irgendeinen Inhalt immer wieder dazu gebracht, dass über ihn berichtet und über ihn gesprochen wird. Morgens um sechs rief er in den Nachrichten-Redaktionen an und bot ein paar deftige Sätze zu diesem oder jenem Thema an. Die Redakteure griffen dankbar zu. Möllemann war immer für eine Nachricht gut. Das eigentliche Thema aber war immer nur eines: Möllemann.

Däinghaus funktioniert nicht anders, und mit ihm DocMorris: Die einzige Leistung ist eine logistische; die ist weder interessant und auch kein Meisterstück. Aber verpackt von Däinghaus in DocMorris wird’s plötzlich interessant für die Medien und für viele andere auch. Ob Mönters Sanicare aus Bad Laer oder all die anderen Versender, die aus dem Boden schießen: Sie bleiben im Schatten von DocMorris.

Und so wird uns Däinghaus als Reinkarnation des PR-Genies Möllemann noch lange erhalten bleiben. Dazu braucht es nur eine ganze Menge von dem, was die jüngste Agentur-Meldung für ihre Überschrift nutzte: Aufwind.

Thomas Bellartz
Leiter der Hauptstadtredaktion

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