Größe verbessert die Chancen |
08.09.2003 00:00 Uhr |
Die Gesundheitsreform wird die Apothekenlandschaft verändern. Mit der Erlaubnis des Versandhandels, der begrenzten Zulassung des Mehrbesitzes und der integrierten Versorgung steigt das Interesse großer Unternehmen am Arzneimittelmarkt. Auch der Pharmagroßhandel positioniert sich neu. Für Einzelkämpfer unter den Apothekern werden die Zeiten schwieriger.
Um gegen größere Konkurrenten bestehen zu können, setzen immer mehr Apotheker auf die Zusammenarbeit mit Kollegen. Einige Experten halten solche Kooperationen für existenziell notwendig. „Alleine wird die Apotheke gegenüber neuen, aggressiveren Wettbewerbern keine Chance haben“, sagte Professor Dr. Burkhard Strobel von der Fachhochschule Worms auf einer Veranstaltung des Apothekerverbandes Nordrhein in Düsseldorf. Kooperationen seien dringen notwendig.
Allerdings ist nicht jede Kooperationsform für jeden Apotheker gleich gut geeignet. Im Spektrum zwischen Erfa-Gruppe und freiwilliger Apothekenkette sollten sich Apotheker darüber im klaren sein, welche Leistungen sie von einem Zusammenschluss erwarten und wie viel Selbstständigkeit sie dafür abgeben wollen. Denn eines ist klar: Wer sich in einer Kooperation wie einer Marketinggemeinschaft oder einem Einkaufsverbund engagiert, der muss einen Teil seiner Eigenständigkeit aufgeben.
Die geringsten persönlichen Einschränkungen erfordert eine Erfa-Gruppe. Sie haben in der Apothekerschaft eine lange Tradition und sind dementsprechend häufig.
Aus diesen Erfa-Gruppen haben sich in den vergangenen Jahren intensivere Formen der Zusammenarbeit entwickelt, etwa Marketinggemeinschaften wie die Parmapharm oder die MVDA. Mit mehr als 2000 Apothekenleitern ist die MVDA der größte Zusammenschluss.
Noch intensivere Formen der Zusammenarbeit sind laut Strobel der Einkaufsverbund und die freiwillige Kette selbstständiger Apotheker. Solche Zusammenschlüsse erreichen eine weitaus größere Marktmacht als einzelne Apotheken, außerdem können sie ein einheitliches Dienstleistungsspektrum für alle Mitglieder entwickeln. Apotheker, die sich an einer solchen Kooperation beteiligen, müssen sich in der Regel allerdings sowohl im Angebot als auch bei der Gestaltung ihrer Offizin nach den Vorgaben der Kooperation richten.
Die engste Form der Kooperation, so Strobel, sei das Franchise. Hierbei müsse der Apotheker seine Selbstständigkeit aufgeben. Auch nach der Liberalisierung des Mehrbesitzes sei Franchise verboten, da dabei eine Apothekenkette entstehe.
Verträge unterm Dach der Verbände
Durchaus konfliktträchtig ist das Verhältnis zwischen großen Kooperationen und Landesapothekerverbänden (LAV). Zwar handelt es sich bei diesen im Prinzip um die älteste Form der Kooperation unter Apothekern, einige Zusammenschlüsse neueren Datums sehen sich aber durchaus in Konkurrenz zu den Verbänden.
Der stellvertretende Vorsitzende des Apothekerverbandes (AV) Nordrhein hält von innerberuflichen Verteilungskämpfen allerdings wenig. Er sieht die Verbände als Dienstleister für alle selbstständigen Apotheker unabhängig davon, ob sie in einer Kooperation oder als Einzelkämpfer ihr Glück suchen. Auch für Kooperationen sei die Vertragsmacht der Verbände ein Vorteil. Sie sollten ihre speziellen Verträge unter dem Dach des Verbandes aushandeln. Der Erfolg von Apoquick in der Hilfsmittelversorgung zeige, dass Verbände auch für eine Teilgruppe ihrer Mitglieder arbeiten können.
Ohnehin sind die Verbände beim Thema Kooperationen nicht untätig. Der im August vom Deutschen Apothekerverband (DAV) gegründete Hausapothekenverband dürfte eine der größten Kooperationen in Deutschland werden. Mit dem Hausapothekenverband verabschieden sich DAV und Landesverbände von dem Grundsatz, dass ein von ihnen mit einer Krankenkasse abgeschlossener Vertrag automatisch für alle Mitglieder gilt. Die Apotheker müssen der Vereinbarung beitreten, wenn sie die entsprechenden Anforderungen erfüllen. Im Gegensatz zu Kooperationen außerhalb der Verbände haben sie aber auch das Recht zum Beitritt, sofern sie die Aufnahmebedingungen erfüllen.
Gemeinsame Ziele
Angesichts der starken Einflussnahme der Kooperation sollten Apotheker genau prüfen, mit wem sie in welcher Intensität zusammenarbeiten wollen. „Das Ziel der Apotheke und der Kooperation müssen übereinstimmen“, nennt Apothekenberater Klaus Hölzel die Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Zusammenarbeit. Für einen Zeitraum von mindestens drei bis fünf Jahren müssten dich die teilnehmenden Apotheken auf ein gemeinsames Leistungsangebot einigen können.
Jeder Apothekenleiter müsse sich vorab fragen, ob die
Kooperationszentrale tatsächlich fähig ist, der eigenen Apotheke zu helfen
und ihre ökonomischen Rahmenbedingungen zu verbessern. Im Gegensatz zu
Strobel, der auch lokale Kooperationen für sinnvoll hält, glaubt Hölzel,
dass nur die überregionalen Zusammenschlüsse langfristig bestehen können.
Nur sie wären noch konkurrenzfähig, falls das Fremdbesitzverbot fällt.
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