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Biotech-Hersteller unterschätzen zentrales Zulassungsverfahren

19.07.1999  00:00 Uhr

-Wirtschaft & HandelGovi-Verlag

Biotech-Hersteller unterschätzen zentrales Zulassungsverfahren

von Arndt Striegler, London

Jeder dritte bei der European Medicines Evaluation Agency (EMEA) eingehender Arzneimittel-Zulassungsantrag führt nicht zu einer Marktzulassung. Zumeist ist es der Antragsteller, der die Unterlagen zurückzieht, um einer Ablehnung durch die Londoner Agentur zuvorzukommen. Wie der Leiter der EMEA, Fernand Sauer, bei einem Gespräch mit Journalisten in London sagte, unterschätzten vor allem Biotech-Hersteller die Tücken des europäischen Zulassungsverfahrens.

Seit die EMEA vor rund fünf Jahren ihre Arbeit aufnahm, wurden laut Sauer 35 Zulassungsanträge vom Hersteller zurück gezogen. "Es ist leider eine Tatsache", so Sauer, "daß Biotechhersteller oftmals die Schwierigkeiten unterschätzen, die die europaweite Zulassung mit sich bringt." Sie würden nicht ausreichend die Wirksamkeit ihrer der Präparate belegen. In solchen Fällen werde den Herstellern nahegelegt, den Antrag zurückzuziehen. So wird die Ablehnung seitens des Spezialitätenausschusses(CPMP) und damit ein Public Relation Desaster vermieden.

Oberstes Gebot der EMEA sei schließlich, die öffentliche Gesundheit innerhalb der Europäischen Union zu schützen. "Wenn das teilweise nicht mit den Interessen der pharmazeutischen Industrie übereinstimmt, dann muß ich das hinnehmen", so Sauer. Das Internet und die EMEA-Webpage hätten einen erheblichen Beitrag geleistet, um die Entscheidungsvorgänge innerhalb der rund 180 Mitarbeiter beschäftigenden EMEA-Behörde transparenter zu gestalten. Die Agentur werde dieses Jahr rund 65 Prozent ihres Etats von 31,9 Millionen Euro aus Gebühren der Pharmaindustrie bestreiten können. 1998 waren 15 Prozent weniger.

Sauer rechnet mit einer erheblichen Zunahme der über EMEA zugelassenen neuen Arzneimittel. Derzeit habe die Londoner Agentur einen Marktanteil von rund 10 Prozent bei allen europäischen Zulassungsverfahren. Da erheblich häufiger Biotech-Präparate zu beurteilen seien, rechneten Experten mit einer starken Zunahme bis zum Jahr 2010. Rund 60 Prozent aller EU-Zulassungen seien dann Biotech-Medikamente und müßten von der Londoner Agentur bearbeitet werden. Top

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