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Gehe und Takkt gehen an der Börse getrennte Wege

07.06.1999  00:00 Uhr

-Wirtschaft & HandelGovi-VerlagGEHE AG

Gehe und Takkt gehen an
der Börse getrennte Wege

von Erdmuthe Arnold, Stuttgart

Mit großer Mehrheit haben die Aktionäre der Gehe AG am 2. Juni 1999 der Abspaltung des Geschäftsbereichs Versandhandel für Büro-, Lager- und Betriebseinrichtungen zugestimmt. Damit wurde der Weg für eine Börsennotierung der Takkt AG freigemacht. Konsequenzen will Gehe aus dem unbefriedigenden Ergebnis des Geschäftsbereichs Gesundheitsdienste ziehen.

Die französische Gesundheitsdienste-Tochter Orkyn, deren Vertriebs- und Produktstruktur die Apotheken einbezieht, operiere zwar gut im Markt gut, doch lasse sich dieses Konzept nicht auf die deutsche Tochter Pro Reha übertragen. Vielmehr belaste dieses Geschäft die Apotheker, die in ihm einen Konkurrenten für ihr eigenes lokales Homecaregeschäft sehen, so der neue Vorstandsvorsitzende Dr. Fritz Oesterle. "Ein Geschäftsbereich, der...unverträglich mit unserer Großhandelstätigkeit ist, kann nicht zum Kerngeschäft der Gehe gehören."

Seit Übernahme von Kaiser + Kraft 1985 hat Gehe mit dem Geschäftsbereich Versandhandel den Umsatz mit jährlich etwa 15 Prozent von 200 Millionen DM auf über 1 Milliarde DM erhöhen können. Das Ergebnis vor Finanzierungkosten und Steuern konnte jährlich um 18 Prozent gesteigert werden. Damit habe das international operierende Unternehmen die kritische Größe für einen eigenständigen Börsengang erreicht, der laut Oesterle, "wegen der sich für 1999 abzeichnenden steuerlichen Veränderungen" vorgezogen werden mußte. Der Versandhandelsbereich trete nunmehr aus dem Schatten des Pharmahandels, mit dem er sachlich nie etwas zu tun gehabt habe, und könne als eigenständiger Wert wahrgenommen werden.

Die Aktionäre sollen pro Gehe-Aktie zusätzlich eine Takkt-Aktie erhalten, so daß sie ohne zusätzliches Risiko oder Kapitalaufwand an der Fortentwicklung beider Unternehmen partizipieren. Die neue Aktie soll ab Herbst an den Börsen Stuttgart und Frankfurt notiert werden.

Oesterle, der zusammen mit drei weiteren neuen Vorstandsmitgliedern in das Management der Gehe AG zum 1. Januar 1999 eingetreten ist, unterrichtete die Aktionäre ausführlich über die "überwiegend sehr erfreuliche, zumindest aber zufriedenstellende" Entwicklung der einzelnen Geschäftsbereiche im Geschäftsjahr 1998, in dem insgesamt 25.360,4 Millionen DM umgesetzt und ein Jahresüberschuß von 304,7 Millionen DM erzielt wurde (die PZ berichtete in Heft 13/99, Seite 67). Die Aktionäre erhalten eine unveränderte Dividende von 1,30 DM je Aktie.

Die Geschäftsbereiche des Pharmahandels Gehe, OCP und AAH sowie des Apotheken/Einzelhandels hätten trotz widriger Rahmenbedingungen ihr Ergebnis steigern können. Sowohl die Contribution Exceptionelle, eine französische Sondersteuer auf den Umsatz mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln, als auch der Discount Claw-back – eine in Abhängigkeit vom Umsatz erhobene staatliche Abgabe der englischen Apotheken - sowie der sich weiter verschärfende Rabattbewerb in Deutschland waren in diesem Zusammenhang die Haupt-Erschwernisse, die immer wieder neue Maßnahmen notwendig machten.

Als erfreulich bezeichnete Oesterle den Geschäftsverlauf im ersten Quartal 1999, in dem der Konzernumsatz um mehr als 10 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum stieg. Zurückgeführt wird dies nur zum Teil auf die nahezu europaweit grassierende Grippewelle. Dennoch erwartet der Vorstand eine Abschwächung im weiteren Jahresverlauf aufgrund der verstärkten staatlich-dirigistischen Eingriffe. Mit Nachdruck hat der Vorstand 1999 den kontinuierlichen Ausbau vorangetrieben. Oesterle erwähnte hierzu die Übernahme des privaten Pharmagroßhandelsunternehmen Diprophar in Portugal, den Erwerb der Apothekenkette Peel Street Pharmacy mit 43 Betrieben und der 36 kommunalen Apotheken mit dazugehörendem Pharmagroßhandel in Bologna/Italien.

Übernommen wurde auch eine kleine tschechiche Apothekenkette von 14 Betrieben in Prag, Pilsen und Brünn. Mittelfristig habe sich Gehe für Europa vorgenommen, den Apotheken verstärkt zukunftsorientierte Dienstleistungen zur Bewältigung der immer stärkeren Veränderungen der Pharma- und Gesundheitsmärkte anzubieten, die Oesterle trotz aller Restriktionen als weiterhin zukunftsträchtig einschätzt.

Gehe in Zahlen

Pharmagroßhandel Gehe-Gruppe Umsatz 5.472 Millionen DM
Ergebnis vor Steuern 101 Millionen DM
Cashflow 89 Millionen DM
2361 Mitarbeiter Pharmagroßhandel OCP-Gruppe Umsatz 11.382 Millionen DM
Ergebnis vor Steuern 164 Millionen DM
Cashflow 113 Millionen DM
4853 Mitarbeiter Pharmagroßhandel AAH-Gruppe Umsatz 4.763 Millionen DM
Ergebnis vor Steuern 91 Millionen DM
Cashflow 93 Millionen DM
4231 Mitarbeiter Apotheken/Einzelhandel Umsatz 2.310 Millionen DM
Ergebnis vor Steuern 44 Millionen DM
Cashflow 45 Millionen DM
1225 Apotheken
8381 Mitarbeiter Gesundheitsdienste Umsatz 301 Millionen DM
Ergebnis vor Steuern minus 5 Millionen DM
Cashflow 17 Millionen DM
1425 Mitarbeiter Versandhandel Kaiser + Kraft-Gruppe Umsatz 1.052 Millionen DM
Ergebnis vor Steuern 112 Millionen DM
Cashflow 77 Millionen DM
14868 Mitarbeiter

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