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Spekulationsbesteuerung verfassungswidrig

Datum 12.04.2004  00:00 Uhr
Steuertipp

Spekulationsbesteuerung verfassungswidrig

von Klaus-Martin Prang, Hannover

Die Besteuerung von privaten Spekulationsgeschäften bei Wertpapieren in den Jahren 1997 und 1998 ist verfassungswidrig. Dieses Urteil fällte kürzlich das Bundesverfassungsgericht.

In der Begründung der Entscheidung stellt das Bundesverfassungsgericht zwar ausdrücklich heraus, dass gegen die Besteuerung von privaten Spekulationsgeschäften bei Wertpapieren keine grundsätzlichen Bedenken bestehen. Allerdings verstoße die Besteuerung gegen die Verfassung, weil die mangelnde Durchsetzung der gesetzlichen Regelung das verfassungsrechtliche Gebot tatsächlicher Steuerbelastung durch gleichen Gesetzesvollzug nicht gewährleiste. Die Bereitschaft zur Erklärung von Spekulationsgewinnen aus Wertpapiergeschäften hätte nur bei einer Minderheit der Steuerpflichtigen bestanden. Das Risiko, bei einem Fehlverhalten entdeckt zu werden, blieb ohne praktische Bedeutung. Daher könne man davon ausgehen, dass hier eine Ungleichmäßigkeit in der Rechtsanwendung bestehe, so die Karlsruher Richter. Diese Ungleichmäßigkeit sei in der Struktur des Gesetzes begründet, so dass eine gleichheitsgerechte Durchsetzung des Steueranspruchs scheitern müsse.

Diese Grundaussage hat das Bundesverfassungsgericht getroffen, obwohl keine Zahlen über die tatsächlich nicht erfassten Spekulationsgeschäfte ermittelt wurden. Allerdings lassen sich erhebliche Erhebungsdefizite vermuten. Hierfür sprechen beispielsweise folgende Gründe: Der Steuerpflichtige ist nicht dazu verpflichtet, bestimmte Aufzeichnungen zu führen beziehungsweise Belege oder Unterlagen aufzubewahren. Der Steuerpflichtige ist außerhalb der Steuererklärung weder zur Mitteilung über von ihm getätigte Spekulationsgewinne noch zur Glaubhaftmachung durch die Beifügung von Belegen verpflichtet. Kontrollmitteilungen durch Banken sind für diese Veranlagungszeiträume eher die Seltenheit. Eine Überprüfung durch die Finanzämter blieb damit nahezu unmöglich.

Folgen für die Jahre 1997 und 1998

Von dem Urteil profitieren werden diejenigen Steuerzahler, die die Steuerbescheide 1997 und/oder 1998 auf Grund des anhängigen Verfahrens bereits angefochten hatten. In diesen Fällen kann man davon ausgehen, dass die Finanzämter von sich aus tätig werden und die Bescheide entsprechend ändern. Sollten die Finanzämter nicht zeitnah eine Änderung der Bescheide veranlassen, sollte man sich schriftlich mit dem Hinweis auf das aktuelle Urteil an das zuständige Finanzamt wenden.

Das Urteil wirkt auch positiv für alle Steuerpflichtigen, die gegen die Einkommensteuerbescheide der Jahre 1997 und 1998 aus anderen Gründen Einspruch oder Klage eingereicht haben, über die noch nicht rechtskräftig entschieden wurde. Auch in diesen Fällen wird die Steuerfestsetzung letztlich ohne die Spekulationsgewinne erfolgen, wenn man sich auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes beruft.

Im Übrigen sollte man durch den steuerlichen Berater überprüfen lassen, ob noch eine Änderung nach den Vorschriften der Abgabenordnung möglich ist. Dies ist zum Beispiel immer der Fall, wenn ein Bescheid unter Vorbehalt der Nachprüfung steht. Kommt eine Änderung der Bescheide nicht mehr in Betracht, wird sich das Urteil aller Voraussicht nach nicht mehr positiv auswirken können. Denn das Bundesfinanzministerium hat in einer Pressemitteilung geäußert, dass bestandskräftige Bescheide auf Grund der Entscheidung nicht geändert werden.

Konsequenzen für die Folgejahre

In der Begründung des Bundesverfassungsgerichts wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich die Grundlage und die Konsequenzen dieses Urteils nicht ohne weiteres auf die Folgejahre ab 1999 übertragen lassen. Begründet wird diese Annahme damit, dass sich die Gesetzeslage mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 1999 gewandelt habe. Auf Grund des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 bestehe die Möglichkeit, Spekulationsgewinne durch entsprechende Spekulationsverluste auszugleichen. Dies könne dazu führen, dass die gesetzlich Regelung ab 1999 verfassungsrechtlich unbedenklich sei. Einer definitiven Aussage haben sich die Richter aber enthalten. Das Bundesfinanzministerium geht davon aus, dass die Rechtslage ab 1999 verfassungsgemäß ist. Daher muss für die Folgejahre der Rechtsweg beschritten werden, wenn man die Besteuerung der privaten Spekulationsgeschäfte vermeiden will.

 

  • BVerfG-Urteil vom 9.3.2004, Az. 2 BvL 17/02

 

Anschrift des Verfassers:
Dipl. Kfm. Dr. Klaus-Martin Prang, Steuerberater
Treuhand-Hannover GmbH, StBG
Hildesheimer Str. 271
30519 Hannover
steuertipp@treuhand-hannover.de
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