Pharmazeutische Zeitung online

Aufteilung der Vorsteuer bei gemischt genutzten Gebäuden

09.04.2001  00:00 Uhr

STEUERTIPP

Aufteilung der Vorsteuer bei gemischt genutzten Gebäuden

von Reinhard Garbe, Hannover

Nach wie vor heftig umstritten ist die Frage der Aufteilung der Vorsteuer bei gemischt genutzten Gebäuden. Neuere Urteile verschiedener Finanzgerichte aus dem Jahr 2000 machen eine neue Entscheidung durch den Bundesfinanzhof (BFH) notwendig.

Grundsätzlich sind Vermietungsumsätze nach § 4 Nr. 12 Umsatzsteuergesetz (UStG) von der Umsatzsteuer befreit. Errichtet ein Bauherr ein neues Gebäude, das teilweise gewerblich und teilweise als Wohnraum vermietet wird, kann lediglich hinsichtlich der Gewerbemieten auf die Umsatzsteuerbefreiung verzichtet werden. Die Wohnraummieten sind dagegen zwingend von der Umsatzsteuer befreit. Die Konsequenz: Nur Herstellungs- und Unterhaltskosten für die umsatzsteuerpflichtig vermieteten Räume sind von der Vorsteuer abziehbar.

Eine Aufteilung der Vorsteuerbeträge kommt somit nur für Leistungen in Frage, die nicht eindeutig den umsatzsteuerfreien beziehungsweise -pflichtigen Umsätzen zugeordnet werden können. Bei einer Modernisierung sind dies Maßnahmen, die das Gebäude als Ganzes betreffen. Hierzu gehören zum Beispiel Kosten, die auf das Dach, die Kellerräume, Flure, Treppenhäuser, Heizungsanlage und Außenanlagen entfallen. Die Aufteilung des Kaufpreises und der Herstellungskosten ist gleichfalls hiervon betroffen.

Da eine Aufteilung der gesamten Vorsteuer für Baukosten regelmäßig nicht pfenniggenau vorgenommen werden kann, bleibt letztlich nur eine sachgerechte Schätzung, die das UStG auch ausdrücklich zulässt. Wegen der Schätzmethode hat es jedoch schon vielfach vor Gerichten Meinungsverschiedenheiten zwischen Investoren und Finanzverwaltung gegeben. Neuere Urteile werfen die Frage nach dem Maßstab auf, mit dem die abziehbaren Vorsteuern im Zusammenhang mit gemischt genutzten Gebäuden ermittelt werden können.

Der BFH hat bisher bei selbst errichteten Gebäuden lediglich das Verhältnis der Nutzflächen beziehungsweise des umbauten Raumes als sachgerechten Aufteilungsschlüssel angesehen. Nur beim Erwerb eines gemischt genutzten bebauten Grundstücks soll der Unternehmer unter bestimmten Voraussetzungen die abziehbare und die nicht abziehbare Vorsteuer nach dem Verhältnis der Mieteinnahmen (= Ertragswerte) ermitteln können. Dagegen kamen verschiedene Finanzgerichte im Jahr 2000 zu dem Ergebnis, dass es auch bei selbst errichteten Gebäuden sachgerecht sein kann, die Vorsteuer nach diesem Verhältnis aufzuteilen. Wenn das Verhältnis der Mieteinnahmen im Erwerbsfall als sachgerechter Aufteilungsmaßstab für die Vorsteuern angesehen wird, dann muss dies, so das Finanzgericht Köln, auch für die Errichtung eines Gebäudes gelten. Auch kann der Bauherr oder Vermieter die anzuwendende Schätzungsmethode wählen. Das Finanzamt darf nur nachprüfen, ob die angewandte Methode sachgerecht ist. Zu einem ähnlichen Ergebnis kamen die Finanzgerichte Münster und Brandenburg. Die Zuordnung nach dem Verhältnis der Mieteinnahmen kann erhebliche Auswirkungen auf die abziehbare Vorsteuer haben.

Beispiel

Ein neu errichtetes, gemischt genutztes Gebäude enthält im Erdgeschoss ein Ladenlokal mit einer Nutzfläche von 200 Quadratmetern (qm), das vom Bauherrn für 40 DM je qm steuerpflichtig vermietet wird (Nettomieteinnahmen jährlich 96.000 DM = circa 73 Prozent der Gesamtmieten). Im Obergeschoss befinden sich Wohnungen mit einer Nutzfläche von insgesamt 200 qm, die für 15 DM je qm steuerfrei vermietet werden (Mieteinnahmen 36.000 DM = circa 27 Prozent). Die nicht direkt zurechenbaren Vorsteuern aus den Baukosten des Gebäudes betragen 100.000 DM. Bei einer Vorsteueraufteilung nach Nutzflächen ist die Vorsteuer lediglich zu 50 Prozent, also 50.000 DM, abziehbar. Bei einer Aufteilung nach dem Verhältnis der Mieteinnahmen ergibt sich dagegen ein abziehbarer Vorsteuerbetrag von 73 Prozent = 73.000 DM.

Da die am Markt erzielbaren steuerpflichtigen Gewerbemieten pro Quadratmeter in der Regel wesentlich höher sind als steuerfreie Wohnraummieten, kann sich - wie das Beispiel zeigt - ein erheblich höherer Vorsteuerabzug gerade der Baukosten ergeben. Ob der BFH die Rechtsprechung der Finanzgerichte bestätigt, bleibt abzuwarten.

Betroffenen Unternehmern, die die Vorsteuer bisher nach dem Nutzflächenverhältnis oder dem umbauten Raum aufgeteilt haben, ist zu empfehlen, ihre Steuerfestsetzungen in jedem Fall bis zur Entscheidung des BFH offen zu halten, sollte das Finanzamt eine Aufteilung nach dem Verhältnis der Mieteinnahmen nicht anerkennen.

Anschrift des Verfassers:
Reinhard Garbe, Steuerberater
Treuhand Hannover GmbH, Stbges.
Hildesheimer Str.271 
30519 Hannover
Top

© 2001 GOVI-Verlag
E-Mail: redaktion@govi.de

Mehr von Avoxa