Wenig Schaden, kaum Nutzen |
19.02.2001 00:00 Uhr |
Parallelimporte sind für die forschende Pharmaindustrie immer noch ein rotes Tuch. Für die deutschen Dependancen der Konzerne bedeuten sie erhebliche Einbußen. Geeignete Gegenstrategien scheinen der Industrie allerdings zu fehlen.
Die Hersteller registrieren dabei mit Missfallen, dass der Anteil der Parallelimporte am Gesamtmarkt in den vergangenen Jahren rasant gestiegen ist. Wurden 1996 lediglich 410 Millionen DM mit Markenprodukten aus anderen EU-Staaten umgesetzt, so waren es 2000 bereits 993 Millionen DM. Das bedeutet einen Marktanteil von etwa 3,3 Prozent. Hauptexporteure sind Staaten mit niedrigen Arzneimittelpreisen, also Spanien und Portugal, Frankreich und Belgien sowie Österreich.
Für den Gesamtkonzern ist der Schaden zwar begrenzt - es wird mit Ware aus demselben Konzern substituiert, doch die deutschen Niederlassungen der global agierenden Unternehmen leiden unter den Importen zum Teil erheblich. "Der Umsatzverlust der deutschen Hersteller liegt bei 1,1 Milliarden DM zu unseren Herstellerabgabepreisen," sagte Dr. Petra Laux, GlaxoSmithKline, auf einer Forum-Veranstaltung am 15. Februar in Bonn.
Dabei sind die Einsparungen für die Sozialversicherungssysteme begrenzt. Die Preise für Parallelimporte liegen durchschnittlich rund 10 Prozent unter denen der deutschen Arzneimittel. Bei einem potenziellen Umsatz von 1,1 Milliarden DM, sparen die Krankenkassen rund 100 Millionen DM. Zu wenig, wie Laux findet, angesichts der erheblichen Auswirkungen auf die Rahmenbedingungen für die deutsche Pharmaindustrie.
Nach Einsschätzung von Laux sind den Unternehmen bei geeigneten Gegenstrategien die Hände gebunden. Die Argumentation, die Importe seien qualitativ schlechter, falle direkt auf den Konzern zurück. Auch die Strategie von GlaxoSmithKline, in Spanien einen Preis für den Inlandsmarkt und einen für den Export festzulegen, hat jetzt einen Dämpfer erhalten. Die spanische Regierung unterstützte zwar den Vorschlag, nicht aber die EU-Kommission. Sie hat die Zwei-Preis-Strategie bis auf weiteres gestoppt.
Aus Sicht der Apotheker sind Parallelimporte kein großes Problem. Die qualitativen Probleme aus der Anfangszeit seien weitgehend gelöst, sagte ABDA-Geschäftsführer Dr. Sebastian Schmitz. Die importierten Produkte hätten im allgemeinen eine deutsche Packungsbeilage und Verpackung. Der Name des Importes stimme mit dem deutschen Produkt überein.
Einen großen Nutzen kann Schmitz den Parallelimporten allerdings nicht zuschreiben. "Sie bereichern nicht das Sortiment, bringen keine Qualitätsverbesserung und der ökonomische Nutzen ist auch begrenzt." Hinzu kommen nach wie vor Compliance-Probleme. Patienten seien bisweilen irritiert, wenn die Tabletten anders aussehen als sie es gewohnt sind oder deutschsprachige Aufkleber auf der ausländischen Packung kleben.
Ein Problem für die Apotheker ist die manchmal schlechte
Verfügbarkeit von Parallelimporten. Sie war auch der wesentliche Grund
für das Scheitern einer neuen Rahmenvereinbarung zwischen den
Spitzenverbänden der Krankenkassen und dem Deutschen Apothekerverband
(DAV) über die Abgabe von Parallelimporten. Die Krankenkassen forderten
bei der Abgabe von Parallelimporten einen Anteil von 20 Prozent über das
importfähige Marktsegment. Der DAV hielt dies für unrealistisch, da
nicht ausreichend Importware zur Verfügung stehe. Heute liege der Anteil
bei rund 9 Prozent. Eine Verdopplung innerhalb kürzester Zeit sei
unrealistisch, sagte Schmitz. Der Inhalt des Rahmenvertrages werde jetzt
von einer Schiedsstelle festegelegt.
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