Wirtschaft & Handel


Die jüngsten Fusionen in der Pharmabranche nähren Zweifel an der
Struktur und somit an der langfristigen Wettbewerbsfähigkeit der deutschen
Pharmaindustrie. Wie die Dresdner Bank schreibt, nimmt zwar die deutsche
pharmazeutische Industrie eine herausragende Stellung auf dem Weltmarkt
ein, diese Position habe sie sich aber mit einer Struktur erkämpft, die
zumindest heute als nicht mehr zeitgemäß gelte und sich zu langsam ändere.
Gemessen am Produktionswert liege die deutsche Pharmaindustrie heute weltweit an
dritter Stelle. Vor ihr sind nur die Pharmabranchen der USA und Japans, die beide
über einen erheblich größeren Binnenmarkt verfügen. Setzt man den Export zum
Maßstab, nimmt die deutsche Pharmazeutische Industrie vor der schweizerischen,
der britischen und der US-amerikanischen weltweit den ersten Platz ein. Dennoch
spiele in der Weltliga der größten Pharmakonzerne von den deutschen Produzenten
nur noch Hoechst unter den ersten zehn mit. Die fünf größten deutschen Hersteller -
der ansonsten mittelständisch geprägten Industrie - erreichen gemeinsam gerade den
Weltmarktanteil von Glaxo Wellcome und SmithKline Beecham.
Die jüngste Megafusion dieser beiden Konzerne habe den mit Abstand größten
Pharmakonzern der Welt entstehen lassen. "Angesichts eines weltweiten
Pharmamarktes in Höhe von fast 300 Milliarden Dollar, wobei selbst der neue
Marktführer nur einen Anteil von sieben bis acht Prozent hat, muß man weitere
Zusammenschlüsse und Aufkäufe in der Pharmabranche erwarten", so die
Volkswirte der Dresdner Bank. Heute kann die Entwicklung eines einzigen
marktgängigen Medikaments Kosten von fast einer Milliarde DM verursachen. Die
Forschungs- und Entwicklungskosten wachsen sich selbst für große
Arzneimittelhersteller zu einem immer drängenderen Problem aus. Fusionierte
Konzerne erhoffen sich aber nicht nur Synergieeffekte im Bereich der ständig
steigenden Forschungs- und Entwicklungskosten, sondern auch in der Herstellung
und im Vertrieb. Damit wollen sie den Trend enger werdender Ertragsmargen
umkehren.
Der Kampf um Marktanteile werde in diesem Bereich der Wirtschaft vorrangig über
Produktentwicklung und Rendite entschieden. Für die deutschen Marktführer fällt
hier schon heute der Vergleich mit den wichtigen ausländischen Konkurrenten nicht
gut aus, so die Branchenanalysten. Die Kosteneinsparungen bei der jüngsten
Megafusion in Großbritannien sollten mehrere Milliarden DM jährlich ausmachen.
Hieraus erwachsen für die deutschen Pharmaunternehmen zusätzlich Zwänge,
verstärkt nach geeigneten Fusions- oder weiteren Kooperationspartnern Ausschau
zu halten.
Artikel von der PZ-Redaktion


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