Von Rekorden und Rabatten |
27.01.2003 00:00 Uhr |
PZ In einem Interview, das der PZ-Redaktion in Auszügen vorliegt, gibt der Anzag-Vorstandsvorsitzende Horst Trimborn tiefe Einblicke in die Beziehung zwischen Pharmagroßhandel und Apotheke. Branchenkenner wittern einen verbalen Rundumschlag kurz vor der Übernahme durch die Sanacorp.
In dem Gespräch, das im Rahmen der Bilanzpressekonferenz der Anzag am Donnerstag vergangener Woche geführt wurde, wird Trimborn einige Male sehr deutlich. Auf die Frage, wie das Unternehmen die Verluste durch das Beitragssatzsicherungsgesetz auffangen solle, offenbarte Trimborn freimütig, der Pharmagroßhandel habe eine Bruttospanne von rund 15 Prozent. Die Hälfte gebe man an Rabatt und Skonto „bereits weg“. Als die Spannenentwicklung entstanden sei, habe man angenommen, „dass der Pharmagroßhandel bis zu 3 Prozent Funktionsrabatte an die Apotheken zahlen kann“, so Trimborn. In der Zwischenzeit seien aus 3 allerdings 7 Prozent geworden. Dies sei durch nachhaltige Rationalisierungsmaßnahmen des Großhandels möglich geworden. Die Rabatte, die man an die Apotheke weitergebe, dürfe die „eigentlich gar nicht haben“.
Im besten Fall „gelingt es uns, den Rabatt, den der Großhandel bezahlen soll, mit dem Rabatt zu verrechnen, den wir bereits heute unseren Kunden zahlen. Wir zahlen heute etwa 7 Prozent Rabatt plus Skonti. Wenn es gelingt, das komplett zu verrechnen, heißt das Ergebnis: Auswirkung null“. Sollte dies nicht gelingen, dann rutsche die Anzag in tiefrote Zahlen ab.
Etwas überraschend erklärt Trimborn, der Gesetzgeber werde wohl nicht zuschauen, „wie wir hier ein Rekordergebnis nach dem anderen hinlegen“. Das Ergebnis drücke den Abstand aus in der Effizienz „zu den anderen“. Der Anzag-Chef: „Hier sind viele einfach nicht im Stande, das zu bringen.“
Trimborn äußerte sich offenherzig zum Fremd- und Mehrbesitzverbot. Viele der 13.000 genossenschaftlich organisierten Apothekerinnen und Apotheker „werden auch künftig vielleicht nicht mehr zu 100 Prozent selbstständig sein wollen“. Er könne sich eine „gehörige Anzahl“ von Apothekern vorstellen, die man motivieren könne, unter Umständen in engere Kooperationsmodelle „also Stichwort Franchise und Ähnliches mit einzusteigen“.
Die Anzag werde nicht nein sagen können, wenn jemand seine Apotheke verkaufen wolle. Trimborn: „Nur im Moment denken wir nicht daran, Apotheken aktiv zu kaufen, sondern unsere Überlegungen zielen darauf ab, Kooperationssysteme mit den Apothekern aufzubauen, die den Apotheker in den Genuss von Vorteilen kommen lassen, die sie heute nicht haben.“
Auf die Frage, ob die Anzag das Know-how und die Struktur für den Versandhandel bereits habe, sagt Trimborn: „Wir könnten das per Knopfdruck machen. Wir sind komplett vorbereitet darauf.“ Apotheken verweigern sich nach Ansicht des Anzag-Chefs bislang so vehement dem Versandhandel, weil es „unternehmerische und weniger unternehmerische Apotheken“ gebe.
Manfred Renner, seit dem 1. Januar 2003 Chef des Sanacorp
Pharmagroßhandlung eG, teilte die Positionen seines Anzag-Kollegen in einer
Stellungnahme gegenüber der PZ am Dienstag nicht. Er will
„unmissverständlich klarstellen: Wir kaufen keine Apotheken.“ Es erübrige
sich aus seiner Sicht deswegen auch, darüber zu sprechen. Ebenso klar
äußerte sich Renner auch zum Thema Internetapotheke: „Wir wollen keinen
Versandhandel.“ Es sei Unsinn, einen Markt an den Apotheken vorbei aufbauen
zu wollen. „Da werden wir nicht mitmachen.“
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