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Angeblich Milliardenverluste durch Korruption

15.11.2004  00:00 Uhr
Gesundheitswesen

Angeblich Milliardenverluste durch Korruption

von Thomas Bellartz, Berlin

Dem deutschen Gesundheitswesen gehen nach Angaben der Anti-Korruptions-Organisation Transparency International jährlich bis zu 20 Milliarden Euro durch Betrug und Korruption verloren. Krankenkassen und Ärzte kritisierten die mangelhafte Datenbasis der Angaben.

3 bis 10 Prozent der gesamten Gesundheitsausgaben flössen in die falschen Taschen, sagte Vorstandsmitglied Anke Martiny von Transparency Deutschland in Berlin. Entsprechende Ergebnisse habe eine US-Studie geliefert, die auch auf Deutschland übertragbar sei.

Mit seiner Länderzuständigkeit für Prüfung und Kontrolle des Gesundheitswesens sei Deutschland anfälliger für Betrug und Korruption als zentral gesteuerte Länder. „Wo andere ein Ministerium haben, haben wir 17“, sagte Martiny. Hinzu kämen rund 300 gesetzliche Krankenkassen, ärztliche Vereinigungen, Kammern, Dachverbände und berufsständische Organisationen. Sie alle müssten der Bekämpfung der Missstände endlich höchste Priorität geben. Es gelte, den Fluss von Sponsorengeldern transparenter zu machen und eine neue Kultur zu schaffen, die Korruption in der Medizin deutlich ächte.

Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) kritisierte Korruption und Betrug im Gesundheitswesen. „Es ist unerträglich, wenn sich einige Raffgierige auf Kosten der Solidargemeinschaft bereichern“, sagte sie. Neben der Gesundheitsreform sei auch die elektronische Gesundheitskarte ein Schritt zu mehr Transparenz und beuge Missbrauch vor. Ministeriumssprecher Klaus Vater sagte, der Transparency-Bericht werde geprüft. Gerade im Gesundheitsbereich gebe es viele Möglichkeiten zu Veruntreuung und Korruption.

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) bezeichnete den Bericht als „strotzend vor Fehlern“. Die Belege für die Schadenssumme durch Korruption seien armselig. Auch der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) kritisierte den Bericht als unseriös. Eine Verschärfung der Sanktionsmöglichkeiten bei Korruption oder Betrug sei unnötig.

Das sah Stefan Etgeton vom Verbraucherzentrale Bundesverband anders: „Der Schaden betrifft zunächst die Kassen und die Beitragszahler, aber auch den Patienten.“ Sie bekämen ein Medikament häufig nicht aus medizinischen Gründen, sondern wegen finanzieller Vorteile für den Arzt verschrieben. „Generika-Hersteller versuchen auf sehr subtile Weise, Ärzte zu beeinflussen.“ So sei es üblich, dass Ärzte ihre Software kostenlos erhielten, sagte Etgeton. Die Programme würden von den Herstellern gesponsert, deren Produkte dann bei Eingabe eines Krankheitsbildes automatisch ganz oben auf der Liste möglicher Medikamente erschienen.

Korruptionsanfällig werde der Pharmamarkt auch wegen des Fehlens echter Innovationen, sagte der Pharmakologe Peter Schönhöfer. Fast alle neuen Medikamente der vergangenen Jahre seien Scheininnovationen, die nicht der Behandlungsverbesserung, sondern nur der Preiserhöhung dienten. Weil wirkliche Neuheiten fehlten, werde immer mehr Werbung betrieben. Im Jahr 2001 beispielsweise hätten die Pharmaunternehmen in Deutschland mehr als fünf Milliarden Euro für Marketing, aber nur 1,5 Milliarden für Forschung ausgegeben.

„Das Marketing ist heute die stärkste Bedrohung für die Qualität der medizinischen Betreuung“, sagte Schönhöfer, der sich entschieden gegen die diskutierte Aufhebung des EU-weiten Werbeverbots für verschreibungspflichtige Medikamente aussprach. In den USA habe die Aufhebung verheerende Folgen gehabt. Der Verbrauch von Medikamenten sei um 6, die Kosten um 12 Prozent gestiegen, „ohne dass ein Patient besser behandelt wurde“. Top

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