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Gehe und Sanacorp: Poker um Herba

20.09.1999  00:00 Uhr

-Wirtschaft & HandelGovi-Verlag

Gehe und Sanacorp:
Poker um Herba

von Erdmuthe Arnold, Eschborn

Zwei deutsche Pharmagroßhändler machen derzeit dem Aufsichtsrat der österreichischen, apothekereigenen Herba Chemosan AG zu schaffen. Er befürchtet eine feindliche Übernahme aus dem Nachbarland. Die Stuttgarter Gehe AG hat den freien Aktionären und Mitarbeitern von Herba ein Angebot von 17.000 Schilling je Aktie unterbreitet und ist überzeugt, dass die Verwaltung aufgrund dieses "attraktiveren Angebots" die Übertragung weiterer Aktien an Sanacorp, Planegg, nicht mehr genehmigen wird.

Wie es in einer Pressemeldung von Gehe heißt, hat Vorstandsmitglied Jürgen Ossenberg-Engels das Angebot den Herba-Gremien direkt vorgelegt und mit diesen Gespräche aufgenommen, so auch hinsichtlich alternativer Übernahmeformen. Das Vorgehen von Sanacorp bezeichnet Ossenberg als eine "unfreundliche Übernahme". Der Gehe Pharmahandel könne als europäischer Marktführer "den österreichischen Apothekern zusätzliche und qualitativ hochwertigere Servieleistungen" anbieten.

Für den Vorstand der apothekereigenen Sanacorp war das Vorgehen von Gehe Anlass, in einem Gespräch mit der Österreichischen Apotheker-Zeitung am 17. September das Angebot an Herba und ihre Aktionäre zu bekräftigen, künftig gesellschaftsrechtlich zusammen zu gehen. Der Vorstandsvorsitzende Jürgen Brink dazu: "In der Öffentlichkeit ist immer von einem Kampf um die Herba Cheomsan Apotheker AG die Rede. Wir sehen die Situation nicht als Kampf. Die österreichischen Apotheker haben vielmehr die Wahl zwischen einer von Apothekern bestimmten Pharmagroßhandlung und einem Handelsgiganten." So das Zitat in der Sanacorp-Pressemitteilung.

Zugleich wird daran erinnert, dass Sanacorp auf Bitten von Aufsichtsrat und Vorstand bereits 1996 einen Übernahmeversuch durch Gehe durch einen Aktienaufkauf abgewehrt habe. Dieses Jahr sei Sanacorp wieder gezwungen worden, angetragene Herba Aktien zu übernehmen, damit sie nicht in die Hände eines apothekerfremden Unternehmens gelangten. Brink zur Österreichischen Apotheker-Zeitung: "Das jetzt vorliegende Angebot der Gehe sollte alle Apotheker nachdenklich stimmen. Denn nur so lange es gut funktionierende apothekereigene Pharmagroßhandlungen gibt, werden auch die Interessen der wirtschaftlich unabhängigen Apotheke im Vordergrund stehen." Fehle dieses Gegengewicht, müßten sie sich den ausschließlich am Reingewinn orientierten Interessen der Handelsgiganten unterordnen.

Das Angebot an die Herba-Aktionäre umfasst nicht nur Geld, so Brink weiter, die österreichischen Apotheker könnten darüber hinaus Mitglied in der Sanacorp-Genossenschaft werden, sich als solche auch in die Vertreterversammlung wählen lassen und damit Einfluss auf das Unternehmen ausüben. Den Repräsentanten von Herba seien darüber hinaus Aufsichtsratsmandate angeboten worden. Einvernehmen, so Brink, solle mit allen Gremien erzielt werden, um den Markterfolg der Herba auch künftig zu sichern – "zum Nutzen der österreichischen Apotheker".Top

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