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Unglaublich geholfen

18.08.2003  00:00 Uhr

Unglaublich geholfen

von Thomas Bellartz, Dresden

Das Wasser stand im vergangenen August manchem Apotheker nicht nur bis zum Hals. Es stand bis zur Decke. Andernorts noch höher. Ein Jahr nach der Flut hat die PZ zwei Apotheken besucht, die von den Wassermassen in Dresden und Pirna überflutet worden waren und über deren Schicksal die PZ seinerzeit berichtete.

Dr. Frank Hering steht an diesem Samstag wieder in seiner Apotheke. Noch vor einem Jahr hatte er vor den Trümmern seiner Weißeritz-Apotheke gestanden. Der kleine beschauliche Fluss, der seiner Apotheke den Namen gegeben hat, war nach tagelangen schweren Regenfällen und dem Überlaufen einer Talsperre zu einem meterhohen reißenden Strom geworden. Das zur unbändigen Flut mutierte Rinnsal sprang aus seinem Bett und floss plötzlich mitten durch Herings Apotheke. In unmittelbarer Nähe kämpften Menschen um ihr Leben, viele verloren ihr Hab und Gut, eine Frau starb beim Sturz in die Fluten.

Am Tag danach gab es nichts mehr, was der Apotheker, seine Frau oder seine Angestellten hätten retten können. Die Säuberungsaktionen von freiwilligen Helfern waren umsonst – alles landete auf der Deponie. Doch Hering, einer von mehreren Dutzend Apothekern, deren Offizine in den Fluten von Elbe oder anderen Flüssen versanken, gab nicht auf. Zumindest wirtschaftlich hilfreich war, dass er zu denen gehörte, die zu einem guten Teil abgesichert waren. Trotzdem war er wie viele andere auf Hilfe und Unterstützung angewiesen. Und diese Hilfe floss „Da kamen sogar Kunden, die selbst nichts besitzen, und wollten helfen“, beschreibt der Apotheker die große Hilfsbereitschaft, die Dresden wie das ganze Land erfasste.

Er erinnert sich auch an die Solidarität von Kolleginnen und Kollegen aus ganz Deutschland, die uneigennützig reagierten. „Besonders bei der Kammer und beim Sächsischen Apothekerverband ist uns schnell geholfen worden“, erklärt Hering. Nur dank der Hilfe anderer war es möglich, so schnell wieder auf die Beine zu kommen.

Die Weißeritz fließt heute wieder in ihrem Bett und nur noch Weniges erinnert daran, dass ganze Stadtteile Dresdens in Wasser, Schlamm und Chaos versanken. Und Herings Apotheke mittendrin. Die komplette Einrichtung musste grunderneuert werden. Monatelang wurde getrocknet und renoviert. Heute zeigt nur noch eine Markierung im Flur den damaligen Höchststand des Wassers an.

Mehrere Monate verbrachte Hering während der Renovierung in einem Behelfs-Container, versuchte damit auch, seine Kunden zu halten und die anderen wieder zu gewinnen. „Die meisten haben uns die Treue gehalten“, so Hering. Aber manche seien nach der Flut nicht mehr zurückgekehrt.

Schnelle Hilfe

Die Umsatzverluste der ersten Monate nach der Flut konnte er natürlich nicht aufholen. Aber die Hilfsprogramme und die Unterstützung aus dem eigenen Berufsstand sorgten dafür, dass Hering seine Apotheke bereits im November wieder eröffnen konnte.

Schnell war aus allen Bundesländern Hilfe angelaufen, hatten Kammern und Verbände zu Sammlungen und Spendenaktionen aufgerufen. Und so kam Unterstützung auch aus den Regionen, die von der Flut vollends verschont geblieben waren.

Die ABDA hatte bereits kurzfristig dem erfahrenen Hilfswerk der Bayerischen Apotheker e.V. die Koordination der Hilfsaktionen übertragen. Damit sollten die Leistungen gezielt und professionell kanalisiert werden. Federführend waren insbesondere der Vorstandsvorsitzende des Hilfswerks, der Vorsitzende des Bayerischen Apothekerverbandes, Gerhard Reichert, und die Vorsitzende des Sächsischen Apothekerverbandes, Monika Koch, tätig.

Monatelang sammelten das Hilfswerk Informationen, prüften die Bedürftigkeit von betroffenen Apotheken. Mit vielen Kolleginnen und Kollegen waren sie vor Ort, um dort einzuspringen, wo trotz aller Ankündigungen die staatliche Hilfe zu schleppend anlief. Aber nicht nur selbstständigen Apothekerinnen und Apothekern wurde geholfen. Auch privat betroffene Angestellte wurden schnell und unbürokratisch unterstützt. Darüber hinaus wurden auch gemeinnützige Einrichtungen, darunter beispielsweise ein Kindergarten, aus Spendenmitteln der Apotheker bedacht.

Hering jedenfalls sieht sich ein Jahr nach der Flut vor neuen Herausforderungen. Er fürchtet, dass die anstehende Gesundheitsreform noch schwerwiegendere Konsequenzen mit sich bringen wird. „Jetzt haben wir gerade die Schäden der Flut beseitigt, da kommt noch ein viel größeres Unglück“, schätzt der Pharmazeut die Lage kritisch ein.

Die Flut machte erfinderisch

Hans-Joachim Kunze konnte erst nach Monaten wieder in seine alte Apotheke zurück. Die Rosen-Apotheke in Pirna war komplett abgesoffen. Bis unter die Decke standen Schlamm und Wasser. Die Brühe hatte alles zerstört. In Pirna hatte die Elbe gleich zweimal zugeschlagen. Einem ersten Hochwasser folgte eine Hochwasserwelle, wie sie die Stadt und ihre Bürger noch nie erlebt hatten. Bilder aus der Stadt, die unfreiwillig zu einem sächsischen Venedig wurde, gingen um die Welt. Die nach vielen Jahren renovierte historische Altstadt war komplett in den Fluten untergegangen.

Kunze und seine Mitarbeiter hatten die Bevölkerung gemeinsam mit Ärzten und Hilfskräften im Sammellager auf dem Sonnenstein versorgt. Die Apotheke selbst war total verwüstet. Glück im Unglück: Wenige Monate zuvor hatte sich Kunze gegen die Schäden versichert. Die Police deckte zwar längst nicht alles ab, aber die Hilfe vom Staat, von Spenden und Sammelaktionen half Kunze weiter. Als Konsequenz aus der Flut mietete der Apotheker das erste Obergeschoss über seiner Apotheke an, gelangt nun über eine kleine Wendeltreppe nach oben. „Beim nächsten Mal können wir wenigstens die Dinge schnell nach oben schaffen.“

In der Apotheke sieht es wieder so aus wie vor der Flut. Allerdings sind die Wände des alten Hauses immer noch feucht. Und so wurde zwischen den Einbauten des Einrichters ein Spalt Luft gelassen, damit die Feuchtigkeit entweichen kann.

Auch Kunze bedankt sich für die Hilfsaktionen und die viele Unterstützung. „Das hat uns den Neustart erleichtert.“ Er berichtet – ebenso wie viele andere Betroffene – vom Engagement der Verbände, aber auch des Großhandels, der gemeinsam mit den Apotheken die Versorgung gesichert hatte. In den Wochen nach der Flut hatte die Hilfsbereitschaft hohe Wellen geschlagen. Überall wurde gesammelt, betroffene Apotheken wurden nicht nur finanziell, sondern auch materiell wie ideel unterstützt. „Das hat uns unglaublich geholfen in dieser Lage.“

 

Wer sich noch einmal die Flut und deren Auswirkungen auf die Apotheken in Erinnerung rufen will, dem hilft ein Blick in das PZ-Archiv. In den Ausgaben 34/02, 35/02, 36/02 berichtete die PZ mehrfach und ausführlich über die Flut, die betroffenen Apotheken und die Hilfsaktionen. Top

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