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Permira will Mehrheit an Anzag

30.06.2003  00:00 Uhr
Fusion

Permira will Mehrheit an Anzag

von Thomas Bellartz, München

Eine Hauptversammlung der Sanacorp AG ist selten spektakulär, da nur stimmrechtslose Vorzugsaktion ausgegeben und gehandelt werden. Am Montag war das in München anders. Die von der Sanacorp avisierte Anzag-Übernahme rückte in den Mittelpunkt. Eine Investorengruppe will drei Viertel der Anzaganteile kaufen.

Business as usual in München. Nicht anders als in der Vertreterversammlung zehn Tage zuvor, berichtete Sanacorp-Vorstandsvorsitzender Manfred Renner über das abgelaufene Geschäftsjahr und das erste Quartal. Natürlich nahm er sich Zeit für den Aktienkurs und beantwortete die alljährlich wiederkehrende Aufforderung von Kleinaktionärsvertretern, den Vorzugsaktionären mehr Mitsprache zu ermöglichen.

Doch dann kam der Auftritt eines „alten Bekannten“. Es war Peter J. Haac, der mit einem ausführlichen Statement dem Thema Anzag eine breite Öffentlichkeit geben wollte. Haac war von 1990 bis 1996 Vorstandsvorsitzender des Frankfurter Pharmagroßhändlers Andreae Noris Zahn AG und ist nach seinem Ausscheiden aus dem Unternehmen nach eigenen Angaben seitdem im Investmentgeschäft tätig. In dieser Funktion bot er in München nun der Sanacorp an, diese könne zu einem guten Preis ihre Anteile an der Anzag an die von ihm vertretene Investmentgruppe kaufen.

Sanacorp hält, ebenso wie die Noweda, 24,99 Prozent der Anzag-Aktien. Zudem hat die Sanacorp eine so genannte Call Option auf das Aktienpaket der DZ Bank, Frankfurt, von ebenfalls 24,99 Prozent.

Haac war eifrig bemüht, Sand ins Getriebe der Sanacorp-Bemühungen zu streuen, die strategischen Optionen des Großhändlers schlecht aussehen zu lassen. Schließlich müsse die Sanacorp nun auf ein Urteil des Bundesgerichtshof warten, der die angestrebte Fusion nun nach einem Einspruch des Bundeskartellamts verhandeln wird. Das wird allerdings frühestens Mitte/Ende nächsten Jahres der Fall sein.

Doch die Option der Sanacorp auf die DZ-Bank-Anteile läuft bereits zum 31. August 2003 aus. Nach PZ-Informationen wird die Sanacorp die Option weiter halten, Verhandlungen über die detaillierte finanzielle Absicherung laufen indes noch, stehen aber kurz vor dem Abschluss.

International ausgerichtet

Haac erläuterte, er habe bereits auch an die übrigen Großaktionäre der Anzag, also an Alliance Unichem und OPG, Offerten versendet. Bereits seit mehreren Jahren bemüht sich der frühere Anzag-Chef darum, Investoren ins Rennen um den Frankfurter Pharmagroßhändler zu bringen. Haac soll im Auftrag der international ausgerichteten Permira-Investmentgruppe tätig sein, die Anfang Juni bestätigte, mit einem größeren Engagement beim Brillen-Hersteller Rodenstock eingestiegen zu sein.

Auf Nachfrage der PZ bei der Frankfurter Permira-Zentrale gab sich das Unternehmen äußerst zurückhaltend, dementierte das Intersse allerdiungs nicht. Permira-Mitarbeiter Götz Mäuser: „Wir geben prinzipiell keine Stellungnahmen ab.“ Das passt ins Bild von der Investmentgruppe, die im Stillen agiert. Insoweit sind die tatsächlichen Beweggründe für das Engagement schwer nachvollziehbar.

Nicht bestätigen ließ sich die große Erfahrung der Gruppe im Gesundheitsbereich. Insoweit dürfte eher die Übernahme der Anzag als strategische Maßnahme im Vordergrund stehen. Am Rande der Sanacorp-Hauptversammlung war man jedenfalls von der öffentlichen Offerte wenig überrascht.

Haac ist der Auffassung, die noch vom früheren Sanacorp-Vorstandschef Dr. Jürgen Brink für das Anzag-Engagement im Jahr 1988 ausgegebene ordnungspolitische Zielrichtung habe sich geändert. Das sieht man bei der Sanacorp in Planegg freilich anders. Schließlich galt es seinerzeit, einer weiteren Ausweitung der Großhandelsfusionen, insbesondere durch die Phoenix, abzuwehren. Das ist bis heute gelungen. Angesichts einer seitdem weitrer geschrumpften Anzahl der Großhandelsplayer im Oligopol deutscher Pharmagroßhandlungen, sieht man die ordnungspolitische Komponente unverändert. Haacs Vorwurf, die Sanacorp interessiere sich damit wenig für die Interessen der Großhandelskunden, also der Apothekerinnen und Apotheker, trifft nur bedingt zu. Bekanntermaßen funktioniert der Wettbewerb in diesem überschaubaren Markt brillant.

Gelassenheit in der Chefetage

Auch Haacs Kritik an der „Null-Option“ der Fusion wegen eines beispielsweise mitunter überlappenden Niederlassungsnetzes von Sanacorp und Anzag lässt die Sanacorp-Chefetage kalt. Wenig freuen dürfte man sich dort allerdings, dass Haac öffentlich Arbeit und Ziele des Vorstandes kritisiert, wohl darauf spekulierend, bei manchen Kritikern der Fusionspolitik offene Türen einzurennen.

Haac sorgt sich anscheinend arg um das Wohl der Sanacorp. Deren Vorstand bekäme bei einem Verkauf an die Investorengruppe den „Kopf frei, um sich auf sein Kerngeschäft konzentrieren zu können“.

Renner reagierte auf das öffentliche Vorpreschen Haacs gelassen: „Wir sind strategisch darauf ausgerichtet, den Weg zum BGH zu gehen.“ Das Engegament stehe bis zu einer Entscheidung der Karlsruher Richter nicht in Frage: „Wir haben keine Verkaufsabsichten.“ Man sei zwar mit freundschaftlich verbundenen Unternehmungen „im Gespräch“, um vielleicht eine andere auch kartellrechtlich interessante Variante zu finden. Aber Hauptzielrichtung aller Bemühungen sei ein möglichst positiver Entscheid des BGH. Renner: „Wir wollen diesen Weg gehen.“ Top

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