Glaxo Wellcome unterlag der EU-Kommission |
28.05.2001 00:00 Uhr |
PARALLELIMPORTE
Die Europäische Kommission untersagte dem Pharmaunternehmen Glaxo Wellcome (GW), das inzwischen zur GlaxoSmithKline (GSK) fusioniert ist, ein System der Preisdifferenzierung. Dieses System wollte GW 1998 für seine gesamten nach Spanien eingeführten pharmazeutischen Produkte anwenden. Pharmagroßhändler sollten danach einen höheren Preis für die Präparate zahlen, die sie in andere Mitgliedsstaaten ausführen.
Viele Großhandlungen hatten einen entsprechenden Vertrag auch unterschrieben, ehe GW das Preissystem der Kommission zur Billigung vorlegte. Dieser Umstand führte letztlich dazu, dass ein Bußgeld nicht verhängt wurde. Die Absicht GWs war, den Parallelhandel mit Arzneimitteln innerhalb des Europäischen Marktes einzuschränken. Nach Ansicht der Kommission widerspricht jedoch das System der Preisdifferenzierung dem Gemeinschaftsziel, nationale Märkte zu integrieren. Der Preiswettbewerb für GW-Präparate werde damit beschränkt. Mit ökonomischen Gründen sei das System nicht zu rechtfertigen. GW müsse daher dieses unverzüglich beenden und binnen zwei Monaten (am 8. Juli) darüber informieren, welche Schritte dazu unternommen wurden.
Wirtschaftliche Argumente wurden berücksichtigt
Wettbewerbskommissar Mario Monti kommentierte die Entscheidung wie folgt: "Pharmazeutische Unternehmen können - genauso wenig wie andere Branchen - Vertriebsverträge abschließen, die die Aufteilung des Gemeinsamen Marktes in nationale Märkte festschreiben." Vereinbarungen zur Marktaufteilung seien vom Grundsatz her nicht freistellungsfähig. Bei der Entscheidung sei berücksichtigt worden, dass es sich hier um einen neuartigen Fall handelt, in dem ein Unternehmen versucht hat, Beschränkungen des Parallelhandels auf Grundlage wirtschaftlicher Argumente zu berücksichtigen. GW hatte nach Angaben der Kommission unter anderem argumentiert, dass das System der Preisdiffernzierung den Wettbewerb nicht beschränkt, da die Preisunterschiede sich aus den unterschiedlichen regulierenden Maßnahmen ergeben, die von den nationalen Regierungen ergriffen werden. Die Preise schwankten beträchtlich, insbesondere zwischen Spanien (wo es staatliche Höchstpreise gibt) und Großbritannien, wo Unternehmen im Prinzip ihre Preise frei festsetzen können, ihre Gewinne aber begrenzt werden).
Hierzu verwies die Kommission auf eine Feststellung des Europäischen Gerichtshofs aus dem Jahr 1996, wonach die Existenz divergierender nationaler Preisregelungen keine Abweichung vom Prinzip des freien Warenverkehrs gestattet. Außerdem habe GW Preiserhöhungen mit den spanischen Behörden aushandeln können. Der Umfang des Parallelhandels mit Arzneimitteln werde auch durch andere Faktoren, wie zum Beispiel Währungsschwankungen, bestimmt. Das GW-System verhindere beziehungsweise beschränke den Parallelhandel von Spanien in andere Mitgliedsstaaten. Das Argument des Verbraucherwohls, wonach die Verluste das Budget für Forschung und Entwicklung ernsthaft beeinflussten, wies die Kommission gleichfalls zurück. Obwohl wichtig, betrage dieses Budget der Arzneimittelhersteller nur 15 Prozent ihres Gesamtbudgets. Verluste aus dem Parallelhandel könnten genauso gut von den Marketingkosten getragen werden.
GKS erwägt Berufung
Wie eine Rückfrage bei der deutschen GKS-Tochter ergab, hat GKS noch
am Tag der Entscheidung, den 8. Mai, Stellung genommen. Bedauert wird die
Auffassung der EU-Kommission zum Parallelhandel in staatlich
preisregulierten Ländern. Dies schade der Pharmaindustrie in Europa und
sei nur von geringem Vorteil für die Patienten und die Krankenkassen. Die
Preisfestsetzung unterliege der Verantwortung der nationalen europäischen
Regierungen, so der europäische Präsident des GKS-Pharmabereichs, Chris
Viehbacher. Unrealistisch sei daher der Wunsch der Regierungen, in einem
Einzelmarkt zu operieren, zumal der Pharmaindustrie durch den bestehenden
Parallelhandel große Verluste entstünden. Profitieren würden nur die
Mittelsmänner, während auf der anderen Seite wertvolle Ressourcen für
Forschung und Entwicklung verloren gingen. Die Pharmaindustrie werde
weiterhin nach Lösungen suchen, um die vom Parallelhandel ausgehende
Bedrohung des Wettbewerbs in Europa zu minimieren. Derzeit will sich der
britische Konzern noch nicht festlegen, ob er gegen das ergangene Urteil
in Berufung geht.
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