Entlassungen und Schließungen |
19.05.2003 00:00 Uhr |
Das zum 1. Januar 2003 in Kraft getretene Beitragssatzsicherungsgesetz (BSSichG) führt - wie bereits zu Jahresbeginn erwartet - zu starken finanziellen und personellen Konsequenzen in den öffentlichen Apotheken. Das bestätigt die zum Stichtag 31. März 2003 durchgeführte Umfrage des Deutschen Apothekerverbandes (DAV), an der sich fast 6000 Apotheken beteiligten.
Die gute Beteiligung der Apothekenleiter an der Befragung, die weit über der vergleichbarer Studien aus dem Ausland liegt, zeigt die hohe Motivation der Apotheker, auf die kontinuierliche Verschlechterung der Beschäftigungssituation in Apotheken hinzuweisen. Die Apothekenleiter sind zu personellen Maßnahmen gezwungen, um ihre Betriebskosten zu reduzieren. In rund der Hälfte der Apotheken kam es seit Januar zu Entlassungen oder Stundenkürzungen. Insgesamt waren 6562 der über 40.000 Beschäftigten betroffen. Da PTA am häufigsten in Apotheken beschäftigt werden - im Schnitt arbeiten in jeder Apotheke zwei PTA - machen sie auch den größten Anteil an den Betroffenen aus.
Um Entlassungen zu vermeiden, versuchen die Apothekenleiter, Stunden zu reduzieren oder Stellen, die durch natürliche Fluktuation wie beispielsweise Mutterschutz frei werden, zunächst nicht wiederzubesetzen. Stundenreduktionen gab es am häufigsten bei Approbierten und Apothekerassistenten: 11,1 Prozent der angestellten Apotheker und 12,4 Prozent der Apothekerassistenten haben seit Beginn des Jahres eine verkürzte Arbeitszeit. Bei den PTA beträgt dieser Anteil 9,7 Prozent und bei den PKA 8,0 Prozent. Entlassungen betreffen mit einem Anteil von 7,8 Prozent am häufigsten sonstige in Apotheken Beschäftigte, danach kommen Approbierte mit 6,1 Prozent schließlich PTA und PKA mit knapp über 5 Prozent. Apothekerassistenten waren mit 3,5 Prozent weniger betroffen.
Viele Betroffene
Damit sind bereits in den ersten drei Monaten diesen Jahres 5,7 Prozent der Arbeitsplätze durch Entlassungen weggefallen, bei 8,8 Prozent des Personals wurde die Arbeitszeit reduziert. Konkret veranschaulicht bedeutet dies: Für jeden siebten Beschäftigten in Apotheken hat sich infolge des BSSichG seit Januar eine negative Veränderung seines Beschäftigungsverhältnisses ergeben. Bei manchen Beschäftigtengruppen wie beispielsweise den Approbierten ist es sogar jeder fünfte Arbeitnehmer.
Stundenreduktionen ergeben sich vor allem in Teilzeitbeschäftigungsverhältnissen. 13,1 Prozent der derart Beschäftigten sind von Kürzungen betroffen, bei Vollzeitbeschäftigten beträgt dieser Anteil nur 8,9 Prozent. Entlassungen sind mit ebenfalls 8,9 Prozent häufiger bei geringfügig Beschäftigten als bei Voll- und Teilzeitbeschäftigten.
Die Umfrage bestätigt jedoch nicht nur die vorhergesagten Folgen des BSSichG für die Beschäftigungssituation. Es zeigt sich auch, und darauf haben die Apotheker auch schon vor Inkrafttreten des Gesetzes wiederholt hingewiesen, dass der pharmazeutische Großhandel das ihm vom Gesetzgeber zugedachte Einsparvolumen weitgehend an die Apotheken in Form gekürzter Einkaufsrabatte weiterwälzt.
Keine Kompensation
Die in 2002 bestehenden Einkaufsrabatte wurden nur geringfügig erhöht und kompensieren bei weitem nicht den Betrag, den die Apotheken für den Großhandel abführen müssen. Im Schnitt ist von einer Überwälzung von 79 Prozent auszugehen. Rund zwei Drittel der Apotheken tragen mehr als 80 Prozent. Da Apotheken in der Regel von mehr als einem Großhändler beliefert werden, liegt der Grad der Überwälzung faktisch höher, weil Zweit- und Drittlieferanten ohnehin geringere Rabatte gewähren.
Besonders schlimm ist die Situation für kleine, umsatzschwache Apotheken. Dort kann man wegen des ohnehin geringen Personaleinsatzes faktisch auf niemanden verzichten. Entlassungen oder Stundenreduktionen sind daher tendenziell eher selten. Das bedeutet keineswegs, dass in diesen Apotheken der Kostendruck geringer ist. Im Gegenteil: Gerade umsatzschwache Apotheken sind eher von einer vollständigen Überwälzung des Großhandelsabschlags betroffen. Es ist vermutlich nur eine Frage der Zeit, bis die betroffenen Apothekenleiter gezwungen sein werden, die Apotheken ganz zu schließen.
Zusammengefasst zeigt sich also: Die Apotheken tragen neben dem apothekenspezifischen Krankenkassenabschlag auch noch den des Großhandels in weiten Teilen. Diese Belastung hat in den ersten drei Monaten dazu geführt, dass viele Arbeitsplätze in Apotheken weggefallen sind oder in ihrem Umfang drastisch reduziert wurden.
Hinzu kommen frei gewordene Stellen, die nicht wiederbesetzt werden,
und auch die Übernahme von Auszubildenden nach Beendigung ihrer Lehrzeit
ist mehr als fraglich. Sollte das BSSichG in Kraft bleiben, wird sich
dieser Trend fortsetzen.
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