Krankenhauslogistik auf neuen Wegen |
10.05.1999 00:00 Uhr |
Nach Berechnungen des Münsteraner Wirtschaftswissenschaftlers Professor Dr. Wilfried von Eiff verursacht jede im Krankenhaus vorrätig gehaltene Einmalspritze im Materialwert von 10 Pfennigen Logistikkosten von 4 DM. Es ist also nur konsequent, nicht nur die Produktkosten im Auge zu behalten, sondern besonders auf die Prozeßkosten der Materialwirtschaft im Krankenhaus zu achten.
Der traditionelle "verwaltende" Einkauf muß immer mehr einem professionellen Beschaffungsmarketing weichen, das alle Prozeßschritte von der Auslieferung beim Lieferanten bis zur Anwendung am Patienten berücksichtigt und möglichst wirtschaftlich zu gestalten ist. Dies gilt um so mehr, als bei Arzneimitteln und Medizinprodukten keine wesentlichen Preissenkungen mehr zu erwarten sind. Bereits bei Neubauten und Sanierungsmaßnahmen ist an die späteren Prozeßkosten zu denken.
Beschaffungsmarketing durch die Krankenhausapotheke
Georg Rosenbaum, Chefapotheker des St. Bernward-Krankenhauses in Hildesheim, verdeutlichte, daß die Krankenhausapotheke in das Beschaffungsmarketing eines Hause eingebunden werden kann. Er bemängelte allerdings Schwächen der angebotenen Software, die es bis heute nicht zuläßt, bedarfsgesteuert und nicht verbrauchsgesteuert zu reagieren. Rosenbaum ist in die Entscheidungsfindung der in diesem Haus einzigen beschaffenden Stelle eng eingebunden. Der Klinische Pharmazeut übernimmt hier die Kontrolle.
Als erfolgversprechende Strategie bietet sich eine Standardisierung und Bündelung an. Ähnlich den seit Jahren bei Arzneimitteln erprobten Mechanismen, sollten daher die im Einkaufsverbund benötigten Verbrauchsmaterialien weitestgehend standardisiert werden. In den meisten Fällen ist es so möglich, sich im jeweiligen Sektor auf wenige Lieferanten zu beschränken. In einem Modellprojekt gelang es einem Krankenhausverbund in Trier, die Zahl der Verbandstofflieferanten von elf auf drei zu reduzieren. Vorteile sind ein erheblich geringerer Bestell- und Buchungsaufwand, eine Reduktion der Anzahl und des Werts der Lagerartikel und vereinfachte Verfahren der Warenannahme.
Mit dem Hauptlieferanten können zusätzliche Serviceleistungen bis hin zur indikationsspezifischen Zusammenstellung der Waren in Sets ausgehandelt werden. Von diesem Systemlieferanten des Krankenhauses wird in Einzelfällen auch erwartet, Produkte anderer Hersteller zu beschaffen. Mit einer solchen Dienstleistung können vor allem in OP-Bereichen langwierige und teure Rüstzeiten vermieden werden. Das setzt eine mit Ärzten und Pflegepersonal einvernehmlich erzielte Vereinheitlichung der Methoden und Materialien voraus.
Kostenminimierung durch Koordination und Zentralisierung
In der Beschaffungslogistik gibt es inzwischen eine große Anzahl im wesentlichen aus dem Transportwesen hervorgegangener Dienstleister, die praktisch alle Zwischenstufen vom Lieferanten bis zur Station abwickeln. Eine zentrale Lagerhaltung im Krankenhaus selbst kann so vermieden werden. Sie bietet Herstellern ähnliche Vorteile, indem sie mithelfen, den Buchungs- und Lageraufwand zu minimieren. Weniger weitgehende Konzepte sehen die Einrichtung eines Logistikzentrums im Krankenhaus oder innerhalb einer organisatorischen Einheit kooperierender Häuser vor. Durch Koordination und Zentralisierung kann der Verwaltungs- und Transportaufwand verringert werden.
Als logistischer Partner der Krankenhausapotheke im Arzneimittelbereich bot sich auf
der Veranstaltung der Phoenix Pharmahandel, Mannheim, an. Nach Aussage von Rainer Brausch
kann die Kernkompetenz des pharmazeutischen Großhandels, nämlich die schnelle und
zuverlässige Belieferung von Arzneimitteln in Kleinmengen, im oben angesprochenen Sinn
genutzt werden. Insbesondere Artikel, die nicht sehr häufig benötigt werden, müßten
nicht mehr in der Krankenhausapotheke gelagert werden. Das System der gebündelten
Sammelrechnung vermeidet unnötige Buchungsvorgänge. Zusätzlich entlastet die zentrale
Retourenbearbeitung durch den Großhandel die Krankenhausapotheke. Auf Wunsch wird auch
die stationsbezogene Konfektionierung der Ware angeboten. Brausch betonte, daß Phoenix
dabei keinen Einfluß auf die zwischen Apotheke und Hersteller ausgehandelten Preise
nehmen will.
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