Geschäftsstrategie geht voll auf |
08.04.2002 00:00 Uhr |
Boehringer Ingelheim
Deutliches Wachstum ist bei der Boehringer Ingelheim Pharma KG die langfristige Geschäftsstrategie. Was 2001 gelang, soll im laufenden Jahr Wiederholung finden. Das von Börsenspekulationen und -gewinnen unabhängige Familienunternehmen ist Nummer zwei im deutschen Pharmamarkt.
Darauf wird mit Stolz hingewiesen. In Europa zählt Boehringer zu den sieben größten Pharmakonzernen und weltweit nimmt es Rang 17 ein. Der Sprecher der Unternehmensleitung, Professor Dr. Rolf Krebs, belegte das starke Wachstum in der Bilanzpressekonferenz am 9. April auch an Hand von IMS-Zahlen. Danach zählt Boehringer zu den stärksten Umsatzmachern.
Der Boehringer-Umsatz stieg weltweit um 8,2 Prozent auf 6,7 Milliarden Euro, das Betriebsergebnis kletterte um 22,5 Prozent auf 980 Millionen Euro. Das Nachsteuerergebnis stieg um 5,8 Prozent auf 401 Millionen Euro. Der Cash flow schoss um über 40 Prozent auf 1,1 Milliarden Euro. Mit diesem Ergebnis liegt Boehringer nach den Angaben der Unternehmensleitung sowohl über der eigenen Planung als auch über der allgemeinen Entwicklung. Es sei gelungen, trotz des schwierigen Umfelds die Profitabilität und den Wert des Unternehmens deutlich zu steigern.
Das Geschäftsgebiet Humanpharma, das 95 Prozent des Gesamtumsatzes trägt, weist eine Steigerung um 8,3 Prozent auf 6,4 Milliarden Euro aus. Tiergesundheit steuerte 316 Millionen Euro (plus 5,3 Prozent) bei. Mit Abstand am größten war der Umsatz mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln. Hier wurde eine Steigerung um 10,4 Prozent auf 5,3 Milliarden Euro erzielt. Dagegen fiel das Plus im Selbstmedikationsgeschäft mit 0,6 Prozent auf 646 Millionen Euro schwach aus, was Krebs auf die schwierige Marktlage in den USA und Brasilien zurückführt.
Dennoch: Die USA ist insgesamt gesehen der größte Markt. Dort war eine Steigerung um 18 Prozent auf 2,6 Milliarden Euro zu verzeichnen, in Europa um 7,2 Prozent auf 2,1 Milliarden, in Deutschland jedoch nur um 4,2 Prozent auf 625 Millionen Euro. Wegen des schwachen Yen ist der Umsatz in Japan von 790 Millionen auf 771 Millionen Euro zurückgefallen, nimmt nach Ländern aber weiterhin den zweiten Platz nach USA und vor Deutschland ein.
Unzufrieden zeigte sich Krebs vor allem mit der Entwicklung in Deutschland und forderte die Freigabe der Preise für verschreibungspflichtige Arzneimittel und Generika. Schon seit Jahren verliere die europäische Pharmaindustrie Konkurrenzkraft gegenüber den USA, daher sei es Zeit, von diesem Land zu lernen.
Auf die Mitarbeiter gesetzt
Finanzchef Professor Dr. Marbod Muff konnte auf eine deutliche Produktivitätssteigerung im Unternehmen verweisen. Pro Mitarbeiter habe in den vergangen fünf Jahren der Umsatz je Mitarbeiter um über 40 Prozent auf 239.000 Euro zugenommen. Zugleich sei die Personalkostenquote auf 28,6 Prozent gesenkt worden. Deutliche Beiträge leiste das Unternehmen zur Beschäftigung und Ausbildung, stellte Muff voraus. Um 3 Prozent auf rund 28.000 stieg die Zahl der Beschäftigten (davon 8600 in Deutschland) und die Zahl der Auszubildenden erhöhte sich in Deutschland um 4,6 Prozent auf 473. Sie werden zum größten Teil (95 Prozent) übernommen.
Um 10,3 Prozent auf 548 Millionen Euro habe Boehringer seine Investitionen gesteigert. Allein auf die Standorte Ingelheim (neuer Wirkstoffbetrieb) und Biberach (Erweiterung der biotechnischen Produktion) entfielen mit 430 Millionen Euro die bisher größten Investitionen.
All dies zusammengenommen ist es für die Unternehmensleitung unverständlich, dass die steuerpolitischen Rahmenbedingungen für große Personengesellschaften verschlechtert wurden. Hier bedürfe es unbedingt einer Verbesserung.
Spiriva ein 2-Milliarden-Produkt?
Einen großen Umsatzschub erhofft sich Boehringer von seinem Anticholinergikum Spiriva (Tiotropiumbromid), das ab Sommer 2002 in verschiedenen europäischen Ländern und 2003 in USA eingeführt werden soll. Das Therapeutikum gegen chronisch-obstruktive Atemwegserkrankungen (COPD) soll zusammen mit dem amerikanischen Pharmaunternehmen Pfizer vertrieben werden. Sein Umsatzpotenzial dürfte laut Dr. Andreas Barner, in der Unternehmensleitung verantwortlich für die Bereiche Forschung, Entwicklung und Medizin, über 2 Milliarden Euro liegen. Es sei der erste inhalative Bronchodilator zur einmal täglichen Inhalation. Bereits in der Erprobungszeit hätten die Patienten das Präparat sehr positiv bewertet. COPD, so Barner weiter, sei in USA bereits die dritthäufigste Todesursache. Die Anwendung von Spiriva verzögere Krankenhauseinweisungen und verbessere signifikant die gesundheitliche Lebensqualität.
Auch von weiteren Zulassungen im Jahr 2001 verspricht sich Boehringer Wachstum. So wurde Mobic (Meloxicam) in Japan, Micardis in fester Kombination mit einem Diuretikum in der EU und Sifrol (Pramipexol) für frühe Formen der Parkinsonschen Erkrankung in Europa und anderen Ländern registriert. Auch sei erneut ein Beitrag geleistet worden, um bisher nicht adäquat behandelbare Krankheiten, wie Hepatitis C oder Aids, anzugehen. 1 Milliarde Euro (plus 5,3 Prozent) habe man in Forschung und Entwicklung investiert.
Top-10-Präparate in Millionen Euro
Präparat Umsatz Steigerung in % Flomax 613 + 44,9 Atrovent 602 - 7,8 Combivent 590 + 29,4 Mobic 434 + 92,0 Mucosolvan 343 - 4,2 Viramune 330 + 8,2 Alesion 317 - 7,8 Catapresan 238 + 3,9 Micardis 226 + 86,8 Sifrol 179 + 34,6.
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