Dramatische Einsparmaßnahmen |
24.02.2003 00:00 Uhr |
Die wirtschaftliche und arbeitsmarktpolitische Komponente des Beitragssatzsicherungsgesetzes (BSSichG) erfährt mit den jüngsten Veröffentlichungen der ABDA eine neue Dynamik. Entlassungen und Investitionsstopps sind die Antworten der Apotheken auf die Folgen des Gesetzes.
Mit Stichtag zum 1. Januar 2003 hatte der Deutsche Apothekerverband (DAV) eine große Befragung in deutschen Apotheken durchgeführt. 6605 Fragebögen wurden in der Folge ausgewertet. Die Befragung sollte eine Antwort auf die Frage liefern, wie die Apotheken tatsächlich im ersten Quartal des Geschäftsjahres 2003 auf die Auswirkungen des BSSichG reagieren wollen. Bei der durchaus repräsentativen Auswertung von immerhin knapp 30 Prozent der deutschen Apotheken, muss berücksichtigt werden, dass sich vermutlich gerade diejenigen Apothekenleiter an der Umfrage beteiligten, die Veränderungen vornehmen wollen und auch solche eher reagierten, die angesichts der Unzufriedenheit zum Beispiel mit dem BSSichG dien eigene Betroffenheit überschätzen.
Trotzdem sprechen die Zahlen für sich und zeichnen ein sehr deutliches Bild der aktuellen Gemütslage in deutschen Apotheken. Im Durchschnitt hatten die an der Befragung teilnehmenden Apotheken sieben Angestellte, die meisten hiervon PTA. Je Apotheke arbeiten durchschnittlich zwei bis drei Personen Vollzeit, weitere drei Personen Teilzeit. Eine weitere Person wird geringfügig beschäftigt.
Als konkrete Auswirkungen aus dem BSSichG planen mehr als die Hälfte der Apotheken (55,3 Prozent) eine Verkleinerung des Warenlagers, um die Kosten zu senken. Während 5,7 Prozent angaben, der Großhandel habe die Einkaufsrabatte bereits gekürzt, hatten 64,5 Prozent bereits eine entsprechende Ankündigung erhalten. Rund 68,6 Prozent der Apothekenleiter werden geplante Investitionen zurückstellen.
Befürchtungen bestätigt
ABDA-Präsident Hans-Günter Friese, der auf im Rahmen einer Pressekonferenz im Berliner Presseclub die Medien auch über diese Zahlen informierte, sieht die „Befürchtungen der ABDA bestätigt“. Friese: „Viele Apotheker stehen vor dem finanziellen Aus. Dramatische Einsparmaßnahmen sind die Folge.“
Die Einsparungen treffen nicht nur die Apothekenleitung oder die Lieferanten, sondern in vielen Fällen auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. So planen ein Viertel aller Befragten eine Reduktion des vorhandenen Personalbestandes innerhalb des ersten Quartals. Entweder wird eine vorhandene Stelle nach Ausscheiden nicht wieder besetzt oder vorhandenes Personal entlassen oder der Arbeitsumfang reduziert.
Die Zahlen sprechen für sich: Denn 87,2 Prozent geben betriebliche Erfordernisse, konkret das BSSichG als Grund für diese Planungen an. Sehr viele der Befragten, darunter insbesondere umsatzschwächere Apotheken mit einer unterdurchschnittlichen Personalausstattung gaben an, zum Jahresbeginn Gehaltskürzungen vorzunehmen, indem zum Beispiel übertarifliche Zulagen gestrichen werden.
Die ABDA wies unterdessen daraufhin, dass nach vorliegenden Informationen die aus der Umfrage ersichtlichen Informationen bereits Realität sind. So wisse man aus Meldungen, dass beispielsweise allein in hessischen Apotheken rund 800 Kündigungen ausgesprochen worden seien. Man befürchte einen bundesweiten Personalabbau zwischen 10 und 15 Prozent.
Während ein Viertel der Befragten angab, Personalmaßnahmen nur bei einer Person durchführen zu wollen, sind bei 15,7 Prozent der Befragten Maßnahmen bei zwei Mitarbeitern, bei einem Fünftel sogar Maßnahmen bei mehr als zwei ihrer Mitarbeiter geplant.
Diese Betroffenheit zieht sich durch alle in der Apotheke vertretenen Berufsgruppen. Allerdings wird deutlich, dass insbesondere bei den Approbierten gemessen an deren Anteil an der Mitarbeiterzahl, am meisten gespart wird, nämlich 24,8 Prozent. Betroffen sind PTA (21,6 Prozent) ebenso wie PKA (20,6) und Assistenten/Pharmazieingenieure (23,0).
Zu einer echten Belastung ist für die Apotheken die Weiterreichung der Rabatte durch den Großhandel geworden. Auch dies machte Friese in dieser Woche wieder deutlich. Die ABDA forderte die Politik deswegen auf, die Auswirkungen des BSSichG auf die Apotheken noch einmal und umgehend zu überprüfen.
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