Neue Waffen gegen neue Feinde |
25.10.1999 00:00 Uhr |
LACTAMANTIBIOTIKA
Die rasante Auslese von Bakterienstämmen, die b-Lactamasen produzieren, zwingt die Pharmaforschung, immer neue Antibiotika zu entwickeln. Immer häufiger werden pathogene Keime entdeckt, gegen die man kein potentes Antibiotikum hat. In letzter Zeit setzt man daher bei der Entwicklung auch auf Schmalspektrumantibiotika, die nach erfolgter Diagnose ganz gezielt eine Bakterienart angreifen. Diese spezifischen Antiinfektiva haben einen weiteren Vorteil. Andere Bakterienarten, die zufällig mit dem Wirkstoff in Berührung kommen, werden nicht betroffen, und man selektiert hoffentlich bei diesen keine resistenten Stämme heraus. Daneben stehen orale Applizierbarkeit und hohe Wirkstärke weiterhin an der Spitze der Wunschliste für neue Antiinfektiva. Doch in der b-Lactamstruktur steckt noch viel mehr Potential.
Die Geschichte der Lactamantibiotika lässt sich anhand des jeweiligen Antibiotikums, das in der Therapie vorherrschend und erfolgreich war, in drei Abschnitte einteilen (29): 1940 bis 1960 die Penicillinära; 1960 bis 1978 die Ära der Breitspektrumpenicilline und der ersten Generation der Cephalosporine; 1978 bis 1995 die Ära der Cephamycine, Oxyiminocephalosporine, Monobactame, Carbapeneme und b-Lactamase-Inhibitoren.
Präparate der vergangenen Jahre sind häufig verbesserte Versionen von erfolgreichen Grundstrukturen, die durch verschiedene Substituierung verbesserte Wirk-, Stabilitäts- und/oder Resorptionseigenschaften erhalten sollen (30). Dies gilt besonders für die Entwicklung von Prodrugs und Dual-action-Antibiotika (31).
Carbapeneme auch peroral
Carbapeneme wie Imipenem und Meropenem werden häufig wegen ihres breiten Wirkungsspektrums zur Behandlung schwerer bakterieller Infektionen durch mehrere oder unbekannte Keime eingesetzt. Sie gelten als die potentesten b-Lactamantibiotika gegenüber grampositiven und gramnegativen Bakterien; jedoch fehlt auch ihnen die antibakterielle Aktivität gegen Methicillin-resistente Staphylokokken (MRSA: Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus).
In der Entwicklung befindliche Carbapeneme sollen eine hohe Affinität zu PBPs mit einer guten Membrandurchlässigkeit vereinen. Die Substanz FR 21818 ist derzeit der vielversprechendste Kandidat. Sie ist stereochemisch stabil und hat ein breites antibiotisches Wirkspektrum (32). Das Carbapenem BO 3482 wirkt gut gegen Vancomycin-resistente und MRSA (33). Ein weiteres Carbapenem, ER 35786, das parenteral applizierbar ist, zeigt in vitro hohe Aktivität gegen grampositive Kokken wie MRSA und gegen die meisten Mitglieder der Familie der Enterobakterien und der Streptokokken (34). Es ist in seiner Aktivität mit Imipenem und Meropenem vergleichbar. Vor allem zeichnet sich ER 35786 durch eine hohe Aktivität gegen Pseudomonas aeruginosa aus, sogar gegen Imipenem- und Meropenem-resistente Stämme.
Viele Carbapeneme werden durch die renale Dihydropeptidase (DHP-1) hydrolysiert; daher muss Imipenem zusammen mit einem DHP-Inihibitor (Cilastatin) gegeben werden. ER 35786 ist gegenüber der Peptidase so stabil, dass es ohne diesen Schutz auskommt. Im Unterschied zu anderen Carbapenemen scheint die hohe antipseudomonale Aktivität auf der hohen Affinität zu einem für das Bakterium lebenswichtigen PBP zu beruhen. Das Molekulargewicht von ER 35786 ist nämlich fast doppelt so hoch wie das von Imipenem, sein Eintritt in die Bakterienmembran also wesentlich langsamer.
Oral applizierbare potente Antibiotika sind in der klinischen Praxis sehr willkommen, da die perorale Gabe am einfachsten und niedrige Dosen erwünscht sind. Das erhöht die Compliance und Verträglichkeit. Die mangelnde Stabilität der Carbapeneme sprach bisher immer gegen eine perorale Gabe. Durch Variation der Substituenten an C-2 konnte man zeigen, dass eine Amidgruppe in der Seitenkette die antibakterielle Wirkung erhöht und eine hohe Stabilität gegenüber Dehydropeptidase-1 verleiht. Um die orale Absorption zu optimieren, wurde der Pivaloyloxymethylester CS 834 hergestellt (35). Er zeigte gute therapeutische Effekte in vivo und durchläuft gerade klinische Tests.
Cephalosporine gegen Pneumokokken
Zwei weitere neue peroral applizierbare Antibiotika sind die Cephalosporine Cefdinir und S 1090. Sie unterscheiden sich im Rest an C-2. Während Cefdinir hier eine Ethylengruppe trägt, ist S 1090 mit einer Triazolyl-Gruppe substituiert, die über einen S,S-acetalischen Linker am Cephem-Kern hängt. Cefdinir ist ein orales Cephalosporin der dritten Generation. Es zeigt gute Aktivität gegenüber Staphylokokken (auch gegen Staphylococcus aureus) und Streptokokken, jedoch nicht gegen Penicillin-resistente Pneumokokken (36, 37). S 1090 hat vier PBPs in E. coli und S. aureus als Targets, wobei die besonders hohe Affinität zu PBP1a und PBP1b auffällt, deren Blockade zur Zell-Lyse führt (38).
Cefdinir ist als Omnicef® auf dem Markt, während sich S 1090 noch in der Testphase befindet. Cefditoren ist ein weiteres orales Cephalosporin, das als Pivaloyloxymethylester eingesetzt wird und in Japan seit 1994 als Meiact® im Handel ist (39). Es besticht durch seine überlegene antipneumokokkale Aktivität im Vergleich mit anderen b-Lactamantibiotika.
Peneme und Trineme
Faropenem, ein neues orales Penem, zeigt Breitspektrumeigenschaften gegen grampositive (auch MRSA) und gramnegative Bakterien sowie einige Anaerobier. Es wird als Prodrug eingesetzt. Faropenem wirkt gut gegen gewöhnliche Krankheitserreger, die Infektionen im Bereich der Atemwege hervorrufen, und wird von deren b-Lactamasen nicht hydrolysiert (40).
Eine Untersuchung japanischer Autoren hat gezeigt, dass 5,6-cis-Peneme potente Antibotika gegen MRSA und b-Lactamase produzierende Mikroorganismen sind (41). Vermutlich haben diese Verbindungen eine hohe Affinität zu PBP2a von MRSA und bilden stabile Acylintermediate mit b-Lactamasen. Die Methicillin-Resistenz wird auf das von resistenten Stämmen gebildete PBP2a zurückgeführt, das niedrige Affinität zu Lactamantibiotika hat.
Eine weitere Verbindungsklasse mit b-Lactamstruktur sind die Trineme. Sie sind durch einen an den Fünfring ankondensierten Siebenring gekennzeichnet. GV 129606 ist ein neues parenterales Antibiotikum, das sich durch hohe Aktivität auszeichnet und gegenüber den meisten klinisch relevanten b-Lactamasen stabil ist (42). Sein Wirkungsbereich ist dem von Meropenem vergleichbar. Sanfetrinem (GV 104326) nimmt in seinem Wirkprofil eine Mittelstellung zwischen Amoxicillin-Clavulansäure und Cefpirom ein (43).
Zielstrukturen gesucht
Auf der Suche nach neuen Antibiotika muss die Forschung vor allem zwei Hürden nehmen:
Hier liegt ein Vorteil der b-Lactamantibiotika: Ihre Targets sind die PBPs, die sich an der periplasmatischen Oberfläche befinden (44). Auf der Suche nach Wirkstoffen, die den Aufbau der bakteriellen Zellwand hemmen, gelang inzwischen eine sehr anspruchsvolle Totalsynthese. Man hat den wichtigsten Baustein, den die Bakterien als Zwischenprodukt ihres Zellwandaufbaus verwenden, in Mengen von mehreren Hundert Milligramm herstellen können. Es handelt sich um ein Nucleosid mit Aminozucker-Zwischenglied und Oligopeptid-Seitenkette (45).
Die Entwicklungen in der Biochemie geben einen immer präziseren Einblick in die Funktionsweise der bekannten Targets. Experimentelles und instrumentelles Know-how lässt immer tiefer in das Bakterium hineinschauen. Die zukünftigen Strategien im "Krieg der Welten" werden davon abhängen, ob und inwieweit man in der Lage ist, Zielstrukturen auf molekularem Niveau zu verstehen. Dann ist es möglich, neue Targets zu finden und ganz neue Arzneistoffe zu entwickeln (46).
Fortschritte bei der Antibiotika-Produktion
Fortschritte hat man nicht nur bei der Entwicklung von Antibiotika erzielt, sondern auch bei deren Gewinnung. Nach wie vor kann die Synthese nicht mit der Produktion durch Pilzstämme konkurrieren. Da die heute verwendeten Penicilline und Cephalosporine partialsynthetisch gewonnen werden - der Pilz liefert die gewünschten Seitenketten nicht mit -, stehen die erhöhte Produktion und erleichterte Isolierung der nativen b-Lactame im Vordergrund. Benzylpenicillin kann auf Grund seiner relativ hohen Lipophilie einfach und kostengünstig aus den Kulturbrühen isoliert werden. Isolierte Fleming aus einem Liter Kulturmedium "nur" 0,0012 g Penicillin, kann man heute mit Hilfe von Hochleistungsstämmen die Ausbeute auf bis zu 50 g steigern.
Cephalosporine sind unter anderem deswegen teurer, weil das vom Pilz gebildete Cephalosporin C wegen seiner Hydrophilie relativ aufwendig isoliert werden muss. Abhilfe wird in der molekularbiologischen Veränderung der produzierenden Organismen gesucht. Das Ziel, E.-coli-Mutanten mit der Fähigkeit zur Cephalosporin-Bildung zu "synthetisieren", ist inzwischen wohl aufgegeben worden. Es wäre eine Ironie der Wissenschaft, hätte man Bakterien dazu bringen können, tödliches Gift für ihre Artgenossen zu produzieren.
Bei gentechnisch veränderten Pilzstämmen hat man jedoch einen Teilerfolg erzielen können. Das Cephalosporin-Gerüst wird von Cephalosporium-, aber auch Streptomyces-Arten mittels des Enzyms Expandase aus dem Penicillin-Gerüst hergestellt. Diesen Organismen fehlt aber die Fähigkeit, eine lipophile N-Acyl-Seitenkette anzubringen, die zu einem leichter isolierbaren Cephalosporin führen würde. Penicillium chrysogenum dagegen ist für einen N-Acyl-Austausch enzymatisch ausgestattet. Daher hat man diesem Pilz das Expandase-Gen eingebaut. Mit dieser Merkmalskombination soll die Bildung eines lipophileren Cephalosporins induziert werden (47, 48).
Ein anderer Ansatz besteht darin, dass man eine vermehrte Kopienzahl der b-Lactam-Synthesegene in die Pilzstämme einbringt (49). Alternativ hat man ein heterologes Enzym aus einer Pseudomonas-Art in Penicillium chrysogenum eingebracht und dadurch die Ausbeute an Benzylpenicillin erhöht (50).
Inzwischen wurden auch die dreidimensionalen Strukturen der beiden Schlüsselenzyme der Biosynthese von Penicillinen und Cephalosporinen durch Röntgenstrukturanalyse aufgeklärt. Es handelt sich um Isopenicillin-N-Synthase und Cephalosporin-Synthase (51, 52, 53). Nun versteht man auch den Mechanismus besser, wie das erste Enzym die beiden Ringe des Penicillins schließt und letzteres den Fünf- zum Sechsring erweitert (54). Mit diesem Wissen kann man vielleicht die Lactam-Biosynthese verbessern oder biosynthetisch bisher unzugängliche Derivate erhalten, indem man diese Enzyme gentechnisch verändert, ein als "protein engineering" bezeichnetes biochemisches Verfahren.
b-Lactame können mehr
Weniger bekannt ist, wieviel pharmakologisches Potential noch in der b-Lactamstruktur steckt. Es ist ohnehin überraschend, dass eine so reaktive Struktur wie ein b-Lactam so spezifisch reagiert was man an den geringen Nebenwirkungen der Penicilline und Cephalosporine sieht.
Die "klassischen" b-Lactamantibiotika wirken und werden von Bakterien desaktiviert, weil sie mit Serinproteasen reagieren. Inzwischen hat man einige von ihnen dahingehend profiliert, dass sie andere Serinproteasen hemmen. Dies erklärt, warum b-Lactame in scheinbar unzusammenhängenden Anwendungsgebieten eingesetzt werden: als Signalpeptidase-Inhibitoren, als Elastase-Inhibitoren, zur PSA-Erkennung oder als antiviral wirksame Stoffe. Die in den Penicillinen und Cephalosporinen steckende Vielfalt wird verständlich, wenn man sich bewusst macht, dass sie Peptidmimetika sind. Nimmt man also ihr peptidmimetisches Gerüst und befestigt andere Reste daran, so ist die Wahrscheinlichkeit hoch, nicht das D-Ala-D-Ala-Fragment, sondern andere Peptide nachzuahmen mit der Chance, biologische Wirksamkeit zu erzielen. Im folgenden werden die neuen Wirkungsfelder der b-Lactame kurz geschildert.
Signalpeptide eu- und prokaryotischer Zellen binden an Proteine, die sezerniert werden sollen. Sie "lotsen" das Protein durch die Membran und werden anschließend durch eine Signalpeptidase abgespalten. Bereits 1995 wurden Inhibitoren einer bakteriellen Signalpeptidase gefunden. Es handelte sich um Peneme wie das gezeigte also b-Lactame, aber mit ganz anderem Zielprotein (55). Ein wesentlicher struktureller Unterschied zu klassischen Lactamantibiotika ist die für die Wirkung erforderliche umgekehrte S-Konfiguration an C-5. Nachdem 1998 die dreidimensionale Struktur einer Signalpeptidase aus E. coli veröffentlicht wurde (56), hat die Suche nach Signalpeptidase-Inhibitoren neuen Auftrieb bekommen (57). Bisher sind allerdings nur Arbeiten publiziert worden, die eine Hemmung des Enzyms beschreiben, nicht jedoch des bakteriellen Wachstums, was für eine klinische Anwendung natürlich notwendig ist.
Monozyklische Lactame wurden als Inhibitoren des Prostata-spezifischen Antigens (PSA) entwickelt (58). Die Serinprotease PSA kann im Serum mit Radio- oder Enzymimmunoassay bestimmt werden und ein Prostatakarzinom anzeigen (Tumormarker).
Das humane Cytomegalie-Virus (hCMV), ein Herpesvirus, ist ein opportunistischer Krankheitskeim, der in immungeschwächten Personen wie Aids-Patienten oder Organspendeempfängern zu Infektionen führen kann (59). Beim Aufbau des viralen Kapsids und der Reifung des Virus spielt die HCMV-Protease eine wichtige Rolle und kann als Target für Arzneimittel dienen. Monolactame reagieren relativ spezifisch mit diesem Enzym. Sie inhibieren klassische Serinproteasen und sollen zu einsatzfähigen antiviralen Reagentien weiterentwickelt werden. Dabei handelt es sich um ganz aktuelle Forschungsarbeiten.
Die zystische Fibrose (Mukoviszidose) gehört zu den häufigsten angeborenen Stoffwechselkrankheiten. Durch vermehrte Produktion und erhöhte Viskosität des Sekrets der mukösen Drüsen (Bronchien, Verdauungstrakt) können schwere Komplikationen in den Atemwegen, intestinale Maldigestion und ein Malabsorptionssyndrom auftreten. Hinzu kommen oft chronische pulmonale Infekte, am häufigsten ausgelöst durch Pseudomonas aeruginosa. Speziell entwickelte Cephalosporine hemmen die neutrophile Elastase und könnten als Inhibitoren nützlich sein, um die exzessive Aktivität der neutrophilen Elastase in der Lunge von Mukoviszidose-Patienten zu kontrollieren (60). Diese Cephalosporin-Abkömmlinge haben keine antibakterielle Aktivität. Es könnte hier therapeutisch sinnvoll sein, dass ein nicht-antibiotisches mit einem klassischen antibiotisch wirksamen b-Lactam kombiniert wird.
b-Lactame wie SB 212047 und SB 216754 sind irreversible, zeitabhängige Inhibitoren der Coenzym-A-unabhängigen Transacylase (61). Dieses Enzym spielt eine Schlüsselrolle bei der Aufnahme und Freisetzung von Arachidonsäure in Membranen. Seine Blockade durch Lactame reduziert die Fähigkeit von Zellen, Arachidonsäure zur Bildung von Entzündungsmediatoren freizusetzen. Hier sind also antiphlogistisch-antirheumatisch wirksame b-Lactame in der Entwicklung.
Oxazolidinone als entfernte Verwandte
1978 reichte die Firma DuPont ein Patent für einen Stoff ein, von dem man annahm, dass er antibakterielle Aktivität bei pflanzenpathogenen Keimen zeigte. Dieser Stoff wurde der erste Vertreter einer neuen Klasse von Lactamantibiotika, den Oxazolidinon-Derivaten. Sie haben in vitro und in vivo antibakterielle Aktivität gegen grampositive Bakterien, vor allem auch gegen multiresistente Kokken, und sind sowohl peroral als auch parenteral applizierbar (62).
Ihre Wirksamkeit gegenüber multiresistenten Stämmen - und die Hoffnungen, die man in sie setzt - beruhen darauf, dass sie an anderer Stelle in die Proteinbiosynthese eingreifen als alle bisher bekannten Antibiotika. Die Translation, also Proteinbiosynthese, bei Prokaryonten umfasst drei Phasen: Initiation, Elongation und Termination. Oxazolidinone inhibieren die bakterielle Proteinsynthese zu einem sehr frühen Zeitpunkt des Initiationsschrittes (63, 64). Verschiedene Proteine (Initiationsfaktoren) lagern sich mit der tRNA zu einem Initiationskomplex zusammen. Oxazolidinone stören die präzise Bildung dieses Komplexes; als Folge werden die Proteine nicht exprimiert. Der Inhibitionseffekt ist bei grampositiven Bakterien stärker ausgeprägt als bei gramnegativen, da die gramnegative Bakterienmembran für Oxazolidinone weniger permeabel ist.
An b-Lactame erinnert noch die Lactam-Struktur dieser neuen Antiinfektiva-Klasse hier als zyklische Carbaminsäureester. Beim Fluormorpholinylphenylring denkt man eher an moderne Chinolon-Chemotherapeutika. Durch Struktur-Wirkungsanalyse fand man folgende essentielle Strukturelemente: Acetylaminomethylgruppe an C-5, S-Konfiguration an C-5 und ein Wirkungs-verstärkender Substituent an C-3.
Das neue Oxazolidinon U-100480 entfaltet gute Aktivität gegen Mycobacterium tuberculosis (65). In letzter Zeit wurden multiresistente Stämme dieses Bakteriums beobachtet, die im Zuge der HIV-Pandemie wieder neu auftreten. Das macht die Notwendigkeit neuer antimycobakterieller Arzneistoffe deutlich.
Die Oxazolidinone Eperezolid und Linezolid zeichnen sich durch sehr gute Aktivität gegen Methicillin-resistente Staphylococcus aureus, Enterokokken und Streptokokken aus (66, 67). In ihrer Wirksamkeit sind sie mit Vancomycin vergleichbar. Gegenüber gramnegativen Keimen sind sie kaum wirksam. Linezolid befindet sich in der Phase III und soll Ende 1999 in Nordamerika und Europa zugelassen werden.
b-Lactam: Ein Strukturelement, das wirkt
Die Entdeckung und Strukturaufklärung der b-Lactame war ein Geschenk für die Menschheit und eine Glanzleistung der Wissenschaft. Das Geschenk will gepflegt werden: durch rationale, kontrollierte Anwendung der Arzneimittel. Aber auch wenn sie den molekularen Feinheiten der Wirkung nachspüren, können forschende Pharmazeuten und Mediziner dafür sorgen, dass die Waffe nicht bald stumpf und verbraucht ist. Daneben haben uns diese Wirkstoffe eine chemische Struktur beschert, nämlich das b-Lactam, aus dem sich mit guter und geschickter pharmazeutischer Chemie noch eine Menge machen lässt.
Literatur von Teil I und II:
Für die Verfasser:
Dr. Peter Imming,
Fachbereich Pharmazie der Philipps-Universität,
Marbacher Weg 6,
35032 Marburg
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