Oxidativer Stress lässt die Haut alt aussehen |
21.06.2004 00:00 Uhr |
Freie Radikale
von Alexandra Stolzing, Berlin, und Tilman Grune, Berlin, Düsseldorf
Ein ausgiebiges Sonnenbad ist purer Stress für die Haut. Unter dem Einfluss von UV-Strahlung entstehen freie Radikale, meist reaktive Sauerstoffspezies, die die Haut vielfältig schädigen. Antioxidantien und andere Wirkstoffe sollen vor oxidativem Stress und vorzeitiger Hautalterung schützen. Möglicherweise kann man auch bereits vorhandene Schäden in der DNA wieder rückgängig machen.
Die Haut, das mit Abstand größte Organ, dient als Barriere zwischen dem individuellen Organismus und der Umwelt. Diese metabolisch hochaktive Schutzschicht ist ständig oxidativem Stress ausgesetzt, der durch innere und äußere Faktoren hervorgerufen wird. Diese Faktoren, insbesondere Sonnenstrahlen, erzeugen schädliche Radikale, meist reaktive Sauerstoffspezies (ROS). Jede Hautschicht – von außen nach innen: Stratum corneum, Epidermis, Dermis und Hypodermis – hat ihr eigenes Schutzsystem gegen den Angriff freier Radikale und ist je nach Funktion dieser Schicht unterschiedlich zusammengesetzt.
Während des oxidativen Stresses werden mehr freie Radikale und Oxidantien (ROS) in der Haut gebildet, als die antioxidativen Schutzsysteme abfangen können. Die überzähligen ROS verändern das Redox-Gleichgewicht der Hautzellen. Dadurch werden redoxsensitive Signalwege aktiviert, die eine Veränderung der Genexpression auslösen.
Oxidativer Stress entsteht durch einen Überschuss an ROS, zum Beispiel als Folge von UV-Exposition oder Ozon-Belastung. Es gibt allerdings auch Fälle mangelhafter endogener Radikalabwehr, zum Beispiel bei einem Mangel an antioxidativen Vitaminen oder Enzymdefekten in der antioxidativen Abwehr. Diese Form von oxidativem Stress kann durch pathophysiologische Entzündungsreaktionen und den Stoffwechsel der Zelle verstärkt werden (1).
Die Schädigung durch Ozon hat in den letzten Jahren zugenommen (2). Dieses wirkt hauptsächlich an der Oberfläche der Haut, dem Stratum corneum, und verbraucht dort Antioxidantien. Es kann direkt mit Antioxidantien interagieren oder zur weiteren ROS-Bildung anregen. Ob die daraus entstehenden Verbindungen, zum Beispiel Lipidperoxidationsprodukte, tiefer in die Haut eindringen können und dort weiteren Schaden verursachen, ist wahrscheinlich, aber bisher noch nicht detailliert untersucht.
Schäden in allen Hautschichten
Radikale entstehen schon bei kurzfristiger UV-Bestrahlung durch Hydrolyse von Wassermolekülen und können weitere Folgeschäden verursachen. Zudem treten direkte Strahlungsschäden in Strukturen mit passendem Absorptionsspektrum, insbesondere der DNA, auf.
Die langwellige UVA-Strahlung kann bis in tiefe Hautschichten vordringen. Somit kann sie nicht nur mit den epidermalen Zellen, sondern auch mit den Fibroblasten der Dermis reagieren und dort die Bildung von Radikalen anstoßen. Die kurzwellige UVB-Strahlung dagegen wird zum großen Teil bereits in der Epidermis absorbiert und verändert hauptsächlich DNA und Proteine in epidermalen Keratinozyten und Langerhans-Zellen (3). In geringerem Maße regt auch UVB-Strahlung die Bildung von Radikalen durch Hydrolyse an. So werden Lipide, Proteine und Nukleinsäuren durch verschiedene UV-Wellenlängen in unterschiedlichen Schichten geschädigt. Die Schädigung durch UVC ist unbedeutend, da dieses in der Ozonschicht der Atmosphäre absorbiert wird. Daraus resultiert die extreme UV-Belastung in Bereichen einer verdünnten oder fehlenden Ozonschicht („Ozonloch“).
Die Lipide der Hautzellen bestehen zu 25 Prozent aus ungesättigten Fettsäuren; daher findet man auch in normaler, gesunder Haut Lipidperoxidationsprodukte (4). Ihre Konzentration wird stark durch Ernährung, Zellumsatz und verschiedene Umwelteinflüsse, zum Beispiel die Strahlenexposition, beeinflusst. In Studien mit humanen Keratinozyten und Hautfibroblasten wurde gezeigt, dass deren Gehalt an Malondialdehyd, einem Marker für Lipidperoxidation, nach Einwirken von UVA- und UVB-Strahlung signifikant steigt (5).
Die Veränderungen in den Lipiden der Zellmembran modifizieren deren Fluidität. Damit verbundene Wechselwirkungen mit membrangebundenen Proteinen können den Zellstoffwechsel verändern (6). Eine mögliche Folge ist ein überhöhter Einstrom von Calcium in die Zelle. Dadurch können schädigende Enzyme wie Proteasen und Endonukleasen (7) oder Radikal generierende NO-Synthasen und Oxidasen (8) aktiviert werden.
DNA wird vor allem durch UVB-Strahlung geschädigt, die somit ein größeres mutagenes Potenzial als UVA-Strahlung hat. Bedingt durch Überlappung der Absorptionsspektren der Basen der Nukleinsäuren und der Wellenlänge der UVB-Strahlen schädigt UVB die DNA hauptsächlich direkt (9), da die Quanten der kurzwelligen UVB-Strahlung direkt von der DNA absorbiert werden. Dabei entstehen Photodimere aus zwei benachbarten Basen. Werden diese Stellen nicht repariert, kommt es zu Basenmodifikationen, Doppel- und Einfachbrüchen der DNA (10), die das Krebsrisiko erhöhen (Photocarcinogenese) (11).
Aber auch das Eingreifen der DNA-Reparatursysteme kann Schäden setzen. DNA-Strangbrüche aktivieren Signalwege, die NAD verbrauchen, für dessen Abbau das Enzym PARP (Poly-(ADP)-Ribose Polymerase) verantwortlich ist. Eine Aktivierung der PARP hat zur Folge, dass NAD verbraucht wird; dadurch kommt es zu einem Verlust an ATP, das zur Neusynthese von NAD benötigt wird. Eine übermäßig starke Aktivierung des „Schutzenzyms“ PARP kann deshalb zum Zelltod durch NAD- und ATP-Verlust führen.
Weiterhin sind DNA-Schäden durch die in den Nukleinsäuren eingelagerten Metallionen möglich. Unter dem Einfluss von UV-Strahlung katalysieren sie die Radikalbildung. In der Kettenreaktion von Ereignissen, die durch den oxidativen Stress aktiviert werden, spielen auch freigesetzte Endonukleasen eine Rolle, die durch das Eindringen von Calcium aktiviert werden (12, 13).
Die Haut enthält strukturell wichtige, fibrilläre Proteine in hoher Konzentration, insbesondere Keratin, Elastin und Kollagen. Eine Oxidation dieser Proteine verändert ihre räumliche Struktur, was ihre Funktionsfähigkeit beeinträchtigen und den proteolytischen Abbau verändern kann. Außerdem fördert oxidativer Stress intra- und intermolekulare Vernetzungen (14), die in der Regel eine größere Resistenz gegenüber Proteasen bewirken. Eine Photooxidation epidermaler Proteine durch UVA wurde im menschlichen Stratum corneum und in geringerem Maß auch in den tieferen Schichten der Haut festgestellt (1). Weitere durch Radikale induzierte Veränderungen sind die Akkumulation von Elastin durch eine Erhöhung des m-RNA- und Protein-Levels und ein erhöhter Abbau von Kollagen (15).
UVA-Strahlung kann durch Photoreduktion Eisen aus dem Speicherprotein Ferritin freisetzen (16). Eisenionen, die nicht in Ferritin oder Transferrin gebunden sind, schädigen Zellen und Gewebe durch die Bildung von Radikalen in Fenton-Reaktionen (17, 18). Bei vielen Hauterkrankungen spielt oxidativer Stress ebenfalls eine wichtige Rolle.
Schutzmechanismen der Haut
Neben Kleidung sind Sonnencremes die bekannteste Möglichkeit, um sich vor UV-Schäden und Sonnenbrand zu schützen. Inwieweit sie auch bei einer lang andauernden, niedrig dosierten UV-Bestrahlung an exponierten Hautstellen schützen, ist noch umstritten (3).
In den natürlichen Schutzsystemen wirken viele Mechanismen auf verschiedenen Ebenen neben- und miteinander. Funktionell lassen sich Präventions-, Reparatur- und Adaptionsprozesse unterscheiden. Nur einen kleinen Teil, nämlich die Antioxidantien, kann man exogen beeinflussen.
Die einfachste präventive Strategie der Natur gegen schädliche Sonnenstrahlung ist die Absorption oder Brechung des Lichts durch eine Verdickung des Stratum corneum und der totalen Dicke der Epidermis. Die Proteine Elastin und Kollagen, das Pigment Melanin sowie Chinone und Flavine (in Photoproteinen) liegen in großen Mengen in der Epidermis vor und bilden einen Filter gegen UV-Strahlung; damit schützen sie wichtigere und empfindlichere Proteine (15).
Zu den Reparatursystemen gehören alle Enzyme, die für den Abbau geschädigter Proteine der Dermis und der extrazellulären Matrix zuständig sind. Dazu zählen besonders Enzyme, die geschädigtes Kollagen, Elastin oder andere Matrixproteine abbauen oder wiederherstellen. Bei den extrazellulär vorliegenden Proteinen katalysieren vornehmlich Metalloproteinasen den Abbau. Zu den enzymatischen Reparaturprozessen zählen auch die DNA-abhängigen Vorgänge wie die Nukleotidexzisionsreparatur.
Vergleicht man die beiden Zelltypen der Haut – Keratinozyten und Fibroblasten – in ihrem Ferritingehalt, sieht man, dass Keratinozyten, die der Sonneneinstrahlung mehr ausgesetzt sind, auch mehr Ferritin enthalten. Dies soll ein mögliches Auftreten von freien Eisenionen verhindern (19). Proteine, die diese Ionen chelatisieren, schützen die Haut vor freiem Eisen. Dieser Prozess kann als Adaptionsprozess der Haut an oxidativen Stress angesehen werden.
Weitaus bekannter (weil sichtbar) sind biochemische Adaptionsprozesse, die als Bräunung der Haut bekannt sind. Bei der enzymvermittelten Oxidation des Melanins in der Haut kommen zwei Prozesse zum Tragen. Über die UV-induzierte Umverteilung der Melanozyten in der Haut und Oxidation des Melanins entsteht eine sofortige Bräune. In einem langsamen Bräunungsprozess wird eine Neubildung von Melanin angeregt. Melanin und die Melanozyten bilden eine Barriere für die UV-Strahlung und schützen so andere Strukturen vor erneuter Strahlung, da dann wieder neues und mehr Melanin vorliegt. Dies konnte in vielen Studien gezeigt werden. Gebräunte Haut erleidet bei gleicher UV-Dosis im Vergleich zu ungebräunter Haut eine verminderte Schädigung der DNA (20). Pigmentierte Melanozyten enthalten nach UVB-Bestrahlung weniger Photodimere in der Erbsubstanz als helle Melanozyten (21).
Sowohl UVA als auch UVB können die Genexpression in Hautzellen verändern. Es wird vermutet, dass der zelluläre Redoxstatus dabei eine entscheidende Rolle spielt. ROS könnten als „chemische Botschafter“ fungieren. So wird etwa der Transkriptionsfaktor NF-B durch Ozon (22), UVA (23) und UVB (24) aktiviert. Ein weiteres Beispiel solcher Transkriptionsfaktoren ist der AP-1-Faktor, der Gene für die Produktion von Matrixproteinasen (25), Häm-Oxygenase (26) und die Ornithindecarboxylase (27) reguliert. Diese Genprodukte schützen Zellen vor oxidativem Stress, beeinflussen Abbau und Regeneration der extrazellulären Matrix und regulieren die Zellproliferation.
An Fibroblastenkulturen wurde festgestellt, dass sowohl UVA- als auch UVB-Strahlung die Genexpression verändern kann (28). Der beobachtete Unterschied in der notwendigen Menge an UVA oder UVB könnte auf die unterschiedliche Menge oder Art der gebildeten Radikale sowie auf die Hauptwirkorte der Strahlung zurückzuführen sein. Niedrige UV-Dosen aktivieren die DNA-Reparatur. Photodimere werden aus der DNA beseitigt und die Neusynthese der dafür notwendigen Enzyme induziert. Daher wird die Zelle bei erneuter Bestrahlung weniger geschädigt. Wurden humane Keratinozyten niedrigen Dosen an UV-Strahlung ausgesetzt, waren sie bei späteren hohen Dosen besser vor Apoptose geschützt (29).
Ein weiteres effektives System bilden Hitzeschockproteine (HSP). So ist HSP70 an vielen Reparaturprozessen beteiligt und kann leicht beschädigte Proteine, die ihre natürliche Faltung durch ROS-Angriff verloren haben, in ihrer Rückfaltung unterstützen und dadurch auch ihre Funktion wieder herstellen (30). Knock-out-Mäuse, die HSP70-Protein nicht produzieren, waren sehr viel anfälliger gegen UV-Strahlung als Kontrolltiere. Ihre Epidermis zeigte 24 Stunden nach Bestrahlung eine enorme Zunahme an apoptotischen und nekrotischen Zellen. Es ist auch bekannt, dass eine künstliche Überexpression von HSP70 in Fibroblasten diese Zellen vor UV-Strahlung bewahrte (31).
Die Haut des Menschen enthält alle wichtigen enzymatischen und niedermolekularen Antioxidantien, die man heute kennt (32, 15). Das Muster der Expression und Verteilung der gängigen antioxidativen Schutzsysteme (Superoxiddismutasen, Katalasen, Glutathionsystem) und der niedermolekularen Antioxidantien hängt von der Hautschicht ab, wobei die antioxidative Kapazität der Epidermis größer ist als die der Dermis. Ähnliches gilt für das Stratum corneum im Vergleich zur Epidermis. So enthält die Epidermis etwa fünf Mal mehr Vitamin C als die Dermis (1).
Als wichtigste niedermolekulare Antioxidantien in der Haut gelten Vitamin C und E, die beide nicht vom Menschen synthetisiert werden können, sowie Glutathion, Thioredoxin und Liponsäure, die der menschliche Körper selbst bilden kann (33). Während UV-Bestrahlung werden diese Schutzmoleküle aufgebraucht. Dies wurde in zellfreien Systemen sowie an Keratinozyten-Zellkulturen und an der Haut von Mäusen für Vitamin E (34), Vitamin C (35), Ubichinon/Coenzym Q10 (36), Katalase (37), Superoxiddismutase (38), Glutathionperoxidase (39) und Glutathionreduktase (40) nachgewiesen (41, 42). Darauf begründet sich die Wirkung der topischen Applikation einiger Antioxidantien.
Altern durch Photoaging
Im Alter verringert sich die Funktionalität der Haut ebenso wie die anderer Organe. Die normale Hautalterung ist charakterisiert durch strukturelle Abnutzung und Verlust der Hautdicke (Kasten). Symptome sind erhöhte Fragilität, Verlust der Elastizität und zunehmende Transparenz (43). Normal gealterte Haut erscheint glatt, blass und mit feinen Falten durchzogen (44). Versuche an menschlichen Keratinozyten haben gezeigt, dass alte Zellen weniger resistent gegen UV-induzierte Schäden sind. Junge Haut ist besser in der Lage, Schäden zu reparieren. Das liegt zum Großteil daran, dass alte Haut weniger hydrophobe niedermolekulare Antioxidantien enthält als junge Haut (45).
Zur Hautalterung tragen sowohl intrinsische (genetische) und extrinsische (Umwelt-) Faktoren bei. Die Hauptrolle spielt UV-Licht; dazu kommen weitere Einflüsse wie Rauchen, Passivrauchen, Ozonbelastung und fehlerhafte Ernährung.
Die Lichtalterung (Photoaging) ist ein komplexer biologischer Prozess, der alle Schichten der Haut berührt (Tabelle). Die Hauptschäden finden in der Dermis statt. Klinisch gesehen gibt es zwei Typen von Photoalterung: den Mailian’s Citrine Hauttyp mit tiefen Hautfalten, Schlaffheit, lederartigem Aussehen, Blasenbildung und verminderter Wundheilung sowie den atrophischen, teleangiektatischen Typ mit erhöhter Anzahl an kleinen Blutgefäßen (46). Zu den nachweisbaren Veränderungen gehören Verlust und spezifischer Abbau von dermalem Kollagen, erhöhte Expression von Gewebemetalloproteinasen sowie eine massive Zunahme an Elastin. N-Carboxy-methyl-Lysin, ein potenzieller Marker für oxidativen Stress, wurde in erhöhter Menge in humaner photogealterter Haut gefunden (47).
Die größten Unterschiede zwischen Photoaging und chronologischem Altern der Haut findet man in der Dermis (48). Die Kollagensynthese nimmt in lichtgealterter Haut dramatischer ab als in normal gealterter Haut (49). Zudem haben Fibroblasten der Dermis der photogealterten Haut eine veränderte Morphologie, ein hochaktives endoplasmatisches Retikulum und erhöhte biochemische Aktivität (50).
Somit führt oxidativer Stress zu Hautschäden, die mit dem Alter zunehmen. Ein Areal der Haut, das der Umwelt ausgesetzt ist, altert intern durch den natürlichen Altersprozess und extern vor allem durch Strahlung. UV-Bestrahlung der Haut führt zu einem Hautbild, das dem der Altershaut ähnelt. Extrinsisches Altern macht bis zu 80 Prozent der Veränderungen aus, die man bei alter Haut findet (49).
Protektion durch Antioxidantien
Es wurde beobachtet, dass die Menge an niedermolekularen Antioxidantien in der Haut nach Bestrahlung abfällt (1). Daher ist man allgemein der Meinung, dass eine perorale oder topische Applikation von Antioxidantien Strahlungsschäden der Haut minimieren könne . Während der protektive Effekt einer topischen Applikation oft belegt ist, gibt es für die hautprotektive Wirkung einer systemischen Einnahme meist nur erste Hinweise.
Betacarotin und Vitamin A
Diese Substanzen schützen die Zellmembran vor der radikalvermittelten Lipidperoxidation. Betacarotin verhindert die Bildung von Lipidperoxyl-Radikalen. Zusätzlich beeinflusst es über eine Aktivierung der Keratinozytenproliferation die epidermale Dicke der Haut (51) und wirkt als UV-Filter.
Da Betacarotin sehr instabil ist, werden häufig Retinol, Retinylacetat oder Retinal zum Sonnenschutz eingesetzt. Einige klinische Studien am Menschen zeigen jedoch, dass der Effekt gegen Sonnenbrand und strahlungsinduzierte Inflammation nur bedingt vorhanden ist (16, 52). Eine Prävention von Hautkrebs scheint nicht zu erfolgen. Nicht melanomer Hautkrebs kam ebenso häufig bei Patienten vor, die das Vitamin regelmäßig einnahmen, wie in den Kontrollgruppen oder bei den Kontrollpatienten (53).
Vitamin C (Ascorbinsäure)
Eine Studie an gesunden Patienten zeigte, dass Vitamin C bei gleichzeitiger peroraler Vitamin E-Gabe UVA/UVB-induzierte Schäden vermindern kann (54). Nach topischer Applikation wirkt Ascorbinsäure als effektiver Radikalfänger und vermindert so oxidativen Stress. Zusätzlich kann es die Kollagenproduktion steigern und wird daher von einigen Autoren als Anti-Hautaging-Mittel angesehen, da die Haut durch mehr Kollagen jugendlicher aussieht (55).
Ascorbylpalmitat hat antiinflammatorische Wirkung. Nach UV-Bestrahlung der Haut wurde eine Verminderung der Hautrötung festgestellt, wenn Ascorbylpalmitat lokal auf die geschädigte Stelle aufgetragen wurde (56).
Vitamin E
Dieses Vitamin wird ausschließlich in Pflanzen produziert. Es handelt sich um eine Gruppe von Chromanol-Derivaten, die in Tocopherole und Tocotrienole eingeteilt werden. Vitamin E hat Radikalfänger-Eigenschaften und kann ungesättigte Fettsäuren von Membranen vor Oxidationen schützen. Die Gabe von Vitamin E zu Kulturen humaner Keratinozyten vermindert den durch Strahlung verursachten oxidativen Stress (56). Ein Schutz vor Hautkrebs oder Sonnenbrand ist aber nicht eindeutig nachgewiesen. Ergebnisse beim Menschen sind widersprüchlich. So fanden einige klinische Studien, dass a-Tocopherol keinen Schutz vor Sonnenbrand oder Hautkrebs gewährt (57), während eine Studie von Wohlrab und Mitarbeitern 2002 neben der antiinflammatorischen Funktion auch eine Verminderung des Hautkrebsrisikos feststellt (56). Einige Gruppen zeigten ein vermindertes Entstehen von Erythemen (Sonnenbrand) bei topischer Gabe von Vitamin E (56).
Gleichzeitige Gabe von Vitamin C und E potenzierte die Schutzwirkung gegen Sonnenbrand bei gesunden Probanden (54). Die Kombination ist sinnvoll, da Vitamin C in der Lage ist, Vitamin E zu regenerieren. Vitamin E hat ebenfalls eine Anti-Aging-Wirkung auf die Haut, indem es die Kollagenbildung anregt und Hautfältchen vermindert. Auch eine Protektion vor Hauttumoren konnte bei topischer Applikation gezeigt werden (58).
Der Gehalt an Vitamin E in den Hautschichten nimmt von außen nach innen ab. So findet man in den unteren Schichten des Stratum corneum zum Teil zehnfach höhere Konzentrationen. Um Tocopherol in den oberen Schichten zu regenerieren, gibt es ein spezielles Transportsystem von der Epidermis, die ebenfalls sehr viel Tocopherol enthält, hin zum Stratum corneum (1).
Ubichinon (Coenzym Q10)
Die Resistenz der Keratinozyten gegen UV-Licht nimmt im Lauf des Lebens immer mehr ab. Natürlich vorkommendes Ubichinon in der Epidermis kann jedoch durch topische Applikation regeneriert werden. Es interagiert direkt mit Oxidantien und scheint auch die Regeneration von Vitamin E zu beeinflussen. In kultivierten humanen Hautzellen zeigte sich bei Zugabe von CoQ10 zum Kulturmedium ein protektiver Schutz bei UV-Bestrahlung. Bestehende Hautveränderungen, die durch Lichtalterung hervorgerufen wurden, konnten zumindest teilweise durch Ubichinon reduziert werden (32).
Melatonin
Das Hormon Melatonin wirkt in vitro als potenter Radikalfänger. Als Hormon ist seine Konzentration im Körper so gering, dass diese Eigenschaft in vivo keine Rolle spielen dürfte. Einige Studien haben die photoprotektive Wirkung nach topischer Applikation bewiesen, und zwar sowohl als Einzelsubstanz als auch in Kombination mit Vitamin E oder Vitamin C (59). Jedoch ist bisher nur wenig über den Wirkmechanismus bekannt. Versuche an Fibroblasten zeigen, dass eine Melatonin-Supplementation vor einer UV-Bestrahlung besonders vor Lipidperoxidation schützt und die Zellvitalität erhält.
Selen
Selen ist ein essenzielles Spurenelement für den Menschen und notwendig für eine normale Funktion der Immunabwehr. Eine perorale oder topische Gabe schützte vor UV-induzierten Entzündungsreaktionen, oxidativen DNA-Schäden, Lipidperoxidation und dem apoptotischen Absterben von Zellen (60). Zudem scheint es in Mäusen und Menschen die Entstehung von Hautkrebs zu vermindern (51).
Selenoproteine sind an der Bräunungsregulation der Haut beteiligt (61). Die Konzentration an Selenoproteinen, zum Beispiel die für die Haut wichtige Thioredoxin-Reduktase, variiert sowohl zwischen den einzelnen Zelltypen der Haut als auch bei verschiedenen Hauttypen wie negroide oder europäische (62). Das Thioredoxin/Thioredoxinreduktase-System kann SH-Gruppen der Proteine reduzieren, so dass radikalvermittelte Oxidationen von Proteinen rückgängig gemacht werden und die Funktion der Proteine erhalten bleibt. Ebenso kann das System Lipidperoxide, Wasserstoffperoxid und organische Peroxide über NADPH als Co-Faktor reduzieren und unschädlich machen.
Innovatives zur Hautprotektion
Neben den etablierten Antioxidantien, die bereits in verschiedenen Formulierungen angewandt werden, sind weitere Ansätze denkbar, die in Zukunft erheblich zur pharmakologisch orientierten Hautprotektion beitragen könnten (Abbildung 4).
Die Gabe von (-)-Epigallocatechin-3-Gallat zur Zellkultur von humanen dermalen Fibroblasten oder in haarlosen Mausen senkte die Lipidperoxidation (70). UVA-induzierte Hautschäden wurden minimiert und die Abnahme von dermalem Kollagen in den Mäusen vermindert. Auch die Aktivierung von NF-B und AP-1, beides oxidative Stresssensoren, wurde blockiert und damit die Apoptose gehemmt. Eine topische Applikation vor UVB-Bestrahlung reduzierte die Leukozyteneinwanderung, die Myeloperoxidase-Aktivität und die Häufigkeit von Erythemen (Sonnenbrand) (30). /
Auf einen Blick
Unsere Haut ist ständig oxidativem Stress, vor allem durch Sonnenstrahlung ausgesetzt. Körpereigene Reparatur-, Präventions- und Adaptionssysteme sowie diverse Antioxidantien wirken diesen Schäden entgegen. Dennoch führt deren Akkumulation dazu, dass die antioxidativen Schutzsysteme im Alter nachlassen. Schäden durch Sonnenstrahlung können den Alterungsprozess der Haut drastisch beschleunigen.
Somit ist es wichtig, so früh wie möglich mit einer Verbesserung des antioxidativen Schutzes der Haut zu beginnen. Eine Reihe von Wirkstoffen kann hier auf verschiedenen Ebenen eingreifen. Welche man wählt oder ob man Kombinationen für einen optimalen Schutz verwendet, mag sich von Situation zu Situation stark unterscheiden. Bemerkenswert ist, dass es auch möglich scheint, vorhandene Schäden teilweise rückgängig zu machen. Die wahrscheinlich effektivste Methode, um oxidativen Lichtschaden zu verhindern, ist sicherlich nicht die erfreulichste: Meidung von direkter Sonneneinstrahlung.
Veränderungen der Haut durch natürliche Alterung und Photoaging
Altersabhängige Veränderungen der Haut
Epidermis wird dünner.
Dermis wird dünner und weniger flexibel.
Der Kontakt zwischen Dermis und Epidermis nimmt ab, so dass es eher zu Verletzungen durch Scherkräfte kommen kann.
Die Dermis alter Haut enthält weniger Fibroblasten und dadurch bedingt weniger Elastin und Kollagen.
Die Haut wird trockener.
Verletzte Haut wird langsamer regeneriert.
Die Melanozytenfunktion nimmt ab.
Alte Haut wird langsamer dunkel und ist auch schlechter durch Sonneneinstrahlung geschützt.
Weniger Immunzellen vorhanden (Langerhans-Zellen)
Effekte der Photoalterung
Die Epidermis wird dicker.
Mehr Elastin in der Epidermis
Faltenbildung
Verstärkter Verlust an Langerhans-Zellen
Literatur
Die Autoren
Tilman Grune war nach dem Medizinstudium in Moskau mehrere Jahre am Institut für Biochemie der Medizinischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin (Charité) beschäftigt. 1992 wurde er promoviert und ging als Post-doc nach Albany, New York. Von 1994 bis 2003 leitete er die Forschungsabteilung der Klinik für Physikalische Medizin und Rehabilitation der Charité, die seit 2000 dem Neurowissenschaftlichen Forschungszentrum der Charité zugeordnet war. 1998 habilitierte sich Dr. Grune. Seit 2003 ist er im Bereich Molekulare Altersforschung des Instituts für Umweltmedizinische Forschung an der Universität Düsseldorf tätig. Seine Forschungsschwerpunkte sind radikalisch initiierte Gewebeschäden, der Metabolismus oxidierter Proteine sowie die molekularen Grundlagen der Alterung, insbesondere von Haut und Gehirn.
Alexandra Stolzing studierte Biologie an der Rheinischen Friedrich-Wilhelm-Universität Bonn und wurde an der Humboldt-Universität zu Berlin promoviert. Seit 2004 ist sie in Sheffield, England, am Zentrum für Biomaterialien und Gewebeherstellung beschäftigt. Ihre wissenschaftlichen Arbeitsgebiete umfassen die Erforschung des Altersphänomens in Gehirnzellen und seit neuestem in Stammzellen sowie die Erforschung von Antioxidantien und so genannten AGE-Hemmern (Advanced glycation endproduct).
Anschrift der Verfasser:
Alexandra Stolzing
Neurowissenschaftliches Forschungszentrum
Medizinische Fakultät (Charité)
Schumannstraße 20/21
10089 Berlin
Privatdozent Dr. Tilman Grune
Institut für umweltmedizinische Forschung an der Heinrich-Heine-Universität
Auf’m Hennekamp 50
40225 Düsseldorf
Tilman.Grune@uni-duesseldorf.de
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