Eitel Sonnenschein ist nicht angesagt |
07.06.1999 00:00 Uhr |
HAUT UND LICHTSCHUTZ
Beim Wort Strahlung werden die meisten Menschen hellhörig, manche bekommen es sogar unterschwellig mit der Angst zu tun, sei es durch das Röntgenbild beim Arzt oder durch neuentdeckte Unsicherheiten eines Kernreaktors. Daß man für ähnlich gefährliche Strahlung bei einer Urlaubsreise sogar noch Geld bezahlt, ist den wenigsten bekannt. Denn weitaus größer als das Ozonloch ist das Wissensloch in den Köpfen der Menschen.
Was manche ihrer Haut an Urlaubssonne zumuten, würde selbst die Haut eines Nordafrikaners kaum wegstecken. Jede im Übermaß genossene Strahlendosis der Sonne verändert die Zellstruktur, und diese Schäden sind auf Dauer irreparabel. Der Apotheker hat in der Offizin gute Gelegenheit, seine Kunden für die Gefährlichkeit der Sonnenstrahlen zu sensibilisieren und Tips zu geben, wie man sich besonnen sonnt.
Das Ozonloch über Südchile, Neuseeland und Australien veranlaßt inzwischen bereits Menschen mit gesunder Haut, die Sonne zu meiden und so deren Risiken zu mindern. So lassen Eltern in der im südlichen Chile gelegenen Stadt Punta Arenas ihre Kinder zwischen 10 und 15 Uhr im Hause, und das Fußballtraining ist vom Nachmittag auf den frühen Abend verlegt worden. In Neuseeland werden die Schulkinder dazu angehalten, Hüte zu tragen und ihr Schulbrot im Schatten der Bäume zu essen. Die australische Regierung bringt Warnungen heraus, wenn die von der Sonne ausgehenden UV-Strahlen besonders hohe Werte erklimmen. Wenn möglich werden dort Arbeiten im Freien nur in den frühen Morgen- und späten Nachmittagsstunden ausgeführt.
Griffige Slogans wie "SLIP, SLOP, SLAP" ("Schlüpf in ein Hemd, klecks Dir Sonnenschutz auf und trag einen Hut"), eine Plakataktion mit dem Spruch "Me no fry" ("Ich brate nicht") oder die Aufforderung "Be sunwise" ("Sei sonnenklug") waren enorm medienwirksam und haben das Verhalten vieler Menschen beeinflußt. Die Aufklärungskampagnen über den Zusammenhang zwischen Sonnenexposition und Hauttumoren, die in Australien wegen der englisch-irischen Einwanderer mit besonders hoher Lichtempfindlichkeit bei extremer UV-Belastung dringend erforderlich waren, haben ähnliche Aktionen in Deutschland angeregt. Die Kommission zur Früherkennung von Hautkrebs und die Deutsche Krebshilfe (Abbildung) machten mit markigen Sprüchen wie "Was Urlaubssonne kosten kann, steht nicht im Reisekatalog" oder "Sonnenbrand ist fahrlässige Körperverletzung" auf das Thema aufmerksam.
Der Sommer bringts ans Licht
Die ersten intensiveren Sonnentage kommen, und damit auch die Probleme für die Haut. Die unsichtbaren Strahlen haben es in sich. Wird die individuelle Toleranzgrenze gegenüber Sonnenlicht (Erythemschwelle) überschritten, schmerzt ein Sonnenbrand auf der Haut. Außerdem ist UV-Licht in der Lage, dem hauteigenen Immunsystem ordentlich zuzusetzen. Die Anfälligkeit für Defekte in der Erbsubstanz wird erhöht; damit ist die Zündschnur für einen späteren Hautkrebs gelegt. Die geschwächte Abwehrkraft sorgt für vorzeitige Hautalterung, Photoageing, und läßt sie faltig-fahl aussehen. Man bedenke: 75 bis 80 Prozent der gesamten Hautalterungsprozesse sind auf UV-Strahlen zurückzuführen. Die Überdosis Sonnenstrahlen brennt sich unwiderruflich in die Haut ein und wird damit zu einem verräterischen Zeitzeugen.
Im Mittelpunkt des Forscherinteresses stand in den letzten Jahren besonders die immunsuppressive Wirkung der UV-Strahlen. Lange Zeit machte man dafür den UV-B-Anteil des Sonnenspektrums zum Hauptverantwortlichen. Heute weiß man jedoch, daß auch die UV-A-Strahlung eine nicht unerhebliche Rolle in diesem Prozeß spielt. Experten sind sich sicher, daß hohe Dosen an UV-A nicht nur eine Hautatrophie mit Elastosen bewirken, sondern auch zur Karzinogenese beitragen. Ein hoher Schutz vor UV-A-Strahlung wird demnach immer wichtiger.
UV-Strahlung wirkt lokal immunsuppressiv, indem sie die Langerhanszellen schädigt, die zwischen den Keratinozyten der Epidermis eingebettet sind. Langerhanszellen erkennen physiologischerweise körperfremde Substanzen an ihren Oberflächeneigenschaften und regen die Produktion von antigenspezifischen Tumorsuppressorzellen an. Nach einer UV-Bestrahlung nehmen Funktion und Zahl der Langerhanszellen dosisabhängig ab. Selbst UV-B-Strahlenmengen unter der minimalen Erythemdosis schädigen diesen Zelltyp. Geschädigten Langerhanszellen ist es nicht mehr möglich, Tumorsuppressorzellen zu initiieren. So werden maligne, entartete Zellen nicht mehr erkannt und deshalb vom Immunsystem nicht abgestoßen.
Das beeinträchtigt auch die Elimination somatisch mutierter Keratinozyten, wodurch UV-geschädigte Zellen leichter zu einem klinisch manifesten Lichtschaden führen können. UV-Strahlung wirkt aber auch systemisch immunsuppressiv. Untersuchungen zeigen, daß die Keratinozyten nach Bestrahlung lösliche Mediatoren wie Zytokine und den Tumornekrosefaktor freisetzen. Diese gelangen in die Zirkulation und dämpfen das Immunsystem.
Sonnenbrand: Nur nicht rot werden
Bei jedem Sonnenbrand setzt das UV-Licht DNA-Schäden. Bereits durch geringe UV-B-Dosen kommt es zur Brückenbildung zwischen und innerhalb der DNA-Stränge. Bei der Replikation kann der in Mitleidenschaft gezogene DNA-Abschnitt nicht mehr korrekt abgelesen werden. Zumeist kommt es zum Abbruch der DNA-Replikation mit Verlust des jeweiligen Genproduktes. Liegen die mutierten Sequenzen im Bereich von Genen, die das Zellwachstum beeinflussen (Onkogene, Tumorsuppressorgene), ist die Basis für maligne Transformationen geschaffen.
Ist die UV-Exposition zu stark, kommt das körpereigene Reparatursystem mit der Schadensbegrenzung nicht mehr nach. Dann kann auch oft die Apoptose, die gezielte Induktion eines Zelltodprogramms für DNA-geschädigte Zellen, nicht mehr helfen. Dieser Vorgang wird durch das Tumorsuppressorgen p53 reguliert. Interessanterweise führt UV-Licht präferentiell zu Mutationen im p53-Gen, und das bedeutet den Verlust dieses zusätzlichen Schutzmechanismus.
UV-Licht ist nicht nur deshalb ein potentes Karzinogen, weil es DNA-Schäden initiiert, sondern weil es gleichzeitig auch die Schutzmechanismen ausschaltet und das Immunsystem des Organismus supprimiert.
Die Tatsache, daß maligne Melanome im Gegensatz zu Plattenepithelkarzinomen und Basaliomen nicht vorwiegend an jenen Körperstellen zu finden sind, die der höchsten UV-Dosis im Laufe eines Lebens ausgesetzt sind, ist mit ziemlicher Sicherheit darauf zurückzuführen, daß für die Entstehung von Melanomen weniger die Menge als vielmehr die Art der UV-Exposition von Bedeutung ist. Epidemiologische Studien zeigen, daß für die Erhöhung des Melanomrisikos die Frequenz von Sonnenbrandattacken im Kindes- und Jugendalter entscheidend ist. Für die Entstehung von Plattenepithelkarzinomen und Basaliomen ist dagegen die kumulative UV-Dosis entscheidend. Das belegt folgende Beobachtung: Frauen in der Türkei erkranken erst an Lippenkarzinomen (Plattenepithelkarzinom), seit der Zwang zum Tragen eines Gesichtsschleiers abgeschafft wurde. In Kulturen, in denen Frauen selbstverständlich Lippenstift verwenden, gibt es signifikant weniger Lippenkarzinome als bei Völkern, die sich mit dem dekorativen Stift nicht die Lippen nachziehen.
Mit der Früherkennung früh genug anfangen
Die Zahl der Hautkrebskranken klettert derzeit dramatisch in die Höhe. Etwa alle fünf Jahre verdoppelt sich die Neurerkrankungsrate des malignen Melanoms. Auch die Letalität des schwarzen Hautkrebses nimmt zu. In Deutschland kommen auf 100.000 Einwohner jährlich 12 Neuerkankungen an malignem Melanom, 25 an Plattenepithelkarzinom und 80 an Basalzellenkarzinom. Die Inzidenz liegt in Australien etwa fünfmal höher als in Mitteleuropa.
Das individuelle Karzinomrisiko erhöht sich um den Faktor 16, wenn man mehr als sechzig "unruhige", ungleichmäßig pigmentierte Muttermale hat. Hat ein Mensch in der Kindheit mehr als drei Sonnenbrände erlitten, verfünffacht sich das Melanomrisiko. Entscheidend für die Prognose ist die frühzeitige Erkennung des Tumors. Den nackten Tatsachen sollte man also ins Auge sehen und die Haut regelmäßig nach Unregelmäßigkeiten absuchen. Hilfreich für die Beurteilung von Pigmentmalen ist die ABCD-Regel:
A wie Asymmetrie: Ein Mal ist unregelmäßig geformt.
B wie Begrenzung: An den Rändern scheint das Pigmentmal auszulaufen.
C wie Colorit: Das Mal hat verschiedene Hauttönungen.
D wie Durchmesser: Das Mal ist größer als fünf Millimeter (etwas weniger als ein Bleistiftdurchmesser).
Die Deutsche Krebshilfe empfiehlt, einmal im Jahr die Pigmentmale vom Hautarzt überprüfen zu lassen.
Die brennendste Frage zum Thema Solarium
Vorbräunung im Solarium als Prophylaxe für einen Sonnenbrand? Die Kommission zur Früherkennung und Prävention von Hautkrebs beantwortete diese Frage mit dem Slogan: "Einzahlung auf Ihr Hautkrebskonto bei jeder (Sonnen)bank". Die künstliche Sonne ist keineswegs eine entschärfte Variante der natürlichen. Der UV-B-Anteil der Strahler ist bei den meisten Geräten zwar reduziert, der UV-A-Anteil jedoch weit über das natürliche Maß erhöht worden, vereinzelt sogar um das 1000fache. Sogenannte Höhensonnen mit extrem hohem UV-B-Anteil sind derart gesundheitsschädlich, daß sie auf den Sondermüll gehören.
Die UV-A-Strahlung stimuliert die Melaninproduktion (Achtung: Auch UV-A2-Licht kann DNA-Schäden bewirken!); der stärkste physiologische Sonnenschutz, die Aktivierung der Lichtschwiele, kann jedoch nur durch UV-B-Strahlen angeregt werden. Insofern bietet Studiobräune keinen ausreichenden Schutz vor Sonnenbrand. Kinder und Menschen mit dem Hauttyp 1 haben nur eine fünf- bis zehnminütige Eigenschutzzeit und sollten deshalb keine Sonnenstudios besuchen.
Licht ins Thema Sonnenallergie bringen
Was der Patient in der Offizin selbst als Sonnenallergie diagnostiziert, ist in der dermatologischen Fachliteratur nur in Anführungsstrichen zu finden. Im Gegensatz zum Sonnenbrand ist die Sonnenallergie nicht genau definiert. Hinter den juckenden Knötchen, Quaddeln und Bläschen verbirgt sich eine Vielzahl von lichtabhängigen Hautveränderungen, die in Einzelfällen nur schwer zu differenzieren sind. Am bedeutsamsten sind die Polymorphe Lichtdermatose (PLD), Mallorca-Akne und photoallergische sowie -toxische Reaktionen. Der Auslöser sollte jedoch genau identifiziert werden; handelt es sich nämlich bei der vermeintlichen Sonnenallergie um eine photoallergische Reaktion oder um eine Mallorca-Akne, reicht schon die Meidung des Photoallergens oder die Wahl eines anderen Sonnenschutzproduktes, um die Sonne wieder ohne lästige Hautsymptome genießen zu können.
Etwa auf jedem fünften Dekolleté entstehen im Sommer juckende Ausschläge. Die PLD ist nach dem Sonnenbrand die häufigste lichtinduzierte Hautkrankheit, meistens trifft es jüngere Frauen. Bevorzugt auf Hautpartien, die nicht an die Sonne gewöhnt sind (Halsausschnitt, Schultern, Nacken), zeigen sich heftig juckende Flecken, Quaddeln oder Bläschen. Die PLD ist vielgestaltig (polymorph). Die Haut kann sich nach etwa ein bis drei Wochen an die UV-Strahlung gewöhnen und diese für den restlichen Sommer gut vertragen. Manchmal kommen die lästigen Symptome nur im Urlaub in südlichen Ländern vor. Problematisch: Sonnenschutzmittel bieten meist keinen ausreichenden Schutz.
Verantwortlich für die PLD zeichnet die UV-A-Strahlung. Die Hautläsionen sind sichtbares Zeichen einer abnormen Expression proinflammatorischer Gene einschließlich Zytokine, Adhäsionsmoleküle und der Ausbildung entzündlicher Infiltrate. Schon wenige Stunden nach der Bestrahlung sind diese Veränderungen in den Keratinozyten und Endothelzellen nachzuweisen. Diese immunmodulatorischen Effekte werden durch oxidative Prozesse initiiert, reaktive Sauerstoffspezies wie Singulettsauerstoff und Lipidperoxide bringen die Zellschädigung in Gang.
Sonnenschutzpräparate mit Radikalfängern wie Vitamin E (zum Beispiel Ladival Sonnen-Gel allerg) sind damit ein Ansatz bei der Prophylaxe der PLD. Hinweis: Kaum ein Sonnenschutzmittel verzichtet heute auf Vitamin E, auch wenn die Radikalfängereigenschaft nicht eigens ausgelobt ist. Am erfolgversprechendsten ist aber die orale Gabe von Radikalfängern. Die wirksamsten Effekte zeigt dabei Betacaroten, soweit es frühzeitig und in ausreichenden Dosen verabreicht wird. Experten empfehlen, etwa einen Monat vor dem Urlaub mit einer Tagesdosis von 75 bis 100 Milligramm Betacaroten (zum Beispiel Carotaben) zu beginnen. Nach zwei Wochen kann man auf 50 Milligramm reduzieren, sollte aber die Dosis auch während des Urlaubs beibehalten.
Häufig werden in der Offizin Calcium-Präparate zur Vorbeugung verlangt. Die Wirksamkeit oraler oder parenteraler Produkte ist jedoch nicht hinreichend belegt. Für das Kation werden zwei widersprüchliche Wirkmechanismen diskutiert: Einerseits soll Calcium die Mastzellen stabilisieren, andererseits soll die Calcium-Aufnahme die intrazelluläre Calcium-Konzentration erhöhen. Diese hemmt dann den Abbau von cAMP, das die Ausschüttung von Histamin reguliert. Ein cAMP-Anstieg in der Zelle unterdrückt die Histaminfreisetzung. Aufgrund der unklaren pharmakologischen Verhältnisse sollten Sie Calcium-Präparate nur denjenigen empfehlen, die darauf schwören.
Die Mallorca-Akne tritt sehr viel seltener auf als die PLD. Häufig ist die Selbstdiagnose eine Fehldiagnose. Sie vermiest vorwiegend Frauen mittleren Alters, die meist in der Pubertät Akne hatten, die Ferienstimmung in Urlaubsorten mit hoher Sonnenintensität. In Deutschland kommt die Mallorca-Akne so gut wie nie vor. Die akneartigen, an Haarfollikel gebundene Knötchen entstehen vorwiegend auf dem Dekolleté, fast nie im Gesicht. Sie werden nicht allein durch UV-A-Strahlung ausgelöst, sondern fatalerweise erst durch das Zusammenspiel mit Emulgatoren in Sonnenschutzmitteln oder Kosmetika. Die entstehenden Peroxide reizen die Follikel. Somit ist die Empfehlung in der Offizin klar: emulgatorfreie Hydrogele (zum Beispiel Capital Soleil Sonnengel, Roc Sonnenfiltergel), vorzüglich mit Radikalfängerkomplexen (zum Beispiel Eucerin Allergiegefährdete Haut Gel Creme). Sonnenschutzpräparate mit hohem Lichtschutzfaktor sind demnach wirkungslos, weil sie nur einen extremen Schutz vor UV-B bieten.
Lichtkrank durch Lichtschutz
Photosensibilisierungen sind photoallergische oder phototoxische Reaktionen. Bei dafür empfindlichen Personen wird zunächst eine Fremdsubstanz (perorale Arzneistoffe, tückischerweise topische chemische UV-Filter, Duftstoffe; Tabelle) durch UV-A-Strahlung aktiviert. Die Fremdsubstanz wird dann durch unterschiedliche photochemische Prozesse entweder durch Proteinbindung zu einem Photoallergen oder aber Sauerstoffradikale vermitteln deren phototoxische Wirkung. Das Photoallergen sensibilisiert die T-Lymphozyten, weshalb die Photoallergie einer Kontaktdermatitis sehr ähnlich sieht. Sie kann aber auch auf unbestrahlte Hautareale übergreifen.
Die Photoallergie ist eher selten, während die phototoxischen Reaktionen in den Sommermonaten relativ häufig zu beobachten sind. Klinisch zeigt sich ein sonnenbrandähnliches Bild, das mit Rötungen beginnt und in blasigen Abhebungen der Haut mündet. Typisch ist die scharfe Begrenzung der Entzündungsherde, die mit der Fläche, auf die der Photosensibilisator aufgetragen wurde, gut korreliert.
Sind chemische UV-Filter und deren Abbauprodukte für die Photoallergie verantwortlich, kann man sich mit möglichst photostabilen Sonnenschutzpräparaten behelfen, zum Beispiel solchen, die physikalisch wirkende Lichtschutzfilter enthalten. Diese penetrieren nicht in die Haut, sondern reflektieren und streuen die Strahlen an ihrer Oberfläche. Mittlerweile gibt es eine ganze Reihe von Sonnenschutzpräparaten, die die Haut ausschließlich auf der Basis von Mikropigmenten wie Titandioxid oder Zinkoxid vor der Sonne abschirmen (zum Beispiel Eucerin Allergiegefährdete Haut Mikropigment Creme, Ilrido Ultra, Neutrogena Mikropigment).
Von den chemischen UV-A-Filtern verspricht besonders Mexoryl (zum Beispiel in Anthélios, Capital Solail) Photostabilität. Es steht noch unter Patentschutz und ist den LOreal-Laboren vorbehalten. Mexoryl ist nach einer Stunde Aufenthalt in der Sonne zu annähernd 100 Prozent stabil. Andere Filter haben sich in diesem Zeitraum schon zu vierzig Prozent zersetzt. Bei dem zweiten hauptsächlich verwendeten chemischen UV-A-Filter, Butyl-methoxydibenzoylmethan, ist die Stabilität vom polaren Charakter des Lösungsmittels abhängig. Mexoryl SX, ein Benzylidencampher-Derivat, ist ein reiner UV-A-Filter, der in der Sonne reversibel isomerisiert (cis, trans).
Durch die Energieaufnahme entstehen keine photochemisch aktiven Zwischenprodukte. Dadurch ist längerer Schutz gewährleistet. Seine Anfang dieses Jahres eingeführte Schwestersubstanz Mexoryl XL hat ein noch breiteres Wirkspektrum: Mexoryl XL, ein Hydroxybenzotriazol, ist der erste photostabile Sonnenfilter mit Breitbandwirkung, da er auch den UV-B-Bereich des Sonnenspektrums für mindestens drei Stunden zuverlässig abschirmt. Die Photostabilität beruht auf einem intramolekularen Protonentransfer zwischen dem angeregten Zustand des Moleküls, das UV-Energie absorbiert hat, und seinem Basiszustand.
Mittlerweile enthalten Sonnenschutzmittel Lichtschutzfaktoren (UV-B-Schutz) von 60, möglich durch eine Vielzahl an chemischen Filtern plus anorganischen Decksubstanzen wie Zinkoxid oder Titandioxid. Doch je mehr chemische Filter, desto höher das Allergiepotential. Deshalb lieber ein Produkt mit hohem Anteil an Mikropigmenten wählen, weil dadurch die Konzentration an chemischen Filtern reduziert werden kann. Die ausschließliche Verwendung von Mikropigmenten hat aber bei Faktoren über 20 einen kosmetischen Pferdefuß: Bei der notwendig hohen Menge an Pulversubstanzen tritt ein Weißeffekt auf.
Fakt ist, daß ein Verbraucher mit normaler und gesunder Haut mit einem Präparat mit Lichtschutzfaktor 20 oder maximal 30 sicher geschützt ist. Allerdings muß das Präparat auch einen zuverlässigen Schutz vor dem UV-A-Bereich des Sonnenlichts bieten. Menschen mit blasser, empfindlicher Haut, die rasch ein Erythem ausbilden, haben eine Eigenschutzzeit von etwa zehn Minuten. Dies bedeutet, daß sich der Betroffene unter Verwendung eines Produktes mit Lichtschutzfaktor 30 immerhin bis zu fünf Stunden in der Sonne aufhalten kann, ohne daß ein spürbares Erythem auftritt. Die Anlagen zum chronischen Lichtschaden werden allerdings schon früher ausgebildet.
Dieses Ausreizen der erlaubten Bestrahlungszeit könnte der Grund für Veröffentlichungen sein, wonach Sonnenschutzmittel nicht effektiv vor Hautkrebs schützen würden. Untersuchungen kamen nämlich zu dem Ergebnis, daß der Anstieg bösartiger Hauterkrankungen dort am steilsten war, wo der präventive Gebrauch von Sonnenschutzmitteln propagiert wurde. Die Untersuchungsergebnisse sind allerdings nicht eindeutig reproduzierbar und zum Teil widersprüchlich. Dennoch leitet sich hieraus ein Tip für das Beratungsgespräch ab: Extrem hohe Lichtschutzfaktoren sind kein Freibrief für ausgedehnte Sonnenbäder.
Sind Lichtschutzfaktoren bis zu 30 für die gesunde Haut ausreichend, ist die Sachlage beim medizinischen Lichtschutz eine andere. Faktoren über 30 sind bei Hauterkrankungen indiziert, bei denen die natürlichen Schutzmechanismen defekt sind: Albinismus, Vitiligo und Xeroderma pigmentosa. Gerechtfertigt ist eine Anwendung auch bei der PLD und der Lichturtikaria, außerdem bei phototoxischen Reaktionen und bei einer Photoallergie.
Wenn die Sonne Spuren hinterlassen hat
Egal ob Sonnenbrand oder Allergie: Die Sonne ist erst mal strikt zu meiden. Empfehlen Sie, draußen dichtgewebte Kleidung zu tragen, die die betroffenen Hautpartien vollständig abdeckt. Gegen den Schmerz und Juckreiz helfen kalte feuchte Umschläge. Dazu Baumwoll- oder Leinenlappen in kaltes Leitungswasser (bei Hautdefekten erst abkochen und erkalten lassen) tauchen und zehn bis zwanzig Minuten auf die Haut legen. Die Tücher können auch in einem erkalteten Teeaufguß, zum Beispiel aus Schachtelhalmkraut oder schwarzem Tee, getränkt werden. Danach kühlen Zubereitungen wie Lotio alba aquosa. Die Anwendung von topischen Antihistaminika ist umstritten. Ihr Effekt ist nicht belegt, zudem sind Sensibilisierungen möglich.
Bei starker Entzündung oder heftigem Juckreiz bringen Corticoid-haltige (zum Beispiel Systral Hydrocort Lotion) oder Bufexamac-haltige Topika (zum Beispiel Parfenac Creme) Linderung. Gegen den Schmerz hilft die frühzeitige Einnahme eines Analgetikums mit Acetylsalicylsäure oder Paracetamol. Sedierende Antihistaminika (zum Beispiel Clemastin in Tavegil®) abends einnehmen. Der dämpfende Effekt ist zur Beruhigung des Patienten vorteilhaft. Hat der Patient einen Sonnenbrand, sollte er viel trinken. Blasen dürfen nicht geöffnet werden.
Literatur:
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