Titel
Drei Viertel der
Bevölkerung sind Nichtraucher; viele Menschen müssen
jedoch zu Hause oder am Arbeitsplatz passiv Mitrauchen.
Dies kann ernste Gesundheitsschäden hervorrufen. Die
Amerikanische Enviromental Protection Agency (EPA) stuft
Tabakrauch in Innenräumen als krebserregenden Stoff der
höchsten Stufe ein, der jährlich für etwa 3000
Lungenkrebstote verantwortlich ist (in Deutschland 400
Tote geschätzt). Protest regt sich. Zwei in den
Deutschen Bundestag eingebrachte Gesetzentwürfe sollen
den Nichtraucherschutz verbessern.
28 Prozent der Deutschen über 15 Jahren
bezeichneten sich in einer Erhebung von 1995 als Raucher.
Den höchsten Anteil hat die Altersgruppe von 30 bis 40
Jahren: 48 Prozent bei Männern und 36 Prozent bei
Frauen. Jeden Tag werden in Deutschland 370 Millionen
Zigaretten, 3 Millionen Zigarren und Zigarillos, 43
Tonnen Feinschnittabak und 3 Tonnen Pfeifentabak
verbrannt, der größte Teil davon in Räumen. Daher
müssen 22 Prozent der Nichtraucher zu Hause den blauen
Dunst einatmen, bei den unter 15jährigen sind es sogar
51 Prozent.
Kinder und Erwachsene können Gesundheitsschäden durch
Passivrauchen erleiden. Dazu zählen kurzfristige
Symptome wie Schleimhautreizung, Schwindel und
Kopfschmerzen, aber auch langfristige Schäden wie
Erkrankung der Atemwege und verminderte Lungenfunktion.
Kinder sind zudem besonders gefährdet durch
Mittelohrentzündungen, Verschlimmerung oder Neuauftreten
von Asthma. Gravierend sind die Zusammenhänge zwischen
Passivrauchen und Lungen- sowie Herzkrankheiten. Hinzu
kommen die Auswirkungen auf das ungeborene Kind durch
eine (passiv)rauchende werdende Mutter. Überdies
vermindert Tabakrauch die Fruchtbarkeit
Von mehreren Tausend Substanzen im Tabakrauch sind mehr
als 50 krebserregend. Der Nebenstromrauch enthält viele
Stoffe in höherer Konzentration als der Hauptstromrauch.
Trotz der Verdünnung mit Luft atmet der Passivraucher
einige schädliche Stoffe wie Nitrosamine, Stickoxide
oder Formaldehyd in ähnlicher Konzentration ein wie der
Aktivraucher. Über vierzig Studien ergeben
zusammengenommen ein etwa um ein Drittel erhöhtes
relatives Risiko für Lungenkrebs durch Passivrauchen,
das nicht durch Zufall, Störeinflüsse oder Verzerrungen
erklärt werden kann.
Herzkrankheiten
Während also der Zusammenhang zwischen Passivrauchen und
Lungenkrebs relativ gesichert ist, sind beim Risiko für
Herzkrankheiten noch einige Fragen offen. Tabakrauch
schränkt den Transport von Sauerstoff zum Herzen ein.
Auch die Fähigkeit des Herzmuskels, Sauerstoff in
Energie umzuwandeln, wird beeinträchtigt. Ferner werden
Thrombozyten aktiviert, wodurch die Wahrscheinlichkeit
einer Thrombusbildung steigt. Außerdem wurden bei
passivrauchenden Kindern und Erwachsenen niedrigere
HDL-Cholesterolwerte gemessen. In einer Übersichtsarbeit
mit zwölf Studien zur Mortalität und zehn zur
Morbidität wurde eine Risikoerhöhung um 20 bis 70
Prozent für Herzkrankheiten durch Passivrauchen
ermittelt.
Durch Rauchverbot im öffentlichen Dienst, in vielen
Verkehrsmitteln und manchen Firmen werden Nichtraucher
bereits geschützt. Die in den Bundestag eingebrachten
Gesetze könnten den Schutz erheblich ausweiten. Durch
begleitende Aufklärung müßte die Akzeptanz dieser
Gesetze gefördert werden. Bereits heute befürwortet ein
erheblicher Teil der Bevölkerung präventive Maßnahmen.
PZ-Titelbeitrag von Burckhard Junge, Berlin
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