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Seehofer als Stimmungskiller

17.10.2005  00:00 Uhr
Bundestag

Seehofer als Stimmungskiller

von Thomas Bellartz, Berlin

Wolfgang Zöller gehört zu den eher ausgeglichenen Politikern in Berlin. Dafür wird der CSU-Politiker in seiner Fraktion ebenso geschätzt wie beim politischen Gegner. Umso überraschender war sein Ärger über die Geschehnisse rund um Parteifreund Horst Seehofer.

Zöller drängt es nicht in die erste Reihe. Doch gleich zweimal waren es die Geschehnisse um Seehofer, die dazu führten, dass Zöller doch noch ganz nach vorn rückte, in den Blickpunkt der Öffentlichkeit.

Beim ersten Mal, vor einigen Monaten, war es Seehofers Rückzug, der Zöller ein neues Amt bescherte. Seehofer hatte sich mit Fraktionschefin Angela Merkel überworfen, der Fraktion über Wochen hinweg den Rücken gekehrt. Innerhalb der Berliner CDU- und CSU-Abgeordneten hatte sich die Zahl seiner Anhängerschaft schon damals dramatisch reduziert. Bei der Gesundheitsprämie wollte Seehofer nicht mit der eigenen Partei ziehen und gab seinen Posten als stellvertretender Fraktionsvorsitzender in Berlin auf. Er wolle sich auf das Amt des stellvertretenden CSU-Vorsitzenden konzentrieren, ließ er wissen und verfolgte plötzlich das Ziel, über einen Zwischenstopp als Vorsitzender des Bayerischen Sozialverbandes VdK dessen Bundesvorsitzender zu werden ­ und damit Nachfolger von Walter Hirrlinger.

In den vergangenen Monaten hatte Seehofer trotz der Streitereien mit der Union einen langen Schatten geworfen. Die Gesundheits- und Sozialpolitik der CDU wirkte fade, der politische Nachwuchs war nicht erkennbar, nur Zöller wurde nach vorn geschoben und ins Amt gehievt. Mit Seehofers Rückkehr hatte niemand mehr gerechnet ­ er hatte zu viel Politik in eigener Sache, als für die Union gemacht.

Der Wahlausgang am 18. September 2005 rückte Seehofer plötzlich in ein neues Licht. Er holte das beste Erststimmenergebnis aller Bundestagsabgeordneten. Stoiber holte ihn in sein Aufgebot für die Koalitionsverhandlungen. In der CDU rumorte es jedoch kräftig. Spätestens nach seinen Äußerungen zur Gesundheitsprämie und zur Sozialpolitik der Union galt der Mann als permanentes politisches Risiko.

Merkel wollte verhindern, dass Seehofer nun auch noch Minister wird und seine Sozialpolitik betreibt. Der Rest ist seit Wochenbeginn Fakt: Seehofer verhandelt in den Koalitionsgesprächen mit ­ und soll zukünftig als oberster Verbraucherschützer der Nation wirken. Damit steht Seehofer der Gesundheitspolitik näher, als dies vielen in der Unionsfraktion lieb ist. Zöller war wie seine Kolleginnen und Kollegen in der Fraktion mächtig sauer darüber, wie Stoiber seinen Vize Seehofer gegen die Interessen der Berliner CSU-Abgeordneten durchsetzte ­ und dabei wohl auch Merkel beschädigte. Zöller glaubt, dass es falsch sei, Seehofer für sein Abweichlertum faktisch mit einem Ministerposten zu entloben. Und das sagte der ansonsten medial unauffällige Zöller den Journalisten.

Möglich, dass Seehofer weniger die Landwirtschaft, als den Verbraucherschutz nutzen wird, um sich zu profilieren. Schon Seehofers Vorgängerin Renate Künast (Grüne) mischte sich immer wieder lautstark in die Gesundheitspolitik ein. Besonders dann, wenn es um gesundheitlichen Verbraucherschutz geht, wird Seehofer bei Schmidt anklopfen ­ oder gleich seine Meinung einer großen Fangemeinde kundtun.

Ulla Schmidt (SPD) wird das alles zunächst nicht anfechten. Denn Seehofer könnte monatelang mit nichts anderem beschäftigt sein, als mit der Vogelgrippe und dem bayerischen Fleischskandal. Die Rente ­ Seehofers zweites Lieblingsthema neben der Gesundheitspolitik ­ ist zukünftig beim mächtigen Arbeits- und Sozialminister Franz Müntefering angesiedelt. Der hat seine Erfahrungen als Sozialminister in Nordrhein-Westfalen vor Jahren gemacht ­ und steht Seehofers Positionen mitunter politisch näher als manchem Unionsmitglied lieb ist.

Schmidt braucht sich also keine Sorgen zu machen, dass Seehofer ihr das Wasser abgräbt. Denn der wird mit seinem eigenen, weit reichenden Ressort beschäftigt sein. Er muss zudem darauf achten, dass er nicht weiterhin das Misstrauen der eigenen Fraktion fördert. Top

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