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Wissenschaftlicher Rat soll Forschung unterstützen

15.08.2005  00:00 Uhr
Europäische Union

Wissenschaftlicher Rat soll Forschung unterstützen

von Annette van Gessel, Vaals

Es war ein langer Weg bis zur Wahl der wissenschaftlichen Berater des Europäischen Forschungsrats (ERC). Jetzt stehen die Mitglieder der ersten internationalen Finanzierungsagentur für alle Gebiete der Grundlagenforschung fest. Seit Jahren verlangten europäische Forscher diese übergeordnete Agentur.

Derzeit stellt ein europaweites Programm Geld für die Forschung bereit. Dieses Programm wird allerdings von der Europäischen Kommission geführt, die mit ihren Entscheidungen vor allem die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie verbessern möchte. Forscher beschweren sich deshalb immer wieder über Schwierigkeiten, Unterstützung für die Grundlagenforschung zu erhalten.

Am 18. Juli bestimmte ein unabhängiger Findungsausschuss unter dem Vorsitz von Chris Patten, Oxford, 22 Forscher für den ERC. Der neue Rat trifft sich erstmals im Oktober. Noch sind die Forscher der Überzeugung, dass sie unabhängig von politischen Erwägungen entscheiden können.

Der ERC wird aus dem 7. Rahmenforschungsprogramm finanziert, das 2007 beginnt. Über den Etat des Rates ist noch nicht entschieden. Er wird voraussichtlich zwischen 1 Milliarde und 1,5 Milliarden Euro pro Jahr liegen. Die gewählten Ratsmitglieder decken ein weites Feld von Fachrichtungen ab. Sowohl die Mischung der Fachgebiete als auch der Nationalitäten sei gut gelungen, kommentierte Ratsmitglied Claudio Bordignon, Genetiker am San Raffaele Institut in Mailand.

Ob der Rat gut zusammenarbeiten wird, steht noch nicht fest. Einige Mitglieder sehen bereits vorab Probleme. Die Größe des Rates könnte sich als ungeeignet herausstellen, meint der Präsident der Britischen Royal Society, Robert May: »Die effizienteste Arbeit leisten Gruppen mit nicht mehr als zwölf Mitgliedern.« Andere sind besorgt, dass die Selbstverpflichtung des ERC, Wissenschaftler ausschließlich auf der Basis hervorragender Leistungen zu unterstützen, einigen Ländern die Förderung erschweren wird. Fünf der 22 Mitglieder sind Frauen, worin Leena Peltonen-Palotie, Genetikerin an der Universität Helsinki, Finnland, »einen Schritt in die richtige Richtung« sieht.

Unstrukturierter Ansatz

Wie der Ausschuss tatsächlich funktionieren wird, steht noch in den Sternen. Einige Mitglieder, einschließlich Michal Kleiber, polnischer Minister für Wissenschaft und Informationstechnologie, empfehlen dem Rat, mit einem Fachgebiet zu beginnen und danach seine Bewilligungen auf andere Themen auszudehnen. Dagegen fordert die Soziologin Helga Nowotny, Vorsitzende des European Research Advisory Board der Europäischen Kommission, dass der Rat »definitiv alle wissenschaftlichen Bereiche abdecken muss«.

Eine an das ERC angeschlossene Agentur soll die Vorschläge des Rates umsetzen. Noch ist nicht geklärt, wie das funktionieren soll. Die Wissenschaftler betonen, die Agentur müsse unabhängig von Kommission und politischen Interessen sein, wie die US National Science Foundation. Top

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