Bündnis für Gesundheit Bayern warnt vor Billigmedizin |
17.07.2000 00:00 Uhr |
Politik
Einen heißen Herbst in der Gesundheitspolitik sieht Dr. Lothar Wittek, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns, auf Patienten und Heilberufler zukommen. Bei einer Pressekonferenz des Bündnisses für Gesundheit Bayern in München stellte er ein gemeinsames Positionspapier vor.
Die Budgetierung führe bereits jetzt zu verdeckter Rationierung, und diese gehe zu Lasten der Patienten, beklagte Wittek. Arzneimittelinnovationen würden bei der Berechnung des Budgets nicht genügend oder gar nicht berücksichtigt. Eine Untersuchung des Verbands forschender Arzneimittelhersteller hat drastische Versorgungslücken aufgezeigt (siehe PZ 26, Seite 23). Als Beispiele nannte Gerhard Reichert, 1. Vorsitzender des Bayerischen Apothekerverbandes, die unzureichende Verordnung von Acetylcholinesterase-Hemmstoffen bei Alzheimerpatienten sowie die Unterversorgung von Menschen mit Depressionen, Asthma oder schweren Schmerzen. Im Argen liegt die Prävention bei Patienten mit koronarer Herzerkrankung; nur 28 Prozent erhielten Lipidsenker, und nur vier Prozent würden nach dem aktuellen Stand der Wissenschaften behandelt.
Missstände auch bei den Heilmittelleistungen: Rüdiger von Esebeck, 1. Vorsitzender des Deutschen Verbandes für Physiotherapie, befürchtet enorme Konflikte in der Gesellschaft, wenn alte Menschen, chronisch Kranke und behinderte Kinder nicht mehr ausreichend mit Heilmitteln versorgt werden können. Diese dürften nicht zu "Wahlleistungen" der GKV degenerieren.
Im Positionspapier warnen die Heilberufe vor einem "falschen Wettbewerb auf Basis einer Billigmedizin". Es müsse mehr Geld investiert werden, wenn der medizinische Fortschritt für eine älter werdende Bevölkerung flächendeckend verfügbar sein soll. Eine soziale Grundabsicherung für alle sei unverzichtbar; darauf könnten weitere Leistungen aufbauen. Ein grundlegendes Ziel des Bündnisses ist es, die Heilberufe frei und unabhängig zu erhalten und deren eigenverantwortliche Berufsausübung zu sichern, betonte Johannes M. Metzger, Präsident der Bayerischen Landesapothekerkammer. Die freie Wahl des Arztes, Zahnarztes, Therapeuten und Apothekers dürfe nicht eingeschränkt werden.
Bei einem Tag der Heilberufe am 25. Oktober will das Bündnis seine Position mit
Politikern diskutieren und Versorgungsmängel konkret benennen. Ein buntes Programm mit
Kabarett und Multimedia-Show soll die Öffentlichkeit auf die Anliegen der Heilberufler
aufmerksam machen.
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